Die Untoten im iOS App Store - nur jede zehnte App ist sichtbar
Die Zahlen des App Stores sind beeindruckend. Über zwei Millionen Drittanbieter-Apps stehen zum Verkauf. Apple eilt von Rekordeinnahmen zu Rekordeinnahmen - auch in den durchwachsenenen jüngsten Quartalszahlen
glänzte die »Dienste«-Sparte, zu der sämtliche App Stores des Konzerns gehören, durch ein 19-Prozent-Wachstum und dem Wert eines Fortune-100-Unternehmens.
90 Prozent ZombiesDoch der Ruhm ist sehr ungleich verteilt. Apple profitiert und ein kleiner Teil der App-Entwickler auch. Die breite Masse an Entwicklern dagegen kommt auf keinen grünen Zweig. In den USA
verdient ein Prozent der Entwickler-Community 94 Prozent des erwirtschafteten App-Store-Umsatzes. Den jüngsten Zahlen von adjust zufolge ist der Anteil der sogenannten »App Store Zombies« auf einen neuen Rekordwert von 90 Prozent
gestiegen.
Als »untote App« gelten Anwendungen, die auf keiner der zahlreichen Top-Listen auftauchen und auf die man nur dann stößt, wenn man ihren konkreten Namen in die Suchleiste eingibt. Faktisch sind sie also unsichtbar. Ihr Anteil lag vor drei Jahren noch bei etwa 60 Prozent. Mit dem wahnsinnigen Wachstum des Stores (jeden Tag kommen weit über 100 Apps hinzu, zur WWDC
meldete Apple insgesamt 2 Millionen Apps) schoss der Wert auf die alarmierenden 90 Prozent empor. Im US-Store ist er etwas höher, unter den gut 320.000 deutschen Apps liegt er noch bei knapp 87 Prozent.
Kein Marketing, keine Platzierung, keine ChanceDer Grund für die fehlenden Chancen der meisten Apps liegt darin, dass sich viele Entwickler keine umfangreichen Marketing-Maßnahmen leisten können. Eine Erfolgsgeschichte wie Pokémon Go ist dann unmöglich. Die unter einem Unternehmensdach vereinigten Apps Facebook, Facebook Messenger, WhatsApp und Instagram erwirtschaften im Moment 62 Prozent aller Downloads aus dem App Store. Die Ungleichverteilung resultiert aus Bekanntheit, diese wird durch Verbreitung und Sichtbarkeit definiert. Aber natürlich gehört zur vollständigen Geschichte auch, dass unter den »App-Zombies« viele Anwendungen sind, die durch Qualitätsmängel ohnehin keine Chance auf einen Erfolg hätten. Doch selbst die Perlen in der Masse sind fast chancenlos.
Es bleibt viel zu tunDabei startet Apple durchaus Versuche, auch für unbekannte Anwendungen eine Bühne zu schaffen. Zwei Millionen neue Plätze auf App-Listen hatten aber offensichtlich nicht den gewüschten Effekt. Zumeist landeten wieder die gleichen bekannten Gesichter auf diesen Plätzen. Immer wieder gibt Apple kleineren Independent-Studios ein App-Store-Feature für ihre Spiele. Aber auch dies hängt von dem guten Willen Apples und vor allem davon ab, gegenüber Cupertino irgendwie aus der Masse herauszustechen.
So lange die Navigation im App Store in erster Linie über Bestenlisten und Apple-Features läuft, haben es unbekannte Entwickler ohne Geldgeber im Hintergrund schwer. Da haben Apple und speziell der für den App Store zuständige Phil Schiller noch einige Arbeit vor sich. Vollumfängliche Übersichten mit allen Apps einer Kategorie täten Not - parallel zu den üblichen Top-Listen und mit verschiedenen Sortierungsmöglichkeiten. So könnten Nutzer zwischen »beliebten« und »allen« Apps unterscheiden und auch mal ganz bewusst in die Tiefen des App Stores vordringen. Eine Ausweitung der Apple-Features dagegen erscheint weniger sinnvoll, denn erstens wäre dann die Abhängigkeit von subjektiven Entscheidungen von Apples Bewertungsteams ausschlaggebend und zweitens entwertet eine Masse an Features jede einzelne Hervorhebung.