EU & iMessage: Apple behauptet, viel zu klein und unbedeutend für Regulierung zu sein
Wie schon oft diskutiert, wird im Wettbewerbs- bzw. Kartellrecht unterschieden, ob es sich um einen extrem finanzstarken Anbieter mit beinahe unbegrenzten Möglichkeiten oder um einen kleineren Mitspieler handelt. Genau das ist einer der Kernaspekte bei den bevorstehenden Regulierungen, die Apple direkt betreffen werden. Natürlich hätte man die Option, statt eines iPhones einfach auf Android umzusteigen. Allerdings geht es um diese Frage gar nicht, denn Apples Plattform allein ist schon so mächtig und verbreitet, dass Entscheidungen immense Auswirkungen auf den gesamten Markt und natürlich hunderte Millionen Nutzer hat. Wenn Apple beispielsweise eine konkurrierende Lösung zugunsten eigener Dienste aussperren oder behindern will, hat der jeweilige Anbieter keine Chance mehr, die Hälfte des Marktes anzusprechen. Genau diese "Gatekeeper"-Stellung und das bislang gezeigte Verhalten ist es, warum Apple die kommende Gesetzgebung direkt betrifft.
iMessage und InteroperabilitätEin Teilaspekt des Digital Market Acts betrifft Interoperabilität von Messengern. Um überhaupt erst von den Regulierungsmaßnahmen betroffen zu sein, muss das Unternehmen ziemlich viele Nutzer haben. Wer weniger als 45 Millionen aktive Nutzer innerhalb der USA aufweist, gilt beispielsweise nicht als groß genug, um überhaupt Regulierung zu bedürfen. Gleichzeitig muss der Betreiber mehr als 7,5 Milliarden Euro Umsatz in der EU erzielen, dies bei einem Unternehmenswert von mehr als 75 Milliarden Euro. Man sieht daran bereits, dass nur wenige weltweit agierende Konzerne überhaupt in ihrer Marktmacht eingebremst werden wollen.
Apple behauptet: iMessage nutzen zu wenigeApples etwas überraschende
Argumentation, warum die Richtlinien bezüglich iMessage nicht greifen: Wir sind viel zu klein und unbedeutend, denn es gibt nur wenige Nutzer. Niemand kann Umsatz und Marktwert wegdiskutieren, allerdings sind die 45 Millionen Nutzer laut Apple angeblich eine Schwelle, die man nicht erreicht. Offizielle Nutzerzahlen dokumentiert Apple nicht, es gab lediglich grobe Andeutungen und Schätzungen, die von 1,3 Milliarden Nutzern weltweit sprechen. iMessage bzw. die Nachrichten-App ist auf jedem iPhone vorinstalliert, vor allem in den USA erzielt Apples eigener Messaging-Dienst hohe Marktanteile.
Weitere Verfahren dürften folgenWenn sich Apple unter Berufung auf angeblich weniger als 45 Millionen Nutzer innerhalb der EU nun der Regulierung entzieht, könnte es jedoch bald konkrete Daten geben. Sicherlich werden sich die Kartellwächter nicht mit Apples Behauptung zufriedengeben, sondern konkrete Belege einfordern. Anfang 2024 könnten demnach weitere Verfahren auf Apple zukommen, in denen dann detaillierte Angaben offenzulegen sind. Für den App Store ist die Sache jedoch klar: Apple spricht von mehr als 100 Millionen aktiven Nutzern, was weit oberhalb des Schwellwerts liegt. Aus diesem Grund laufen bereits Vorbereitungen, alternative Bezugsquellen für Apps ab 2024 zu ermöglichen.
Microsoft Bing ebenfalls zu unbedeutend?Noch eine Randnote am Schluss: Nicht nur Apple versucht es mit der "kaum jemand nutzt unseren Dienst"-Argumentation, auch Microsoft schlägt in dieselbe Kerbe. Im Falle Redmonds geht es allerdings nicht um Messenger, sondern um Suchmaschinen – genauer gesagt um Bing. Hier will Microsoft belegen, dass man mit dem Produkt ebenfalls weniger als 45 Millionen Nutzer anzieht.