Die Produkthighlights der Woche – plus ein Kurztest
Kurztest Panasonic RP-HGS10 KnochenleitkopfhörerAuf der IFA Anfang September in Berlin ist mir neben dem in der
letzten Woche getesteten Bügelkopfhörer Panasonic HD10 noch ein anderes Konstrukt zur Kopfbeschallung aufgefallen: Bei dem Panasonic HGS10 handelt es sich weder um einen Bügelkopfhörer klassischer Bauart – trotz Bügel – noch um einen der üblichen In-Ohr-Hörer. Statt mit einem Paar herkömmlicher Treiber, die den Schall direkt in den Hörkanal und auf das Trommelfell übertragen, kommt hier die sogenannte Bone Conduction Technologie zum Einsatz, auf Deutsch Knochenleitkopfhörer genannt.
Panasonic HGS10 KnochenleitkopfhörerDas Prinzip an sich ist nicht neu: Die Schallübertrager geben die Schwingungen zunächst auf eine geschlossene Membranschicht ab, die direkt auf der Haut des Trägers liegt. Der Hörer wird dabei so auf dem Kopf ausgerichtet, dass diese Übertragungsflächen kurz vor dem Ohrkanal aufliegen. Die Schwingungen werden von der Übertragungsschicht dann per Knochenübertragung durch den Schädel auf die Gehörknöchelchen und die Gehörschnecke ab. Das hat – theoretisch – mehrere Vorteile:
- Der Gehörgang bleibt frei, womit Umgebungsgeräusche nicht abgeschirmt werden.
- Der Schall wird nicht direkt auf das Trommelfell übertragen, wodurch das Gehör geschont wird.
- Die Treibergehäuse sind verschlossen, wodurch der Kopfhörer wasserfest bzw. spritzwassergeschützt ist (im Falle des HGS10 nach Spezifikation IPX4 – "Schutz gegen Eindringen von allseitigem Spritzwasser").
Auf oder direkt vor dem Tragus sitzend wird der Schall über den Schädel direkt an die Gehörknöchel geleitet. Der Gehörgang bleibt frei.Der HGS10 besitzt darüber hinaus an seinem Bügel Reflexionsstreifen, damit der Träger in der Dunkelheit besser zu sehen ist. Für Sportbegeisterte hört sich das nach einer idealen Lösung an, braucht man sich doch keine Gedanken über mögliche Beschädigungen durch Regen oder Schweiß machen und der Straßenverkehr um einen herum wird nicht ausgeblendet. Fragt sich nur, wie gut es klingt!
Ich muss leider berichten, dass ich mit dem HGS10 absolut keine Position gefunden habe, bei der sich eine auch nur einigermaßen vernünftige Klangwiedergabe einstellte. Die Treibergehäuse müssen, damit es überhaupt zu einer nennenswerten Schallübertragung kommt, auf diesen kleinen Knorpelklappen vor dem Gehörgang sitzen, die, wenn ich richtig gegoogelt habe,
Tragus heißen. Die maximale Lautstärke reichte dabei in meinem Test mit dem iPhone und iPad kaum aus, um lautere Außengeräusche wie Straßenverkehr zu übertönen. Am Mac mit dem Meridian Explorer DAC/Kopfhörerverstärker konnte ich hingegen akzeptabel hohe Lautstärken erreichen, wobei das Ergebnis sehr stark davon abhängig ist, wie die Treiber auf dem Tragus sitzen, und mit welchem Druck.
Der Klang ist im besten Fall… nun ja… dünn. Kraftlos. Topfig. Von Bässen oder klaren Höhen kann nicht die Rede sein. Für die Begleitmusik zum Joggen oder den Workout mag es vielleicht reichen, aber ich kann mir offen gesagt nicht vorstellen, warum man sich das antun sollte, wo es doch auch wasserfeste, ja sogar komplett wasserdichte In-Ohr-Hörer gibt, die einen deutlich besseren Klang zu einem ähnlichen oder gar günstigeren Preis ermöglichen. Zudem ist der nicht verstellbare Nackenbügel recht gewöhnungsbedürftig, auch wenn der Sitz fest und sicher genug ist, um damit tatsächlich Sport zu machen. Eine echte Empfehlung kann ich für den HGS10 daher nicht aussprechen – so interessant der technische Ansatz auch sein mag. Allerdings weise ich darauf hin, dass andere Träger bzw. andere Ohren vielleicht zu besseren Ergebnissen kommen könnten, denn vieles hängt von dem exakten Sitz der Treiber ab. Sollten Sie die Gelegenheit dazu haben, probieren Sie es also ruhig mal aus.