Der heimliche Anruf bei Intel, der Apple zum NeXT-Kauf veranlasste
Bevor Apple mit dem iMac, dem iPod und schließlich dem iPhone zur wertvollsten Marke der Welt aufstieg, sah es regelrecht düster aus für den Konzern. Mitte der 90er Jahre fuhr die Firma kräftige Verluste ein. Die Produktpalette war unübersichtlich, Innovationen wie der Newton floppten, vor allem aber steckte die Entwicklung des Betriebssystems in einer tiefen Krise – Der geplante Neuentwurf des "klassischen" Mac OS mit Codenamen Copland war gescheitert. Apple suchte sich mit dem Aufkauf eines Betriebssystem-Konkurrenten aus der Misere zu befreien. Zwei standen zur Diskussion: BeOS und NeXT. Ein hochrangiger NeXT-Angestellter aus der damaligen Zeit plaudert nun aus dem Nähkästchen und führt die Entscheidung auf einen heimlichen Telefonanruf zurück.
Aufbruchsstimmung bei NeXTChris MacAskill ist einer, den man in den USA als "Serial Entrepreneur" bezeichnet. Er war der Mitbegründer namhafter Unternehmen, etwa dem Foto-Sharing-Portal
SmugMug, das vor einigen Jahren Flickr übernahm. Aktuell leitet er ein Social-Media-Portal namens Cake, wo er auch
diese Anekdote veröffentlichte: Während seiner Zeit als "Head of Developer Relations" bei NeXT war das Ende der Leistungsfähigkeit des für NeXT und Apple essenziellen Motorola-Prozessors 68040 erreicht. Der Hersteller drängte, auf seine neue 88110-Plattform umzusteigen. Chris MacAskill war dagegen – und stellte sich in einem Meeting gegen Jobs' Entscheidung.
Heimlicher Anruf bei Andy GroveUm seine Position zu untermauern, telefonierte er mit dem Büro des Intel-Mitbegründers Andy Grove. Er konnte ein Meeting für sein Team und den Intel-Ingenieuren arrangieren. Obwohl er selbst anschließend nicht sonderlich überzeugt war und Groves Versprechungen, etwa Taktraten bis zu 400 MHz, für unmöglich hielt, bat Steve Jobs ihn wenige Monate später, die Portierung auf die x86-Plattform von Intel zu betreuen. Das Resultat war anders als er erwartet hatte: Anstatt die nächsten NeXT-Maschinen auf Intel aufzusetzen, wurde NeXTstep als reine Software angeboten – für Besitzer von Intel-basierten PCs.
Späte AuswirkungenJahre später, MacAskill war längst nicht mehr ein NeXT- oder Apple-Angestellter, veröffentlichte Gil Amelio ein Buch über die damalige Transitionsphase. Amelio war damals CEO von Apple und entschied letztendlich darüber, ob Apple mit BeOS oder NeXtstep Grundlage des nächsten Apple-Betriebssystems werden sollte. Auf die Frage, welcher Aspekt entscheidend gewesen sei, antwortete der Ex-CEO: NeXTstep lief bereits auf Intel-Prozessoren. Zwar blieb Apple den PowerPC-Prozessoren noch Jahre treu, bis 2005 der Wechsel zu Intel publik wurde, doch war bereits 1997 der mögliche Plattformwechsel ein wichtiges Thema bei Apple. Allerdings war dies nicht der einzige Anruf, der damals eine wichtige Rolle gespielt hat: In den Monaten vor der finalen Entscheidung rief der NeXT-Manager
Garrett Rice bei Apple an und frage, ob Interesse an einer NeXTstep-Lizensierung bestünde.