Zum Zeitpunkt des Tests des WiiM Amp Anfang des Jahres kostete der kleine Streaming-Vollverstärker gerade einmal 349 Euro. Inzwischen ist der Preis leicht gestiegen. Der UVP liegt jetzt bei 369 Euro (
Amazon). Doch auch das ist immer noch unglaublich günstig für ein Gerät mit den Fähigkeiten des WiiM Amp.
KompaktArt | | Streaming-Vollverstärker |
„Just add Speakers“ nennt NAD diese Art von Audiogeräten. (Siehe Vorstellung des 1.600 Euro teuren und äußerlich ähnlichen NAD C700 V2
hier.). Wie dieses Gerät handelt sich beim WiiM Amp um einen Streaming-Audioplayer mit DAC und Vollverstärker in nur einem Gehäuse. Außer Strom und Netzwerk (LAN oder WLAN) und einem Paar Passivlautsprecher muss nichts weiter angeschlossen werden, um eine vollständige HiFi-Anlage aufzubauen. Darüber hinaus können allerdings bei Bedarf auch andere Komponenten und sogar ein Subwoofer verbunden werden. Näheres dazu lesen Sie im
Test des WiiM Amp. Hier soll es primär um die neue, per kostenlosem Firmware-Update nachgereichte Funktion gehen, mit der der WiiM Amp, bzw. die an ihm angeschlossenen Lautsprecher, auf die Raumakustik eingemessen werden können.
Das Feature-MonsterGrundsätzlich ist der WiiM Amp ein kleines Wunder. Er ist bislang der mit Abstand günstigste All-In-One-Streamer seiner Art. Dazu kommt, dass er in Sachen Streaming-Optionen und Funktionsumfang sogar die allermeisten sehr viel teureren Komponenten aussticht. Ok, Apple Music, welches nur wenige Android-basierte Geräte unterstützen, kann auch er nicht bieten. Aber davon abgesehen gibt es kaum eine Musikstreaming-Option, die er nicht beherrscht.
Darüber hinaus zeichnet sich der WiiM Amp durch eine so gute und durchdachte App aus, wie sie kaum ein Konkurrent – egal in welcher Preisklasse - zu bieten hat. Die App wird auch viel besser gepflegt, als die der allermeisten Konkurrenten. Ständig werden funktionale Updates und Verbesserungen am Interface nachgereicht. Seit dem Test im Januar hat es locker zehn Updates für die App bzw. das Interface und zwei oder drei Firmware-Updates gegeben. Fast könnte man beklagen, dass die vielen Updates nerven, aber der WiiM Amp spielt Firmware-Updates auf Wunsch ganz automatisch und ohne Zutun des Nutzers in wenigen Minuten ein. Und die meisten Updates gingen mit sinnvollen Verbesserungen einher. Bei anderen muss man auf so etwas oft ewig warten – sofern kleinere Ärgernisse überhaupt mal gefixt werden. Dank der WiiM-Community und dem hinter WiiM stehenden Hersteller Linkplay, der entsprechende Entwickler-Ressourcen hat, wird der WiiM Amp besser als alle anderen mir bekannten Streamer in der Software gepflegt.
Mit einem vor kurzem veröffentlichten Update ergänzte der Hersteller eine Funktion zur automatischen Einmessung des Systems auf die Raumakustik. Dafür ist außer einem iPhone oder iPad keine weitere Hardware bzw. teures Messequipment erforderlich. Ein absolut kostenloser Bonus für alle mit Zugriff auf ein iDevice.
Neben ein paar anderen bietet der deutsche Hersteller Nubert ähnliche Einmessfunktion für einige seiner Aktivlautsprecher, sowie für den
nuConnect ampX,
nuConnect ampXL und den High-End Streamer
nuControl X. Dabei wird ein iPhone oder iPad mit installierter Nubert-App als Messmikrofon und für die Berechnung der DSP-Kurven genutzt. Und genau so geht auch WiiM vor. – Nur noch etwas besser.
Vorab sei gesagt, dass die Einmessung des WiiM Amp genau wie bei Nubert nicht mit Android-Devices funktioniert (zumindest nicht ohne optionales Messmikrofon). Das liegt daran, dass Apple in seinen iDevices stets gleich kalibrierte Mikrofone einbaut. Bei den vielen Herstellern von Android-Devices gibt es diese Konsistenz nicht. Aber für die Einmessung ist das unumgänglich. Einmal eingemessen ist die Korrekturkurve jedoch im Gerät gespeichert, sodass sich Android-User zur Not von einem Freund oder Bekannten ein iDevice ausleihen könnten.
Die EinmessungAn dieser Stelle nur ein paar Grundsätzliche Informationen zum Thema, bevor ich den Einmess-Vorgang des WiiM Amp erläutere. Zusammen mit den Lautsprechern ist die Raumakustik das Klang-entscheidendste Kriterium einer Audio-Wiedergabekette. Es nützt gar nichts, sich die allerbesten, teuersten, größten Superboxen zu kaufen, wenn diese nicht sorgfältig nach akustischen Kriterien aufgestellt werden, und wenn die Raumakustik einfach schlecht ist.
Automatische Einmess- und Korrekturfunktionen wie die hier beschriebene können zwar in gewissen Grenzen raumakustische Probleme lindern, sollten aber keine Ausrede dafür sein, die Lautsprecher an möglichst unauffällige, aber akustisch ungünstige Positionen zu stellen. Versuchen Sie immer zuerst, die Lautsprecher akustisch optimal aufzustellen. Je weniger eine DSP-basierte Korrekturschaltung nachher kompensieren muss, desto besser das Ergebnis. Im Idealfall benötigt man gar keine DSP-Korrektur.
Da die allermeisten Wohnräume aber nicht nach audiophilen Kriterien mit aufwendigen passiven Mitteln (Akustikmodulen) optimiert sind, ist eine Einmessfunktion mit DSP-Korrektur aber ein probates Mittel, um zumindest (im einfachsten Fall) einen einigermaßen ausgewogenen Frequenzgang zu erzielen und um nahezu unvermeidliche Bassprobleme durch Raummoden zu lindern.
Beim WiiM Amp läuft der Einmessvorgang in wenigen Schritten wie folgt ab: Der WiiM Amp gibt über die beiden Stereo-Kanäle ein kurzes hochfrequentes Geräusch, gefolgt von einem Sinus-Sweep ab, welches von dem Mikrofon im iDevice aufgezeichnet wird. Die WiiM App errechnet daraufhin eine Korrektur anhand einer bestimmten Zielkurve. Die Screenshots sind selbsterklärend…
Die Vorbereitungen für die Einmessung sind in wenigen Schritten abgeschlossen.
Im Gegensatz zu der Einmessung bei Nubert deckt die des WiiM einen viel größeren Frequenzbereich ab. Nubert beschränkt sich auf den Bass und Grundton bis etwa 300 Hz, die WiiM-Korrektur arbeitet hingegen standardmäßig bis 4.000 Hz, also bis in den Hochtonbereich. Wie weit die Korrektur tatsächlich im höheren Frequenzspektrum arbeiten soll, kann nachträglich in den Parametern noch angepasst werden, wobei es selten sinnvoll ist, höher als 4.000 Hz zu einzustellen. Liegen die „problematischen Zonen“ eher tiefer, sollte man den Korrekturbereich vielleicht auch noch etwas herunter regeln.
Die Einmessung kann bei Bedarf nachträglich manuell in allen Parametern angepasst werden.
In diesem Screen können weitere Parameter beeinflusst werden. Da wäre zunächst die Zielkurve, wobei WiiM die Auswahl zwischen den drei Varianten „B&K“ (Brüel & Kjær), „Harman“ und „Flat“ lässt. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen: Die Einstellung Flat ist selbsterklärend. Sie versucht, den Frequenzgang in eine möglichst lineare Bahn zu bringen. B&K und Harman sind zu den Höhen hin leicht abfallende Zielkurven, die in der Regel ein natürlicheres Hörerlebnis als ein absolut flacher Frequenzgang bewirken.
Auch auf den maximalen GAIN (den Verstärkungsfaktor) und den Q-Faktor (bestimmt, wie „breit“ das Filter in der Frequenz wirken soll) kann Einfluss genommen werden. Aber das ist längst noch nicht alles. Im EQ-Menü unter „Parametrischer EQ“ ist zu sehen, dass der WiiM Amp zehn EQ-Bänder („Filterpunkte“) setzt. Bei Bedarf kann jeder einzelne davon manuell nach Wunsch angepasst werden. Allerdings ist hierfür ordentlich Erfahrung erforderlich, um keine Verschlimmbesserungen vorzunehmen.
Und wie gut funktioniert das?Kurz gesagt: Sehr gut, aber erwarten Sie keine Wunder. Zunächst einmal ist die Raumkorrektur des WiiM Amp bei weitem nicht so aufwendig und komplex, wie einige professionellere Methoden. Als Beispiel sei hier
Trinnov genannt, die mit ihrer Methode auch Einfluss auf die Phase – also das exakte Timing – und die Impulsantwort nehmen können. Die WiiM-Methode korrigiert nur Amplitude.
Dennoch kann sich das Ergebnis zumindest in meinem Test am Desktop hören lassen. Ohne Korrektur kommt es in meinem Nahfeld-Setup zu ein paar unschönen Effekten. Normalerweise korrigiere ich die über Roon und sein MUSE-Filter, was aber umständlicher ist, als die schnelle, automatische Methode von WiiM.
In meinem Versuch habe ich ohne Subwoofer gearbeitet und die Zwei-Wege Speaker auf meinem Desktop als Vollbereichslautsprecher eingesetzt. Auch ein System mit Sub kann aber mit dem WiiM eingemessen werden. Die Umschaltung zwischen der Wiedergabe mit und ohne aktivierte Korrekturkurve geht hier eindeutig zugunsten der eingemessenen Variante aus. Vor allem der Tieftonbereich wirkt vollständiger und reicht tiefer. Alles in Allem ein klarer Gewinn. Zwar ist das Ergebnis nicht ganz perfekt (eine frühe Reflexion von der Tischplatte führt zu einem etwas aufdringlichen Grundton), aber das schmälert den Bonus der Einmessung kaum. – Wir reden hier ja von einem 369-Euro-Amp, nicht von einem vielfach teureren High-End-System.
Fazit: Der WiiM Amp rockt jetzt noch mehrNur um keine falschen Erwartungen aufkommen zu lassen: Mit hochklassigen High-End-Verstärkern und auch mit deutlich aufwendiger konstruierten Streaming/DAC-Lösungen kann der WiiM Amp klanglich nicht wirklich konkurrieren. Und doch ist er eine Art Wunderkind.
Kein anderer in dieser Preisklasse bietet derart umfangreiche und ausgereifte Streaming-Funktionen, und keiner sonst in diesem Bereich hat dazu auch noch eine so gut funktionierende automatische Raumeinmessung. Ergänzt um passende Lautsprecher, wie beispielsweise die Q-Acoustics 3020i (
Testbericht /
Amazon), war es nie günstiger (und kompakter), eine Stereo-Anlage mit echtem HiFi-Anspruch zu erwerben. Insbesondere für diejenigen, die mit aufwendigeren und kostspieligeren HiFi-Experimenten als aktives Hobby nichts am Hut haben, dürften von der Leistung des kleinen Streaming-Verstärkers mit Raumeinmessung begeistert sein.
Das
Testfazit im Januar lautete kurz und bündig: „Summa summarum: Kaufen!“ Das gilt heute trotz der leichten Preiserhöhung dank der neuen Features umso mehr.
Plus/Minus WiiM Amp (aktualisiert)+ Unschlagbar gutes Preis/Leistungsverhältnis
+ klein, kompakt und leistungsstark
+ tolle Gehäusequalität
+ großartiger Klang fürs Geld
+ sinnvolle Anschlüsse inkl. HDMI-ARC
+ unterstützt viele Musikdienste
+ Roon Ready
+ Musik via UPnP oder per USB-Massenspeicher
+ ausgereifte und sehr schnelle App
+ Automatische Einmessung & Raumkorrektur
+ BT-Fernbedienung mit Sprachfunktion
+ Bluetooth empfangen und senden
+ AirPlay 2, ChromeCast, Alexa, Google Home, Siri
+ überschaubarer Verkabelungsaufwand
–
LS-Regler gewöhnungsbedürftig (wurde optimiert)