Klang ELAC AIR-X 203Freie Aufstellung im RaumNach mehrstündigem, intensiven Einspielen der frisch vom Band gepurzelten und persönlich im Werk abgeholten Testlautsprecher (Ehrlich, die waren noch warm und rochen nach frischen Sonntagsbrötchen!) stand schnell fest: diese Aktivboxen haben es in sich. Bei allem Respekt für die Weltmarke Dynaudio, die wirklich großartige Lautsprecher baut, aber die AIR-X 203 blasen die hier zum Maßstab angesetzten Xeo 4 förmlich vom Standfuß. Der Preisunterschied von knapp 700 Euro (nur die Lautsprecher) ist sofort und in jeder Oktave klar nachvollziehbar.
Bei niedriger Zimmerlautstärke ist zwischen den meisten Lautsprechern gar kein so großer Unterschied wahrnehmbar, was zunächst auch hier der Fall ist. Aber nach Einschalten der adaptiven Loudness kann sich die ELAC gleich einen ersten dicken Pluspunkt einfahren. Nicht, dass damit eine ultra-zart getretene Bassdrum plötzlich klingt, als würde sie im Hörraum stehen – das hat noch kein Lautsprecher völlig natürlich hinbekommen – aber das Klanggeschehen bekommt unmittelbar deutlich mehr Substanz und Körperhaftigkeit, was die Hintergrundberieselung angenehmer macht. Ähnlich gut schafft das beispielsweise auch der sagenhaft gute Devialet DAC/Verstärker mit seinem „Speaker Active Management“ (SAM) an meinen Referenzmonitoren KEF LS-50. Freilich zu einem deutlich höheren Systempreis. ELAC hat die mit zunehmender Lautstärke abnehmende Frequenzverbiegung jedenfalls äußerst gut hinbekommen.
Mit steigendem Pegel und gemütlich auf dem Hörsessel im Sweet Spot lauschend, kommen die kleinen ELAC-Boxen erst so richtig in Wallung. Zunächst fällt auf, wie gut sich das Klanggeschehen von den Gehäusen löst. Es entsteht ein große, tiefe und bestens ausgeleuchtete Klangbühne vor dem Hörer, auf der jedes noch so kleine Detail bestens zu erkennen ist. In diesem Punkt liegen die AIR-X 203 fast gleichauf mit meiner Referenzkombi. Gegenüber den Dynaudio Xeo 4 können sich die Kieler nicht nur mit mehr Präzision und Natürlichkeit absetzen, auch die Impulsfreude ist bei diesen Aktivlautsprechern ausgeprägter. Das war sowieso ein kleiner Kritikpunkt an den Dynaudios, die eher etwas softer auftreten. Keine Spur von derartiger Zurückhaltung bei den 203. Erst die Kombi Devialet und LS-50 kann die AIR-X in Sachen Dynamik und Schnelligkeit ein wenig distanzieren.
Die aktive Entzerrung der ELAC sorgt dafür, dass die 203 eine für ihre Größe bemerkenswerte Tieftonfülle schaffen. Natürlich können auch die Kieler die Gesetze der Physik nicht aushebeln. Echte Tiefbassfetischisten, die mit 8 Subwoofern im Auto unterwegs sind oder zuhause Trafo-Häuschen-große Basshörner bevorzugen, werden wahrscheinlich nur müde über die 203 lächeln, aber wenn ein uninformierter den Hörraum betritt, kann es schon mal vorkommen, dass dieser die Ecken nach dem vermeintlich versteckten Subwoofer absucht. Selbst bei höheren Pegeln gerät die 203 dabei nicht so leicht ins Straucheln und bleibt bis hinauf zu nachbarschaftsschädigenden Lautstärken enorm entspannt. Die zusätzlich mögliche Bassanhebung um 2 dB über den rückseitigen DIP-Schalter war in meinem Hörraum (rund 20 m2) trotz freier Aufstellung und leichter Basssenke am Hörplatz nicht erforderlich. Testweise habe ich es natürlich ausprobiert, aber damit kam mir der Bass dann etwas zu mulmig vor.
Im Tieftonbereich konnten die AIR-X 203 erstaunlich gut mit meiner Referenzkombi mithalten, wobei der Basscharakter dieser beiden Systeme sich doch deutlich voneinander unterscheidet. Die ELAC spielten etwas satter und tiefer, hatten dafür nicht ganz die Präzision und Impulsschnelligkeit der LS-50 am Devialet vorzuweisen.
Wenn es am Klang der 203 irgend eine Schwäche zu monieren gibt, dann ist das eine leichte Zurückhaltung in den Mitten, die vor allem Stimmen – Opernarien, Duette etc. – im Vergleich zur LS-50 am Devialet ein wenig zu schüchtern wirken lassen. Als sei der Mikrofonpegel der Sänger etwas zurückgenommen worden. Aber das ist jammern auf sehr hohem Niveau, nicht bei jeder Musikart gleichermaßen festzustellen und letztendlich auch ein wenig Geschmacksache.
Desktop-AufstellungNach den überzeugenden Ergebnissen bei freier Aufstellung im Hörraum wollte ich noch herausfinden, inwieweit sich die AIR-X 203 auch als Desktoplautsprecher eignen. Auch wenn die Boxen für sich genommen nicht sehr groß sind, dürfte ihr Volumen für die meisten Schreibtische wohl schon grenzwertig sein. Auf meinem aus Prinzip und Ordnungsliebe immer schön aufgeräumten Schreibtisch reichte der Platz für eine einigermaßen symmetrische Stereo-Aufstellung.
An der Rückseite beider Lautsprecher habe ich die DIP-Schalter Nummer 7 auf „CONSOLE“ gestellt. Zur Entkopplung von der Tischplatte dienten mir zwei ca. 1 cm dicke Moosgummi-Untersätze an der Rückseite und ein vorne mittig unter die Boxen positionierter Geräte-Spike. Damit haben die Lautsprecher eine leichte Neigung nach hinten, so dass die Chassis etwas nach oben zielen. Ich kann nur jedem, der eine ähnliche Desktopaufstellung plant, raten, eine vergleichbare Lösung zur Entkopplung zu wählen, oder die Lautsprecher mit speziellen Desktop-Standfüßen noch mehr von der Tischplatte abzuheben. Die mitgelieferten Gummi-Klebefüßchen sorgen nicht annähernd für eine so gute Entkopplung von der Tischplatte und bieten auch keine Neigung.
Machen auf dem Desktop eine gute Figur. Leider kann die Funktechnik der Lautsprecher prinzipbedingt nicht komplett gegen Einstrahlungen von Mobiltelefonen abgeschirmt werden. Es kann zu störenden Geräuschen kommen.Abgesehen davon, dass bei meiner Testaufstellung der Hörabstand mangels verfügbarer Stelltiefe im Verhältnis zur Basisbreite etwas zu kurz für ein ideales Stereodreieck war, lieferten die ELACs dennoch ein überzeugendes Schauspiel. Die Ortsanpassung „CONSOLE“ entpuppte sich als genau richtig. Der Bass kam tief und sonor, ohne jede Spur von Dröhnen – was z.T. natürlich auch den Entkopplungsmaßnahmen zuzuschreiben ist. Die Mitten erstrahlten unverfärbt und bestens durchhörbar. Bei den Höhen erwies sich die Einstellung mit +2 dB als ideal, um die mit der Neutral-Einstellung wahrgenommene leichte Bedecktheit im oberen Frequenzspektrum zu beseitigen. Ein völlig anderes Erlebnis bot – wie im Nahfeld nicht anders zu erwarten – die räumliche Abbildung, die hier eher Kopfhörer-ähnlich wirkt. Man erhält eine absolut präzise Bühnenmitte, aber mit weniger Tiefe und das Klanggeschehen löst sich wegen der großen Basisbreite und unvermeidlichen Tischreflexionen nicht ganz so gut von den Lautsprechern. Auch die Kohärenz, der klangliche Zusammenhalt über alle Frequenzen, leidet bei sehr kurzer Abhörentfernung oft ein wenig. Nach meiner Erfahrung eignen sich kleinere Lautsprecher, am besten mit koaxialen Treibern, in so einer Aufstellung etwas besser. Je näher dran, desto kleiner und punktförmiger sollte die Schallquelle sein. – – Spontan fällt mir da mein schon etwas zurückliegendes Erlebnis mit den ELAC Micromagic 2.1 ein (siehe
Rewind 258), die auf entsprechenden Desk-Stands montiert und in Zusammenspiel mit dem dazugehörigen Minisubwoofer eine wirklich überzeugende Vorstellung lieferten. – Wer eine Aufstellung der Lautsprecher etwas weiter zurückversetzt realisieren kann, etwa auf Lautsprecherständern hinter dem Schreibtisch, dürfte zudem ein Klangbild mit realistischerer Größenabbildung erleben.
Die adaptive Loudness überzeugte am Desktop noch mehr als bei freier Aufstellung. Selbst bei sehr geringen Pegeln sorgt sie für ein viel lebendigeres, farbenfroheres Klangbild mit mehr Substanz und strahlenderen Höhen. Da macht leise hören gleich doppelt so viel Spaß.
Unter dem Strich begeistert die ELAC AIR-X 203 klanglich in beiden getesteten Aufstellungen voll und ganz. Ein High-End Kompaktmonitor, wie er im Buche steht.