Devialet Phantom: Vive la HiFi révolution!Regelmäßige Leser der Rewind werden schon desöfteren den Namen
Devialet in meinen Praxistestberichten gelesen haben. Das liegt daran, dass der französische Hersteller Devialet die HiFi-Welt vor einigen Jahren in gewisser Weise auf den Kopf gestellt hat, als er mit dem D-Premier den wohl besten und innovativsten Digital/Analogverstärker überhaupt auf den Markt gebracht hat. In dem Gerät stecken so viele revolutionäre Ideen, dass ein Vergleich mit dem Übergang von Röhre auf Transistortechnik in den Sinn kommt. Seit dem Transistor-Verstärker hat es aus technischer Sicht wohl keinen so großen Umbruch in der HiFi-Welt mehr gegeben.
Doch der D-Premier war mit rund 12.000 Euro ein äußerst exklusives Stück Technik, das weit von einem Mainstream-Produkt entfernt war, weshalb der Bereich des Konsumer-HiFi von dieser Revolution eigentlich kaum tangiert war. Mit den neueren D-Verstärkermodellen, angefangen mit dem Devialet 120 für knapp unter 5.000 Euro, ist die Devialet-Technik inzwischen zwar deutlich günstiger geworden, damit aber noch lange kein Produkt für die Massen.
In dieser Woche hat der in Paris ansässige Hersteller eine weitere Bombe platzen lassen. Mit dem Phantom, einer Art All-In-One Soundsystem á la Sonos, könnte Devialet wieder ein ganz großer Coup gelungen sein. Die Informationen über den Phantom sind trotz der offiziellen Vorstellung nach wie vor ein wenig löchrig, aber einige Fakten konnte ich schon für Sie zusammentragen.
Phantom ist schon optisch alles andere als gewöhnlich. Der "Lautsprecher" (Devialet selbst nimmt nirgendwo das Wort "Lautsprecher" in den Mund, sondern spricht von einem "Sound Center") ist so ungewöhnlich geformt, dass er kaum als Schallwandler erkennbar ist. Die Bilder sprechen für sich. Und auch die im Phantom verbaute Technik lässt andere Komplettsysteme wie Gaslicht erscheinen. Zunächst einmal hat Devialet die DAC- und Verstärkertechnik des D-Premier, insbesondere die einzigartige und patentierte Verbindung aus Class-A-Analog und Digitalverstärker (ADH – Analog Digital Hybrid), auf Chipgröße geschrumpft und in den Phantom eingebaut. ADH verbindet die klanglichen Vorteile der klassischen Class-A-Technik mit der enormen Energieeffizienz von Digitalverstärkern, lässt dabei aber - vereinfacht ausgedrückt - deren Nachteile weg.
Es wird zunächst zwei Modelle geben: Phantom mit 750 W Leistung für 1.690 Euro und Silver Phantom mit 3.000 W(!) Leistung für 1.990 Euro. Neben der Devialet DAC- und Verstärkertechnologie steckt in Phantom noch eine komplett neu von Devialet entwickelte Streaming-Technik, die auf eigenen Protokollen basiert (bei Bedarf aber auch UPnP-kompatibel ist). Die dazugehörige Software für iOS und Android namens Spark soll ersten Berichten zufolge dem gewohnt hohen Devialet-Niveau mehr als gerecht werden und schon im jetzigen Beta-Stadium enorm schnell und intuitiv bedienbar sein. Musikdaten werden entweder per Digital- oder Netzwerkkabel in den Phantom geschickt, oder drahtlos per WLAN. Devialet hat für letzteres ganz nebenbei noch einen eigenen
Audio-Router namens Dialog vorgestellt, der unabhängig vom in den meisten Haushalten vorhandenen WLAN-Netzwerk ein autarkes Audio-Drahtlos-Netzwerk etabliert, mit dem beispielsweise mehrere Phantoms in unterschiedlichen Räumen gespeist werden können. Auch lässt sich Phantom, der stückweise angeboten wird, drahtlos zu einem Stereopaar oder gar zu einem Surround-Set kombinieren.
Devialet hat für Phantom, der etwa die Maße eines mittelgroßen "Regallautsprechers" hat, eigene Standfüße entwickelt, die optisch ideal zu dem futuristischen System passen. Über ein unsichtbar durch den Fuß verlegtes Stromkabel kann bei Bedarf auch gleich die Einbindung ins Netzwerk mittels D-LAN erfolgen. Die Verbindung zwischen Lautsprecher und Sockel wird über eine verdeckte Steckverbindung hergestellt.
Und dann ist da noch SAM…"Speaker Active Matching" (SAM) ist eine weitere Innovation von Devialet, bei dem Lautsprecher anderer Hersteller im Labor von Devialet eingemessen und deren genaue Parameter im Devialet Verstärker gespeichert werden. Auf diese Weise kann die Software den angeschlossenen Lautsprecher perfekt unter Kontrolle halten und ein Ausgangssignal erzeugen, dass von Eingangssignal nur noch minimal abweicht. Auch hierbei handelt es sich um eine etwas vereinfachte Darstellung, um den Textrahmen nicht zu sprengen. Die Klangergebnisse sprechen für sich! So spielt beispielsweise mein Referenzlautsprecher
KEF LS50 mit SAM auf einem noch viel höheren Niveau als ohnehin schon. Inzwischen hat Devialet einige Dutzend HiFi-Lautsprecher für SAM eingemessen (
Übersicht).
SAM ist auch eine Kerntechnologie für Phantom. Der Lautsprecher verfügt – ähnlich wie die KEF LS50 – über einen Koaxialtreiber für die Mitten und Höhen, besitzt darüber hinaus aber ein in dieser Form nie dagewesenes Basssystem mit seitlich integrierten Treibern (was konzeptionell wiederum ein wenig an die fantastischen
KEF Blade erinnert), die einen für die Gehäusegröße überragenden Tiefton ermöglichen sollen (bis 16 Hz bei nur 6L Gehäusevolumen!). Natürlich spielt dabei auch das extrem aufwendig konstruierte Gehäuse-Chassis aus Alu-Druckguss, die geschlossene Bauweise und der enorme Hub der Treiber eine wichtige Rolle. Ob und wie gut das tatsächlich funktioniert, werde ich in einem ausführlichen Test ermitteln, sobald Phantom verfügbar ist, was voraussichtlich nach der High-End-Messe im kommenden Mai der Fall sein wird. Aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen mit Devialet bin ich jedenfalls mehr als nur ein bisschen gespannt. Eine so aufregende Neuheit hat es im Bereich HiFi schon lange nicht mehr gegeben.
Puhh, nach dieser tollen Meldung fällt es schon ein bisschen schwer, einfach zur Tagesordnung überzugehen…