Nach dem ausführlichen Anfangstest des neuen MacBook Pro 15" mit Touch Bar (
) hier in der Redaktion wollen wir Ihnen nicht vorenthalten, wie sich das neue 2016er-Modell über die ersten Tagen in der Praxis geschlagen hat.
Zuerst zum Positiven:BildschirmWährend schon seit den ersten Retina-MacBooks aufgefallen ist, dass der Bildschirm im Vergleich zu Geräten mit "normaler" DPI-Auflösung deutlich dunkler ist, hat Apple beim neuen MacBook Pro diesen Nachteil korrigiert: Der Bildschirm ist bei Sonnenlicht sehr gut lesbar und in geschlossenen Räumen, besonders im Vergleich zu den Vorgängermodellen, erheblich heller. Auch die Farbwiedergabe und das Kontrastverhältnis können überzeugen. Nutzt man nach ein paar Tagen wieder ein älteres Retina-MacBook, ertappt man sich häufig dabei, auf die Bildschirm-Heller-Taste zu drücken, obwohl schon die maximale Helligkeit eingestellt ist.
TrackpadBeim normalen Arbeiten ist das größere Trackpad der neuen Modelle nicht im Weg - bringt aber auch keinen echten Mehrwert. Erst bei Gesten wie vergrößern, drehen usw. ist es praktisch, dass nun einfach mehr Platz vorhanden ist und nicht ein Finger unabsichtlich das Trackpad verlässt. Ist man an Modelle ohne Force-Touch-Trackpad gewöhnt, benötigt man ein wenig Zeit, um mit dem neuen Klick-Verhalten warm zu werden.
Touch BarAm Anfang muss man sich etwas zwingen, die Touch Bar zu nutzen: An die Position vieler Schaltflächen auf dem Bildschirm ist man so gewöhnt, dass man diese im Schlaf kennt. "Zwingt" man sich aber eine gewisse Zeit, etwa die Knöpfe in Dialogen über die Touch Bar zu bedienen, stellt man schnell fest, dass dies erheblich effizienter funktioniert als mittels des Trackpads. Auch das Scrollen durch Bilder in der Fotos-App klappt mit der Touch Bar erheblich besser als mit dem Trackpad.
TastaturDie Umgewöhnung auf die veränderten Druckpunkte und die größeren Tasten bei der neuen Tastatur geht recht schnell vonstatten. Das Tippgefühl ist angenehm und die Tasten sind trotz des verringerten Abstands einfach zu treffen. Positiv ist auch, dass die Hintergrundbeleuchtung nicht mehr seitlich an den Tasten vorbeischeint, sondern nur noch den Buchstaben erleuchtet. Zur Tastatur gibt es allerdings auch Negatives zu Berichten, dazu später mehr.
Touch IDSchon auf dem iPhone 5s war es überraschend, wie einfach und transparent Touch ID funktioniert - nach wenigen Stunden war es in Fleisch und Blut übergegangen und das nervige Eingeben des Passcode entfällt fast vollständig. Genau so ist es auch auf dem Mac: Nach dem Aufklappen des Notebooks wird man üblicherweise von der Anmeldemaske begrüßt und darf sein (hoffentlich sicheres) Passwort eingeben - wie häufig man dies im Leben erledigen muss, darf man gar nicht mitzählen. Beim neuen MacBook hält man nach dem Aufklappen kurz seinen Finger auf die rechte Seite der Touch Bar und das Gerät entsperrt sich sofort - die Erkennung des Fingerabdrucks geht ähnlich schnell vonstatten wie beim iPhone 6s/7. Auch das Umschalten der Nutzer-Kontos per Touch ID funktioniert hervorragend und bietet besonders in Haushalten mit mehreren Nutzern pro Mac einen erheblichen Vorteil.
Performance generellHier hängt es stark davon ab, ob man von einem älteren Mac auf ein nagelneues MacBook Pro umsteigt, oder ob man ein wenige Jahre altes Gerät mit SSD durch ein neues MacBook Pro ersetzt. Im Vergleich zum Vorgängermodell bringt das neue MacBook beim Prozessor keinerlei Vorteile, die außerhalb eines Benchmark-Tests zu erkennen sind. Allerdings ist die SSD wie auch die Grafik im Vergleich zum direkten Vorgängermodell erheblich schneller - in der täglichen Praxis wird dies aber nur geringe Vorteile mitbringen.
Steigt man allerdings von einem älteren Mac (gar noch mit Festplatte!) auf ein neues MacBook mit SSD um, wird man sich nach wenigen Stunden fragen, wie man es mit dem alten Mac so lange ausgehalten hat. Das MacBook Pro 15" mit Touch Bar ist absolut gesehen ein sehr schnelles Gerät - ein Umstiegsgrund von einem wenige Jahre alten MacBook sollte der Geschwindigkeitsgewinn aber nicht sein.
LautsprecherNach ein paar Tagen Nutzung wird deutlich, dass Apple wirklich eine Menge an den internen Lautsprechern getan hat. Diese überzeugen durch einen erhöhten Dynamik-Bereich und durch erheblich präsentere Bässe. Zwar kommen diese natürlich nicht an externe Lautsprecher heran, für gelegentliches Musikhören sind die eingebauten nun aber durchaus geeignet.
BatterielaufzeitHielt ein MacBook Pro 17" von 2010 mit neuem Akku oder ein MacBook Pro 15" Retina von 2014 etwa 2 - 2,5 Stunden durch, wenn man Xcode nutzt und parallel mit iTunes Musik hört oder eine Serie schaut (Helligkeit des Monitors stets auf voll, WLAN aktiv), schafft das neue MacBook Pro 15" immerhin 4,5 Stunden. Daher kann Apples Angabe Glauben geschenkt werden, dass bei reinem Browsen im Internet durchaus Laufzeiten von bis zu 10 Stunden drin sind.
Jede grundlegende Überarbeitung eines Gerätes bringt naturgemäß auch
einige Nachteile mit sich:
Performance der integrierten GrafiklogikWenn keine aufwändige 3D-Grafik auf dem Bildschirm dargestellt wird, schaltet das MacBook Pro (wie auch viele Vorgängermodelle mit zwei Grafikprozessoren) auf die integrierte Grafiklogik von Intel um (im Fall des MacBook Pro 15" eine Intel HD 530, dieses Verhalten lässt sich aber in den Systemeinstellungen deaktivieren). Diese scheint aber dem Retina-Schirm nicht wirklich gewachsen zu sein: Ist die integrierte Grafiklogik aktiv, merkt man recht häufig, dass die Darstellung der Benutzeroberfläche nicht mit 60 Bildern pro Sekunde gelingt. Beim Wechsel von Spaces, beim Ansehen von Ordnern im Dock und beim Minimieren von Fenstern sind häufig Mikro-Ruckler sichtbar. Schaltet man manuell auf die Radeon 455 um, ist die Darstellung butterweich.
TastaturSo gut das Tippgefühl auch ist, so nervig ist es nach ein paar Tagen, wie laut die Tastatur ist, besonders beim schnellen Schreiben. Natürlich ist dies nicht so, als würde man plötzlich mit einer mechanischen Schreibmaschine tippen - der Unterschied ist aber dennoch deutlich auszumachen. Auffällig ist, dass sich das Geräusch der einzelnen Tasten unterscheidet. So hört sich beispielsweise die E-Taste anders an als die L-Taste. Wer sehr viel schreibt und keine externe Tastatur benutzt, sollte vor dem Kauf die Tastatur des neuen MacBook Pro einmal ausprobieren.
Space-GrauSpace-Grau sieht sehr schick aus - leider ist es ebenso "wartungsintensiv". Auf silbernen Laptops sind Fussel und Staub schwer auszumachen, auf Space-Grau sieht man aber jedes noch so kleine Staubkorn direkt.
Kein MagSafe mehrVielleicht ist dies der größte praktische Nachteil am neuen MacBook Pro: Es wird nur noch per USB-C aufgeladen, nicht mehr über den MagSafe-Stecker. Fällt man über das Stromkabel, fliegt unausweichlich das teure MacBook Pro auf den Boden - hochpreisige Reparaturen oder gar ein Neukauf sind unumgänglich.
Adapteritis?Wie schon oft diskutiert, gibt es außer USB-C, Klinkenstecker oder WLAN keine direkte Anschlussmöglichkeit am MacBook Pro 2016. Alles andere geht nur über Adapter - selbst der Anschluss eines USB-A-Sticks zur Weitergabe von Dateien kann so schnell zum Ärgernis werden. Ist kein Adapter zur Hand, hat man keine Chance. Will man eine Kabel-Tastatur oder Maus anschließen, geht dies auch nur über Adapter. Display-Port-Bildschirm? Adapter. DVI-Bildschirm? Adapter. iPhone mit Standard-Kabel? Adapter...man könnte diese Liste endlos weiterführen. Wer allerdings das Laptop mobil nutzt, ohne Endgeräte anschließen zu müssen, bleibt von diesem Problem verschont. Auch auf dem Schreibtisch kann man sich mit USB-C-Adapterhubs behelfen - trotzdem stellt dies besonders unerfahrene Anwender vor Probleme, wie man USB-Standardgeräte mit dem neuen MacBook verbinden kann.
FazitDas neue MacBook Pro ist ein sehr gelungenes, wenn auch nicht perfektes Gerät. In der Presse wurde das Laptop teils überschwänglich gelobt, teils komplett zerrissen. Ob ein Kauf lohnt, hängt von vielen Fragen ab, die man sich stellen muss:
- Kann ich mit ausschließlich USB-C leben? Wie sehr stören mich Adapter?
- Bringt die Touch Bar in meinem Anwendungsfall tatsächlich Vorteile? Oder betreibe ich das MacBook sowieso nur mit externer Tastatur?
- Wie groß ist der Geschwindigkeitsgewinn im Vergleich zu meinem aktuellen Mac?
- Ist das Tastengeräusch der neuen Tastatur für mich ein Störfaktor?
- Ist mir der hellere Bildschirm den hohen Preis wert?
Sollte das neue MacBook Pro wie die Vorgängermodelle wieder eine effektive Nutzungsdauer von 3-5 Jahren erreichen, relativiert dies die hohen Anschaffungskosten von 2.000 Euro für das 13"-Modell mit Touch Bar bis zu 4.000 Euro für ein gut ausgestattetes 15"-Modell etwas.