Der KI-Boom ist noch so frisch, dass man bereits seit zwei Jahren aktive Akteure als "alteingesessen" bezeichnen könnte. Aus diesem Grund dürfte sich auf dem Markt auch noch viel tun und es ist längst nicht klar, ob aus einem OpenAI ein weiteres Apple oder Microsoft wird. Ein Beleg dafür, wie offen derzeit alles ist, zeigt die Veröffentlichung eines neuen LLM ("Large Language Model") aus China. Dieses läuft unter der Bezeichnung Deepseek-R1 – und schneidet in Tests so gut ab, dass die momentan bekannten Hersteller samt Anlegern nervös reagieren. Sofern man der Selbstbeschreibung trauen darf, entstand Deepseek innerhalb weniger Monate, und dies mit Investitionen von gerade einmal sechs Millionen Dollar. Andere Entwickler müssen indes Milliarden aufbringen, dies über viele Monate oder gar Jahre gestreckt.


Nadella zeigt sich beeindruckt
Von Microsoft-CEO Satya Nadella gab es eine Reaktion, denn er bezeichnete Deepseek als "beeindruckend" – und verweist auf die Effizienz der gesamten Entwicklung sowie der Ausführung des besagten Modells. Man müsse das Produkt in jedem Fall außerordentlich ernst nehmen, so seine Einschätzung. Zweifel besteht jedoch hinsichtlich der Expansion, denn es gibt nun einmal einschneidende Handelsbeschränkungen, welche chinesischen Unternehmen den Zugriff auf die leistungsfähigsten Chips zum Training ihrer Modelle abschneiden.

Überraschend günstig, in jeder Hinsicht
Außerdem steht die Frage im Raum, warum einem kleinen chinesischen Anbieter gelungen sein soll, woran sich die großen Tech-Unternehmen die Zähne ausbeißen – nämlich die äußert niedrigen Entwicklungskosten und hohe Effizienz zu erzielen. In Diskussionen ist derzeit allerorts von einer "Bedrohung der KI-Dominanz der USA" die Rede. Dafür sorgt zudem die simple Tatsache, dass die Nutzung von Deepseek nur einen Bruchteil dessen kostet, was man für kostenpflichtige Angebote von OpenAI auf den Tisch legen muss. Zudem setzt Deepseek auf quelloffene Technologien und nicht auf proprietären Ansatz.

Die Börse reagiert mit starken Kurseinbußen
Börsennotierte Unternehmen, deren Geschäftserfolg von aktuellen KI-Produkten abhängt, blicken zumindest auf deutliche Rückgänge ihrer Aktienwerte. Es habe geradezu einen neuerlichen Sputnik-Moment gegeben, wie von unerwarteter Seite plötzlich ein neues Produkt auftaucht, das aktuellen LLMs wie ChatGPT und Co. das Wasser reichen oder diese sogar übertreffen kann. Bernstein Research hält zwar eine Panik für unbegründet, denn Deepseek koche ebenfalls nur mit Wasser und bediene sich bestehender Technologien – die unschlagbaren Preise seien jedoch eine Gefahr für den aktuellen Markt. Trotz allem habe Deepseek aber nichts erfunden, was es noch nicht gebe.