Zusammengefasst: Die skurrile Tech-Anhörung von Cook & Co. – von Politiker-Profilierung, Geheimabsprachen (Apple & Amazon) und 40 statt 30 % im App Store
Für die vier Tech-Riesen, die sich gestern vor dem US-Kongress zu verantworten hatten, steht viel auf dem Spiel. Apple, Facebook, Amazon und Google haben allesamt ein großes Imperium aufgebaut, welches Milliarden an Menschen direkt betrifft. Die Frage lautet allerdings, ob alles mit rechten Dingen zugeht – oder ob die Unternehmen ihre Marktmacht zum Schaden von Konkurrenz und auch Kunden missbrauchen. Bei der Anhörung wurde allerdings recht schnell klar, dass es insgesamt weniger um Apple als um Facebook und Google ging – unmittelbare Konsequenzen hat aber keiner der Beteiligten zu befürchten. Ein Mantra der vier CEOs lautete: Es gebe unheimlich viel Wettbewerb in allen Bereichen, keiner der vier könne die Regeln des Marktes bestimmen.
Viele Abgeordnete wollten sich nur profilierenFünf Stunden lang dauerte die Veranstaltung, viel Zeit verstrich für wortreiche, beschwichtigende Ausführungen der CEOs, denen natürlich schon vorher weitgehend bekannt war, welche Fragen bevorstanden. Außerdem war es diversen Abgeordneten wichtiger, sich in Selbstdarstellung zu üben, anstatt mit fundierten, kritischen Fragen zu überzeugen. Cook, Zuckerberg, Pichai und Bezos hatten daher kein besonders schweres Spiel – wenn sie zu Wort kamen, denn regelmäßig konnten sie gar nicht antworten, da der jeweilige Abgeordnete mit seinem eigenen Monolog noch nicht fertig war. Selten gelang es Abgeordneten, wirklichen Druck auszuüben.
Die Befragungs-Leinwand
Unzählige Beitrage waren schlicht ThemaverfehlungMarktbeobachtern zufolge wurde zwar der eindeutige Wille vonseiten der Politik klar, den Tech-Riesen nicht wie in den letzten Jahren einfach nur zusehen zu wollen, insgesamt ging der Punktsieg aber klar an die exzellent vorbereiteten Unternehmensvertreter. Diese mussten sich in weiten Teilen noch nicht einmal zu wettbewerbsrechtlichen Fragen äußern, sondern konnten dem Parteiengezänk zuhören. Anstatt zielgerichtet jene Themen unter die Lupe zu nehmen, um die es eigentlich gehen sollte, nutzten vor allem republikanische Abgeordnete das Podium, um die angeblich so schlechte Behandlung der Partei in (Sozialen) Medien zu kritisieren. Ein Abgeordneter witterte eine Verschwörung, da seine E-Mails oft in Spam-Ordnern landen, ein anderer warf Facebook vor, den Account von Donald Trumps Sohn gelöscht zu haben (was nicht der Fall war, Twitter hatte den Account deaktiviert).
Von Demokratischer Seite aus gab es wesentlich besser vorbereitete Nachfragen, allerdings ebenfalls oft am eigentlichen Thema vorbei. Unter anderem ging es darum, warum Facebook millionenfach offensichtliche Falschinformationen wie Corona-Verschwörungen weiterverbreite – doch auch dies war ebenso wenig der Grund für die Anhörung wie Generalabrechnungen mit Großunternehmen. Dass Monopole schädlich sind und Konkurrenz anzustreben sei, war schon vor der Veranstaltung jedem bewusst. Dennoch sollte man die Anhörung nicht leichtfertig als gescheitert bezeichnen. Das "Grillen" vor dem Kongress hat sehr oft nur Show-Charakter und fördert selten ganz Wahrheiten zutage. Hinter den Kulissen ist die Angelegenheit noch längst nicht ausgestanden, denn die Wettbewerbshüter werden weiterhin intensiv auf die Tech-Riesen blicken und weitere Hinweise auf kartellrechtlich relevante Verhaltensweisen suchen.
Interessanter: Apples Spezial-Deals mit AmazonAuch Cook hielt sich weitestgehend an die vorab veröffentlichte Argumentationslinie (siehe diese Meldung
). Spannender waren hingegen bislang unter Verschluss gehaltene Unterlagen. Beispielsweise gab es eine Vereinbarung zwischen Apple und Amazon, wonach der Handelsriese nur halb so hohe Gebühren für Prime an Apple zu entrichten habe. Wenn sich ein Nutzer über die App registrierte, erhielt Apple also 15 statt 30 Prozent – und wenn es vorher schon eine Amazon-Registrierung gab, verzichtete Apple ganz auf Abgaben. Seit diesem Jahr darf Amazon Käufe sogar komplett an Apples eigenen Mechaniken vorbei abwickeln (siehe
), was in ziemlichem Widerspruch zu Tim Cooks Aussage "wir behandeln jeden gleich!" steht.
Interne Unterlagen: Apple erörterte höhere Gebühren für EntwicklerBekanntlich verlangt Apple 30 Prozent des erzielten Umsatzes als Gebühren – wenn der Umsatz durch den Verkauf von Apps, In-App-Purchases oder Abos entstand. Einer internen E-Mail zufolge diskutierte Apple aber vor knapp zehn Jahren, fortan sogar 40 Prozent zu verlangen. "Man lasse sonst Geld auf dem Tisch liegen", hieß es in den Erwägungen von Apples Dienste-Chef Eddy Cue und dessen Managern. Konkret ging es dabei um Abos, welche zu jener Zeit noch eine ganz neue Idee waren.
Bekanntlich entschied sich Apple aber dafür, auch Abos mit 30 Prozent "zu versteuern" – wenige Jahre später senkte Apple die Gebühren dann auf 15 Prozent für das zweite und alle folgenden Jahre. Tim Cook konnte daher seine Aussage unterstreichen, man habe es für Entwickler seit Anbeginn des App Stores nie teurer, sondern sogar günstiger gemacht. Gleichzeitig untermauerte er die Aussage, von 84 Prozent der Entwickler überhaupt keine Gebühren zu verlangen, da diese keine Umsätze über den App Store erzielen.