Deutschland im Glasfaser-Ausbau weiterhin rückständig
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„Das Internet ist für uns alle Neuland.“ Mit diesem Satz sorgte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einem halben Jahr für Gelächter und Kopfschütteln. Inzwischen sind die zähen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD abgeschlossen. Hitzige Debatten unter anderem um Mindestlohn und PKW-Maut bestimmten die Verhandlungen – nur
die ursprünglich geplante Investition von einer Milliarde EUR in den Ausbau von Internet-Glasfaseranschlüssen wird im finalen Koalitionsvertrag nicht mehr erwähnt. Die Summe wäre zwar nur ein kleiner Anfang für einen flächendeckenden Glasfaserausbau, aber dennoch ein wichtiger Fingerzeig für die Bemühungen der kommenden Regierung um schnelles Internet. Eine angedachte Steuererleichterung für Hauseigentümer, die sich Glasfaser-Internet anschaffen, wird ebenfalls nicht weiterverfolgt.
Im europäischen Vergleich genutzter Glasfaseranschlüsse sieht es für Deutschland schlecht aus.
Während in Skandinavien und Ländern des ehemaligen Ostblocks zwischen 10 und 30 Prozent der Bevölkerung bereits mit sehr schnellem Internet (bis 120 Mbit/s) unterwegs ist, beträgt der Wert für Deutschland nicht einmal 4 Prozent. Verantwortlich dafür sind neben mangelnder Bemühung der Politik aber auch andere Faktoren. Nach der Liberalisierung des Telekommunikations-Marktes in den 1980er-Jahren gibt es inzwischen viele kleine Anbieter, die zwar in bestimmten Regionen den Ausbau von Breitband-Internet vorantreiben, aber dies nicht bundes- oder gar europaweit bewältigen können. Zudem sind in kaum einem anderen Land die Arbeitskosten im Tiefbau auf ähnlich hohem Niveau wie in Deutschland – bei verhältnismäßig niedrigen Internet-Preisen für Privatkunden. In ländlichen Regionen scheitert der Ausbau oft durch lange Kabelstrecken und vergleichsweise wenig Kunden. Die Regierung hält zwar an dem Plan fest, bis 2018 allen deutschen Haushalten eine Internet-Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/s zu gewährleisten (bisher sind es etwa 50%) – ohne größere Investitionen aus der Politik erscheint dieses Ziel allerdings nicht sehr realistisch. Es kann also sein, dass sich viele Verbraucher in Deutschland – vor allem in ländlichen Regionen – noch für längere Zeit wie in einem Internet-Neuland fühlen.
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