Erfahrungen mit watchOS 3: So hätte es von Anfang an sein müssen
watchOS 1 und 2 waren vor allem eines: Langsam. Kaum ein Kommando wurde sofort umgesetzt, der Nutzer musste stets 5 bis 30 Sekunden warten, bis die Uhr wieder reagierte. Zwar klappten die Benachrichtigungs- und Fitness-Funktionen der Uhr hervorragend - der Rest war schlichtweg unbenutzbar. Schnell verging hierdurch die Lust, Apps auf dem kleinen Gerät zu nutzen und doch lieber zum iPhone in die Hosentasche zu greifen.
Dies spiegelte sich auch in vielen Testberichten wieder, als Apple die Apple Watch auf den Markt brachte: Zur Notifizierung und für Fitness geeignet, sonst lieber Finger weg. Apple hätte sich lieber mit der Software 1 bis 2 Jahre mehr Zeit lassen sollen, denn nun hat der Konzern aus Cupertino bewiesen, dass es auf der selben Hardware erheblich besser geht: watchOS 3 macht aus der Uhr ein ganz neues Gerät. Wir schildern die bisherigen Erfahrungen mit der neuen Systemversion.
Startzeiten von AppsJeder Nutzer einer Apple Watch kennt das verdammte Drehrädchen beim Start einer App: Eine gefühlte Ewigkeit vergeht, bis zum Beispiel die Aktien-App oder die Nachrichten-App gestartet ist. watchOS 3 ändert dies nun, da Apps im Speicher gehalten werden und sich im Hintergrund aktualisieren. Startet man in watchOS 3 die Nachrichten-App, sind sofort alle aktuellen Kommunikationskanäle sichtbar und aufrufbar, da diese bereits im Hintergrund vor Aufrufen der App von iPhone übertragen wurden. Dies geschieht periodisch im Hintergrund - jede App hat je nach Nutzung verschiedene Zeitfenster, um sich mit aktuellen Informationen zu versorgen.
Sinnvolle Nutzung der Taste unter der Digital CrownIn watchOS 1 und 2 konnte man über die Taste unter der Digitalen Krone eine Art Karussell mit frei wählbaren Kontakten aufrufen, um diesen eine Nachricht zu schreiben oder anzurufen. Die Bedienung war aber mehr als mäßig, so dass wohl kaum ein Nutzer die Taste häufig verwendet hat. Apple hat diese Funktion ersatzlos gestrichen und durch das Dock ersetzt. Im Dock lassen sich bis zu 10 Apps ablegen und über die Taste sofort aufrufen. Dabei zeigen alle Apps im Dock direkt den aktuellen Stand an (zum Beispiel ist das aktuelle Wetter sofort in der App-Vorschau sichtbar). Damit ersetzt Apple auch die Glances (auf Deutsch “Checks” genannt - zuvor konnte man diese durch Wischen von der Unterkante der Uhr erreichen), welche ebenfalls eine gefühlte Ewigkeit zum Aktualisieren benötigten.
Erinnerungen und Freunde-AppApple hat in watchOS 3 endlich auch die Erinnerungen auf die Apple Watch gebracht. Diese lassen sich durch eine App erreichen oder direkt als Komplikation auf dem Zifferblatt einblenden. Die Erinnerungen-App ist simpel aufgebaut: Es gibt eine Liste mit allen Kategorien, als oberster Punkt steht “Planmäßig” zur Verfügung, in dem alle Erinnerungen mit Datum chronologisch aufgeführt sind. Erinnerungen lassen sich direkt auf der Uhr als “Erledigt” markieren.
Auch die Freunde-App ist Apple in watchOS 3 gelungen: Alle Freunde, die ihren Standort mit dem Nutzer teilen, werden in einer Liste samt Ort und Abstand angezeigt. Auch diese App aktualisiert sich ständig im Hintergrund, so dass bei Aufruf sofort die aktuelle Position des Kontaktes angezeigt wird. Wählt man einen Kontakt aus, wird eine Mini-Karte mit der Position eingeblendet. Zusätzlich kann man eine Nachricht an den Kontakt verfassen oder direkt die Navigation zu dessen Ort starten.
Weitere NeuerungenwatchOS 3 ist bisher das umfangreichste Update für die Apple Watch. Apple hat viele weitere Funktionalitäten in die neuste Version eingebaut, um einen größeren Kundenkreis anzusprechen als bisher. So kann die Apple Watch auch zum Entsperren des Macs genutzt werden (in der aktuellen Version von macOS Sierra und watchOS 3 noch sehr fehlerbehaftet) und dem Träger beim Entspannen mittels der “Atmen”-App assistieren. Fitness-Fetischisten können ihre Erfolge nun mit Freunden teilen und auf Nachrichten lassen sich nun per Malen von Buchstaben auf das Display antworten (in der Entwicklervorabversion 3 nicht funktionsfähig).
VerschlimmbesserungenApple fasst mit watchOS 3 fast alle Funktionen und Apps auf der Watch an - so bleibt es natürlich nicht aus, dass den Entwicklern bei manchen Funktionen Fehlgriffe passieren. So ist die Wetter-App nur noch per Force-Touch zwischen Wetterlage und Temperatur umschaltbar. Zur 10-Tages-Übersicht gelangt man nur noch durch leichtes Drücken des Displays - unerfahrene Anwender werden diese Funktionen nicht entdecken. Zifferblätter lassen sich nun auch durch Swipe ohne vorherigen Force-Touch durchblättern, allerdings passiert öfters aus Versehen, wenn man auf eine Komplikation (kleine Piktogramme/Informationen auf dem Zifferblatt) drücken will.
Qualität der watchOS 3 Beta 3Die aktuelle Beta-Version ist nur für Entwickler zugänglich - wahrscheinlich wird es für watchOS auch keine öffentliche Beta-Version geben. Zwar lässt sich die Entwickler-Beta halbwegs im Alltag nutzen, zufällige Abstürze des ganzen Gerätes und hängengebliebene Apps sind aber an der Tagesordnung. So funktioniert beispielsweise die Aktien-App noch nicht zuverlässig und von Zeit zu Zeit setzen sich die Zifferblätter auf die Standardkonfiguration zurück. Auch der Startvorgang nach einem Neustart dauert ungewöhnlich lange - bis zu 5 Minuten dauert es, bis die Watch wieder einsatzfähig ist.
Batterie-LaufzeitAlle diese Neuerungen haben allerdings auch einen Preis: Sinkende Akkulaufzeit. Zwar handelt es sich bei der aktuellen Beta 3 nach wie vor um eine frühe Vorabversion, welche noch über viel Programmiercode zur Fehlerdiagnose verfügt - trotzdem dürften sich die Neuerungen negativ auf die Akkulaufzeit auswirken. Da Apps immer im Speicher gehalten werden und sich periodisch aktualisieren, wird der Prozessor der Uhr über den Tag mehr belastet als dies bei watchOS 1 oder 2 der Fall war. In unseren Tests sank die Restkapazität des Akkus am Abend von 50-60% bei watchOS 1 und 2 auf 20-35% bei watchOS 3 (grobes Szenario: Uhr etwa 14-16 Stunden am Handgelenk, viele Push-Nachrichten, gelegentliches Antworten per Siri).
Verbesserte Watch-App auf dem iPhoneNicht nur auf der Watch hat Apple viel geändert - auch die Watch-App in iOS 10 hat ein umfassendes Update erhalten. So kann man nun die Zifferblätter direkt in der App auf dem iPhone erstellen, verwalten und verändern. Apple hat auch eine Galerie mit allen verfügbaren Zifferblätter und vielen Beispiel-Konfigurationen als Inspiration hinzugefügt.
FazitwatchOS 3 zeigt, was mit der Hardware der Apple Watch 1 möglich ist und wie die Uhr am ersten Erscheinungstag hätte funktionieren sollen. Während watchOS 1 und 2 schnell Frust beim Nutzer durch lange Wartezeiten erzeugt, lässt sich selbst die frühe Beta fast ohne die lästigen Pausen nutzen. Aus Zeitmangel bei der Software-Entwicklung der initialen Version von watchOS scheint Apple zu viele Kompromisse eingegangen zu sein, um die Uhr möglichst früh auf den Markt zu bringen - die im Alltag tatsächlich nützlichen Funktionen beschränkten sich auf Benachrichtigungen und Fitness-Anwendungen. Mit watchOS 3 werden viele Apps, die der Nutzer in der Vergangenheit aufgrund der langen Ladezeiten gemieden hat, nun endlich nutzbar. Wenn es Apple bis zum Herbst schafft, die noch vorhandenen Fehler in der derzeitigen Beta-Version auszubessern, ist watchOS 3 ein äußerst gelungenes Update und schafft beim Kunden echten Mehrwert.