Deutsche Bahn visiert Ende des physischen Zugtickets an
Die zunehmende Digitalisierung macht auch auf den Zuggleisen nicht Halt. Nachdem die Bahn in den letzten Jahren versuchte, durch die Bereitstellung von freiem WLAN in ICEs und durch die Einführung von
Handytickets attraktiv zu bleiben, kündigte Konzernchef Richard Lutz in einem Zeitungsinterview den konsequenten nächsten Schritt an: die Abschaffung des klassischen Tickets und die Umstellung auf automatische Fahrpreisberechnung.
Automatische Reise-Erkennung„Der Zug kann dann über das Handy eines Passagiers erkennen, dass er eingestiegen ist. Je nachdem, wo er aussteigt, wird die Fahrt automatisch abgerechnet werden.“ So lautet das grundlegende Konzept, was den üblichen Kampf mit Fahrscheinautomaten und die ständige Notwendigkeit, an die Fahrkarte denken zu müssen, genau so ersetzen soll wie Fahrscheinkontrollen. Sobald sich das Smartphone eines Fahrgastes mit dem Bahn-WLAN verbindet, würde der Einstieg registriert, das Abreißen der Verbindung markiert den Ausstieg, wodurch Reiselänge und entsprechende Farpreiskosten automatisch berechnet und abgebucht würden. Zeitnah sei zwar nicht mit diesem Schritt zu rechnen, aber die Bahn befinde sich bereits im Versuchsstadium. Deswegen solle die Umstellung »Stück für Stück« erfolgen.
Offene FragenDa es nur um die Perspektive ging, gab Lutz keine Details bekannt, wie die Bahn dieses Ziel erreichen möchte. Er deutete lediglich an, dass die notwendige WLAN-Infratruktur zur Positionserkennung der Fahrgäste bereits existiere. Das gilt aber bestenfalls für den Fernverkehr, deswegen dürfte die Abschaffung der Tickets vornehmlich in diesem Bereich anvisiert sein. Wie es um die Frage der Kostenkontrolle, um die Verlässlichkeit und den Umgang mit Fahrgästen ohne Smartphone steht, bleibt außerdem offen.
Sicherheit & PünktlichkeitIm gleichen Interview äußerte sich Lutz übrigens auch zum Thema Sicherheit an Bahnhöfen. Er versprach, bis zum Jahresende weitere 10 Millionen Euro für zusätzliche Kameras an mehr als tausend Bahnhöfen auszugeben. Die Videoüberwachung helfe bei der Verhinderung von Straftaten und sei in den letzten Monaten vor allem an den Standorten Berlin, Essen, Hamburg, Dortmund und Düsseldorf aufgebaut oder modernisiert worden.
Schließlich freut sich der Bahnchef auch darüber, dass es Fortschritte beim Dauerthema Verspätungen gebe: „Über 90 Prozent unserer Kunden erreichen ihre Anschlüsse. Im Nahverkehr liegt die Pünktlichkeit 2017 bisher sogar bei 95,3 Prozent.“ Gegenüber 2016 stelle das eine deutliche Verbesserung dar.
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