Die Oberfläche von macOS Big Sur: „Neumorphismus“ statt Rückkehr zum Skeuomorphismus
Nach dem Abschied von Scott Forstall im Jahr 2012 entfernte sich Apple in der Folgezeit mehr und mehr von skeuomorphistischen Benutzeroberflächen und Icons. Stattdessen dominierte das moderner erscheinende Flat Design immer stärker. Während Skeuomorphismus Objekte aus dem echten Leben – beispielsweise über die Icons eines User Interface – imitiert, nimmt das Flat Design weniger Rücksicht auf entsprechende Assoziationen und verzichtet weitgehend auf Dreidimensionalität.
Apple überraschte auf der WWDC mit der runderneuerten Benutzeroberfläche von macOS Big, die einige Nutzer insbesondere bei den plastischer anmutenden Icons an alte Skeuomorphismus-Gestaltungen erinnerte. Entsprechend kam die Frage auf: Macht Apple die Rolle rückwärts? Design-Experte Jack Koloskus sieht in der UI vielmehr einen neuen Trend. Apple setze bei macOS Big Sur nicht auf Skeuomorphismus, sondern auf Neumorphismus (auch als „Soft-UI“ bezeichnet). Dabei handle es sich um die nächste Welle der UI-Gestaltung.
Neumorphismus: Plastischer und mit konsistenten Schatteneffekten„Neumorphismus“ ist eine Wortneuschöpfung, die sich aus den Begriffen „Neu“ und „Skeuomorphismus“ zusammensetzt. Statt des zeitweise dominierenden flachen Designs sollen Benutzeroberflächen wieder plastischer wirken und einen 3D-Effekt vermitteln. Es geht aber nicht darum, vollständig zum früheren Skeuomorphismus zurückzukehren, der beispielsweise Hintergrundtexturen in Apps an realen Objekten wie Papier orientierte. Neumorphismus setzt auf gezielte 3D-Anpassungen, ohne dabei aber größtmögliche Ähnlichkeit mit Dingen aus dem echten Leben anzustreben. Entsprechend können auch abstrakte Formen im Sinne des Neumorphismus gestaltet sein.
Dock-Icons von macOS Big Sur
Ein weiterer Unterschied zum Skeuomorphismus ist die angestrebte Konsistenz aller Elemente hinsichtlich ihrer Schatten und Plastizität. Skeuomorphistische Abbildungen imitieren zwar reale Dinge, stellen jedoch beispielsweise Icons unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Schatteneffekten dar. Neumorphismus hingegen legt Wert darauf, die Icons mit konsistenten Schatteneffekten zu versehen – als würden alle UI-Elemente von der gleichen Richtung angeleuchtet werden. So entsteht ein einheitlicherer visueller Eindruck.
Ordner-Symbole in macOS Big Sur
„Nächste Welle der UI-Gestaltung“Auf die Kritik an Apple, die optischen Änderungen an der macOS-Oberfläche aus willkürlichem Selbstzweck veranlasst zu haben,
reagiert Koloskus mit einem Hinweis auf den langen Einsatz von Flat Design. Nach vielen Jahren des gleichen visuellen Schemas sei es mal wieder an der Zeit, bei der Benutzeroberfläche etwas Neues zu wagen. Neumorphismus biete sich gut dafür an. Es sei spannend zu beobachten, welchen UI-Weg Apple in Zukunft einschlage.
Systemeinstellungen in macOS Big Sur