Beobachter gehen fest davon aus, dass Apple dieses Jahr die Series 4 der eigenen Smartwatch vorstellt. Unklar bleibt jedoch, inwiefern sich der Marktführer verändern und verbessern könnte. Es gibt bereits ein paar Gerüchte, andere Möglichkeiten ergeben sich aus dem restlichen Portfolio oder stammen aus Patenten des Technologieherstellers.
Mehr Fläche, mehr Pixel: Der Screen.15 Prozent mehr Fläche soll das neue Modell bekommen, war sich Apple-Experte Ming-Chi Kuo sicher. Aufgrund des Erfolges des iPhone X und dem generellen Trend zu randlosen Displays wäre es auch denkbar, dass die Uhr ein ebensolches verpasst bekommt. Damit wächst die Anzeige ohne das Gehäuse zu sprengen. Will Apple mehr bieten als nur Größe, könnte auch eine neue Technologie zum Einsatz kommen: Das Mikro- oder µLED. Es besteht aus Arrays mikroskopisch kleiner Leuchtdioden, wobei drei verschiedenfarbige einen Pixel bilden. Seitdem Apple 2014 den MicroLED-Hersteller LuxVue übernommen hat, halten sich Gerüchte, dass bis zu 100 Ingenieure an der Technik arbeiten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Mehr Leuchtkraft, höhere Auflösungen und geringerer Energiebedarf. Auf Display-Messen sind schon 2,1-Zoll-Screens gesehen worden, die 3240 x 3600 Punkte aufwiesen – und zwar bei einer Pixeldichte von 2300 dpi. Weit mehr als "Retina".
Zunächst hieß es, Apple lasse die Displays vom Chipfertiger TSMC bauen. Da das Galliumnitrid auf Silizium aufgebracht wird, bietet sich ein Prozessorhersteller an. Im März jedoch ging die Kunde herum, Apple wolle die Displays selber entwickeln und auch die Wafer selbst herstellen. Der schwierigere Arbeitsschrift ist das Ablösen der Dioden von der Siliziumbasis und das Übertragen auf die Steuerelektronik. Eventuell hat man es nun geschafft, diesen Prozess zu beschleunigen und weniger Ausschuss zu produzieren. Da das Verfahren sehr teuer ist, wird es wohl noch lange (zusätzlich) Apple Watches mit herkömmlicher Display-Technik geben. Zuletzt kursierten Berichte, die von einem runden Display sprachen. Auch das wäre möglich, würde aber das komplette Design umwerfen – und zwar sowohl der Uhr als auch der zugehörigen Apps.
Schlank und doch robust: Das Gehäuse.Drei wählbare Materialien und ein Design, so sehen die Gehäuse der Apple Watch aktuell aus. Seit Erscheinen vor drei Jahren hat sich im Markt einiges getan: Die Komponenten sind kleiner, außerdem andere Formen Mode geworden. Gerüchten zufolge will Apple das Design verändern, allerdings wohl nicht grundlegend. Die Apple Watch darf ruhig dünner werden, ist man sich in der Community einig. Das Geheimnis der neuen Dünnheit läge dann vielleicht im MicroLED-Display, das benötige nämlich kein Backlight mehr, sagen Techniker. Die Designer könnten das Gehäuse auch etwas gradliniger gestalten, ,cleaner' wie man in solchen Kreisen sagt. Möglich wäre etwa den Radius der Rundungen zu kürzen, um insgesamt ein flacheres Design zu erhalten. Auf der Hand liegt zudem eine Product(Red)-Version der Uhr.
Multi-Modular: Die RückseiteAuch beim Material laden Apples Patente und Zukäufe zum Träumen ein: Seit 2016 arbeitet man in Cupertino an Liquid-Metal und erst Ende letzten Jahres hat das amerikanische Patentamt dem Unternehmen das eine oder andere Patent in dieser Richtung zugesprochen. Das Material, welches Apple auch "Metallic Glass" nennt, stand im März letzten Jahres zu Beispiel in einem Patent im Zusammenhang mit der Rückseite von iPhones. Da sich jedoch hartnäckig Gerüchte halten, die der neuen Apple Watch eine austauschbare Rückseite verordnen, liegt der Gedanke an eine Rückseiten-Variante aus LiquidMetal oder dem ebenso patentierten LiquidMetal/Saphirglas-Hybrid nicht allzu fern. Solche Werkstoffe sind zwar teuer, aber sie könnten zum Beispiel den Empfang der Uhr und damit auch ihren Stromverbrauch positiv beeinflussen. Die Idee einer wechselbaren Rückseite findet allein schon viele Freunde, denn so könnten sie die Uhr modular nach den eigenen Vorstellungen konfigurieren: Der eine schraubt ein Glukose-Modul auf, der andere vielleicht ein Akku-Päckchen. Auch die EKG-Komponente, an der Apple gerüchteweise arbeitet, wäre als Modul denkbar. Ihre Marktreife bekommt die Öffentlichkeit vermutlich früh genug mit, schließlich muss sie durch die Prüfung der FDA, der amerikanischen Gesundheitsbehörde.
Sehr viele Transistoren auf engstem Platz: Die Platine.Besagter Herr Kuo hat auch eine erhöhte Akku-Kapazität für die vierte Auflage vorhergesagt. Das muss nicht zwingend den Einbau von mehr Speichertechnik bedeuten, sondern etwa den anderer Komponenten, die einfach weniger Strom verbrauchen als ihre Vorgänger. Ganz vorne dabei: der Prozessor, der zudem mehr Leistung bringen soll. Denkbar wäre ein "Application Processor" mit vier Kernen, der ein leistungsfähiges Bluetooth-SoC (On-Chip-Modul) an Bord hat. So könnte Apple den W2 einsparen. Für den LTE-Chip X7 von Qualcomm steht ebenfalls ein Nachfolger bereit.
Einige Informanten meinen, dass außerdem eine verbesserte Leiterplattentechnik aus Flüssigkristallpolymer (LCP) die Leistung der Mobilfunkantenne verbessern wird. LCP hätte zudem den Vorteil, besser gegen Hitze und Flüssigkeit geschützt zu sein.
Auf Herz und Leber: Die Komponenten. Neben dem erwähnten Elektrokardiogramm-Sensor soll Apple an einem Sensor arbeiten, der kontaktlos den Blutzuckerspiegel misst. Die Technik dafür gibt es bereits, auch schon als Armband-Tracker. Die zitierten Quellen sagen, für die Apple Watch brauche es noch etwas Zeit. Den Glucose-Sensor werden wir also erst in ein paar Jahren am Handgelenk tragen. Das gilt auch für die Gesichtserkennung. Sicher brennt Apple darauf, die ganze Produktpalette der Mobilsparte auf Face ID umzustellen, aber momentan fällt der Erkennungsapparat noch zu groß aus, um ihn in die Uhr zu integrieren. Näher liegt da die Integration einer Selfie-Kamera ins Gehäuse. watchOS unterstützt bereits FaceTime, vielleicht bald auch den Videoanruf. Ein Patent beschreibt die Erkennung von Gesten, dafür müsste Apple entsprechende Komponenten verbauen, auch dazu wäre die Kamera eine Voraussetzung.
Aus einem Sensor, der in der Uhr sitzt, könnte Apple noch mehr rausholen: Der Pulsmesser basiert auf der Methode der Photoplethysmografie. Mit ihr ließe sich nicht nur die Geschwindigkeit des Blutflusses messen, sondern zusätzlich den Blutsauerstoff bestimmen. Zu dem könnte die Apple Watch mit derselben Technik seinen Besitzer an den Herzmustern identifizieren. Auch die Authentifizierung über das Venenbild hat Apple erforscht. Fest steht, dass seit Erscheinen der Series 3 noch mehr Angestellte aus dem medizinischen Feld nach Cupertino gewechselt sind, um entsprechende Entwicklungen voranzutreiben.
Schönes für Drumherum: Die Accessoires"Intelligente" Armbänder für die Apple Watch hören sich sehr nach Zukunft an. Entsprechende Patente hält der Konzern. Dort führt das Entwicklungsteam mögliche Innereien auf: Diverse Sensoren, Akku-Packs und ganze Schaltkreise. Sprich: Auch hier lassen sich Bauteile aus dem Inneren der Uhr nach außen verlegen. Dadurch schafft Apple Modularität und kann – ja, richtig – das Gehäuse wieder dünner machen. Den Anschluss dazu besitzt die Uhr schon länger: Der Diagnostik-Port liegt hinter dem unteren "Federstift", der Armband und Uhr verbindet. Es gibt bereits Lösungen von Drittherstellern, die über diese Schnittstelle interne Akkus aufladen oder einen EKG-Sensor steuern. Denkbar ist ebenfalls ein neues Armband, das sich magnetisch um den Arm oder die Uhr wickeln lässt. Die zweireihigen Magneten verhindern das Verrutschen beim Tragen, zum Transport wäre die Smartwatch geschützt. Rollt der Nutzer das magnetische Armband an einer Seite auf, kann er sie aufstellen; doppelt zusammengelegt erhält er einen Ständer dafür.
Viele Ideen, wenig Wissen: Das FazitApple hat einiges in der Pipeline, in den Laboren, was sich verwenden ließe, um die nächste Generation Apple Watch zu einem Kracher werden zu lassen. Als Marktführer hat der Konzern dabei keine Eile und kann seine Innovationen ganz entspannt zuende entwickeln, bevor sie in die Uhr wandern. Die meisten Patente Apples gipfeln nie in einem fertigen Produkt, zumindest nicht so, wie es angedacht war. Auf der anderen Seite hat die Apple Watch definitiv noch Luft nach oben und auch in diesem Markt schläft die Konkurrenz nicht. Spätestens, wenn die neuen Qualcomm-Prozessoren im Herbst herauskommen, sollen die Android-Wearables einen Schub nach vorne machen. Der Chiphersteller hat angekündigt, das komplette Redesign fuße in einer neuen Leistungsklasse und einer Menge von SoC. Man will also Bluetooth, WLAN und andere Funktionen direkt auf dem Prozessor unterbringen, um im Gehäuse mehr Platz zu schaffen. Doch Apple wird sich wohl einiges einfallen lassen, um den technischen Vorsprung zu halten. Neben den hier aufgeführten Innovationen schlummern in Cupertino zudem eventuell noch einige Hits, die niemand auf dem Zettel stehen hat.