EU wird wohl Milliarden-Verfahren gegen Apple einleiten – Hinweise auf aktive Verstöße gegen DMA
Die EU-Kommission hält anscheinend nicht viel von Apples Regelwerk für alternative App-Marktplätze und will in den nächsten Wochen ein Verfahren gegen den kalifornischen Konzern eröffnen. Das geht aus einem
Bericht der Financial Times hervor, der auf drei Hinweisgeber Bezug nimmt. Damit wäre Apple das erste Unternehmen, das sich gegen den Verstoß des im März in Kraft getretenen Digitale-Märkte-Gesetz verteidigen muss. Im Falle einer Verurteilung werden Strafgebühren von bis zu zehn Prozent des jährlichen weltweiten Umsatzes fällig. Zusätzlich sieht die Verordnung eine tägliche Strafe von fünf Prozent des durchschnittlichen täglichen Umsatzes für jeden Tag, an dem das Regularium nicht zufriedenstellend umgesetzt wurde.
Doch bis eine Strafe verhängt wird, liegt noch ein weiter Weg vor Konzern und Kommission: Sobald die EU ein Verfahren offiziell einleitet und begründet, bekommt die Gegenseite ausreichend Gelegenheit, sich zu verteidigen – und darf zudem seine App-Store-Regeln an die Kritikpunkte anpassen. Erst bei mehrfacher Weigerung wird die EU-Kommission die Strafzahlungen durchsetzen.
Streitpunkt iOS App StorePünktlich zum Inkrafttreten des
Digital Markets Act hatte Apple die Regeln für den App-Vertrieb innerhalb der Europäischen Union angepasst: Fortan können Apps über alternative App-Marktplätze vertrieben werden. App-Entwickler dürfen zudem innerhalb des offiziellen App Stores auf ein alternatives Bezahlmodell wechseln – mit geringerer prozentualer Beteiligung. In beiden Fällen berechnet Apple allerdings (mit Ausnahmen) die "Core Technology Fee" (CTF), sie beläuft sich auf 0,50 Euro pro Nutzer und Jahr – der Grund: Apple will weiterhin jede App auf iOS-Konformität überprüfen und deshalb an jeder installierten iOS-App mitverdienen. Ganz anders auf dem Mac, dort können Hersteller selbstverständlich Software über ihr eigenes System anbieten und verkaufen – ohne eine Pflicht, für alles an Apple zu bezahlen. Für das (optionale) Signieren ihrer Software zahlen sie eine jährliche Gebühr, die unabhängig von Download-Zahlen ist.
Apple erster, aber nicht einziger PrüffallWann genau das Verfahren beginnt, ist noch unklar; zudem gibt es noch weitere Prüffälle für mögliche DMA-Verstöße. Das Digitale-Märkte-Gesetz zielt auf die großen Digitalplattformen ab, denen die EU-Kommission eine Torwächter-Funktion zuschreibt. Aktuell sind das Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta und Microsoft. Bereits Ende März wurde eine Untersuchung gegen
vier der sechs Konzerne eingeleitet. Wenn Apple demnächst als erster Konzern auf der Anklagebank Platz nehmen muss, kann das viele Gründe haben. Möglicherweise war das Regelwerk für alternative App-Marktplätze lediglich das mit der geringsten Komplexität.