Die FireWire-Tragödie: Aufstieg und Fall einer Schnittstelle – und was Apple dazu beitrug
Die Technikgeschichte ist seit jeher geprägt vom Kampf des Besseren gegen das Gute – zuweilen aber auch von Auseinandersetzungen rivalisierender Erfinder und Entwickler. Legendär ist bis heute der "Stromkrieg" zwischen dem Gleichstrom-Verfechter Thomas Alva Edison und dem Wechselstrom-Anhänger George Westinghouse. Der in den 1970er und 1980er Jahren ausgetragene "Videokrieg" der zueinander inkompatiblen Systeme VHS, Betamax und Video 2000 dürfte noch so manchem Zeitgenossen in Erinnerung sein. Auch in der Historie der Computertechnik gab es immer wieder steile Aufstiege und tiefe Abstürze. Ein Beispiel dafür ist die Schnittstelle namens FireWire.
Tragödie mit namhaften HauptdarstellernIm einem lesenswerten Artikel, der jetzt bei
Ars Technica veröffentlicht wurde, zeichnet Richard C. Moss die FireWire-Geschichte von den Anfängen in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre bis zum endgültigen Aus gut zwanzig Jahre später nach. Er sprach unter anderem mit einigen der seinerzeit an der Entwicklung beteiligten Ingenieure und Produktdesigner. Sein Bericht ist die Schilderung einer Tragödie, in der etliche große Tech-Konzerne mit bis heute klangvollen Namen die Hauptrollen spielten.
Der 2011er Mac mini hatte noch FireWire an Bord.
Die Suche nach einem schnellen Bus"Alles begann im Jahr 1987", erinnert sich beispielsweise Michael Johas Teener, seinerzeit einer der Chefarchitekten von FireWire. Er arbeitete damals bei National Semiconductor, einem großen kalifornischen Halbleiterhersteller. Einige Computerhersteller waren zu der Zeit auf der Suche nach einem neuen seriellen Bussystem, da die bekannten Schnittstellen geschwindigkeitsmäßig an Grenzen stießen. Nachdem das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) von den Bemühungen erfahren hatte, regte die Standardisierungsorganisation eine Zusammenarbeit der Unternehmen an, welche auch zustande kam. 1988 schließlich, Teener war mittlerweile für Apple tätig, schloss sich auch der Mac-Konzern der Entwicklung an. In Cupertino war man nämlich auf der Suche nach einem Ersatz für den langsamen Apple Desktop Bus (ADB).
Apple war federführend in der EntwicklungNach jahrelanger Entwicklungsarbeit, in deren Verlauf Apple stets federführend tätig war und unter anderem die elektrischen Grundlagen und das Steckerdesign maßgeblich mitgestaltete, war es schließlich 1995 soweit: Der Standard IEEE 1394 wurde verabschiedet – FireWire war geboren. An der Spezifikation hatten in all den Jahren namhafte Konzerne wie IBM, Sony, Hewlett-Packard und STMicro mitgearbeitet. Eigentlich hätte also einem Siegeszug der zu Beginn 400 Megabit/Sekunde schnellen Technik nichts im Wege gestanden, zumal diese etliche weitere Vorteile bot wie etwa die Möglichkeit der Energieversorgung externer Geräte und die Unterstützung von 63 Devices auf einem Bus mithilfe des Daisy-Chain-Verfahrens. Als 1996 auch Intel einstieg, schien der Weg für FireWire endgültig frei zu sein.
Schwere Zeiten für AppleDass es dazu jedoch nicht kam, sondern USB statt IEEE 1394 zum Goldstandard wurde, hat mehrere Gründe. Eine der Hauptursachen ist in Cupertino zu finden. Apple durchlebte nämlich in den 1990er Jahren schwere Zeiten, die von internen Differenzen und finanziellen Problemen geprägt waren. Erst 1999 erschien daher der erste Mac mit FireWire-Ports. Darüber hinaus änderte Apple auf Anweisung von Steve Jobs das Lizenzmodell: Obwohl ursprünglich festgeschrieben worden war, dass FireWire gegen eine Einmalzahlung in Höhe von 50.000 US-Dollar genutzt werden durfte, verlangte der Mac-Konzern als wichtiger Patentinhaber plötzlich für jeden in ein beliebiges Gerät eingebauten FireWire-Port eine Gebühr in Höhe von einem Dollar. Die Lizenznehmer waren empört, Branchenschwergewicht Intel versuchte sogar, Steve Jobs in einem persönlichen Gespräch von dem Vorhaben abzubringen. Nachdem dies erfolglos blieb, ließ der Prozessorhersteller FireWire fallen und wandte sich USB zu. Damit war das Aus besiegelt, denn IEEE 1394 musste fortan ein Nischendasein fristen, in Windows-PCs war die Schnittstelle nur in Ausnahmefällen anzutreffen. Auch eine von Apple später vorgenommene Senkung der Lizenzgebühren auf 25 US-Cent pro Port konnte das Blatt nicht mehr wenden.
Letzter Mac mit FireWire erschien 2012In Cupertino allerdings starb FireWire einen langsamen Tod auf Raten. Apple selbst stattete noch einige Jahre hindurch die hauseigenen Geräte mit FireWire aus, beispielsweise auch die ersten Generationen des iPod. Bereits 2008 jedoch erschien mit dem MacBook Air der erste Computer aus Cupertino ohne diese Schnittstelle. 2012 kam der letzte Mac mit FireWire-Ports auf den Markt. Begleitet wurde der Abschied damals von jahrelangen Nutzerprotesten in zahlreichen Foren, denn für manch einen schien die Welt deswegen zusammenzubrechen – zumindest konnte man diverse Postings so deuten. Mittlerweile ist IEEE 1394 fast in Vergessenheit geraten. Schnellere und vielseitigere Schnittstellen wie USB-C oder Thunderbolt haben längst die Nachfolge angetreten.