Kamera/FotoqualitätAm vergangenen Wochenende hatte ich Gelegenheit, mit dem iPhone 6 bei schönem Wetter ein wenig auf Motivjagd zu gehen. Keine ausschweifende Fotosafari, aber für ein paar dutzend Fotos hat es gereicht. Die Beispiele, die Sie in diesem Bericht finden kommen zwar ohne direkte Vergleichsmöglichkeit zum iPhone 5s, aber soweit ich das bis jetzt beurteilen kann, wurde die Bildqualität in zwei Punkten leicht verbessert. Lichter brennen nicht mehr ganz so schnell aus und Schatten zeigen mehr Details bei minimal weniger Rauschen.
Alles in allem betrachtet sind die Unterschiede zum Vorgänger nicht riesig. Solange man nicht auf Pixelebene analysiert, wirken die JPEGs aus dem iPhone 6 sehr ausgewogen und natürlich, ohne zu kräftige Farbsättigung und recht scharf. Zoomt man weiter rein, werden Smartphone-typische Artefakte wie leicht überschärfte Kanten und verwaschene Details (Wasserfarbeneffekt) sichtbar. Diese sind beim derzeitigen Stand der Technik für derart kleine Bildsensoren nicht zu vermeiden und Apple hat die Bildverarbeitung sehr gut im Griff. Vor allem die automatische Belichtung, die sich mit iOS 8 jetzt manuell anpassen lässt, funktioniert ausgezeichnet und sogar besser als bei so manch teurer Fotokamera.
Der verbesserte AF macht sich ebenfalls bemerkbar, wobei ich gestehen muss, dass ich das iPhone 5s nicht sehr häufig zum Fotografieren genutzt habe und daher keine belastbaren Erfahrungswerte habe, mit denen ich vergleichen könnte. Wie es scheint, ist vor allem die Erkennung für nahe/ferne Objekte verbessert worden, was eine zügigere Refokussierung mit sich bringt. Apple spricht in seinen Marketingtexten von „Focus Pixels“, womit höchstwahrscheinlich die Implementation von Phasen-AF auf dem Bildsensor gemeint ist. Bisher konnte das iPhone nur mit Kontrast-AF scharfstellen. Der Unterschied zwischen diesen beiden Methoden ist sehr bedeutend, weshalb ich das für die Nicht-Fotoexperten an dieser Stelle noch mal kurz ausführen möchte. Bei der Kontrast-AF-Einstellung sucht die Software während des Fokussierens im Bild nach den Stellen mit dem höchsten Kontrast. Das erlaubt zwar eine äußerst genau Scharfstellung, aber hierbei muss die Steuerlogik erst per Versuch-und-Irrtum herausfinden, in welche Richtung der Fokus bewegt werden muss. Beim Phasen-AF ist dies nicht der Fall. Durch die Messung der Phasendifferenz weiß die Elektronik sofort, ob sie weiter weg oder näher ran fokussieren muss. Dadurch entfällt das sogenannte Fokuspumpen, was bei der Kontrastmessung für mehrfaches hin- und her bewegen der Linsenelemente sorgt. Bei Phasen-AF ist – theoretisch – nur eine einzige Bewegung vom Ausgangspunkt bis zum Fokuspunkt nötig und der Weg ist sehr schnell ermittelbar. In den besten heutigem Kameras werden die Vorteile von Phasen- und Kontrastmessung miteinander kombiniert, um eine schnelle und zugleich sehr genaue Scharfstellung zu ermöglichen.
Soviel zur Theorie. In der Praxis erkennt man beim Fokussieren durch Antippen des iPhone-6-Displays oft eine Bewegung hin und wieder zurück, bevor das Motiv eindeutig scharfgestellt ist. Das geht zwar recht flott, aber nicht so schnell wie bei besseren Fotokameras. Im Videomodus habe ich den AF bisher noch nicht getestet, aber da sollte sich der Vorteil von "Focus Pixels" deutlicher bemerkbar machen. Im Vergleich zu Kameras mit erheblich größeren Bildsensoren wie Four Thirds, APS-C bis hin zu Vollformat, lassen sich mit dem iPhone auch weiterhin keine Aufnahmen mit Unschärfeeffekten im Vorder-/Hintergrund erzeugen. Dieses auch „Bokeh“ genannte Phänomen trägt in vielen Motivsituationen erheblich zu einem besonders angenehmen Bildeindruck bei. Smartphones mit ihren kleinen Sensoren können diesen optischen Effekt nicht erzeugen und höchstens mit speziellen Filtern simulieren, die aber bis heute noch nicht dem natürlich erzeugten Bokeh das Wasser reichen können. Von Haus aus stehen derartige Filter im iPhone auch gar nicht zur Verfügung. Ob es entsprechende Foto-Filter im App Store gibt, ist mir nicht bekannt.
Ein weiteres Manko der kleinen Smartphone-Bildsensoren ist ihre geringere Lichtempfindlichkeit und daraus resultierend ihr höheres Bildrauschen. Die Sensortechnik hat zum Glück in den letzten Jahren auf diesem Gebiet große Fortschritte gemacht und so sind bei guten bis mittleren Lichtverhältnissen auch mit Smartphones sehr brauchbare Aufnahmen möglich. Im Vergleich zu Kameras mit erheblich größeren Sensoren bleibt aber ein erheblich höheres Rauschen. Durch seine Beschränkung auf 8 Megapixel, wodurch die einzelnen Photodioden auf dem Chip relativ groß bleiben, und kombiniert mit verbesserten Algorithmen zur Rauschreduzierung, kann das iPhone 6 auch in schummrigen Situationen noch brauchbare Schnappschüsse machen, wobei sich im Vergleich zum Vorgänger hierbei aber keine großen Verbesserungen zeigen. Der Abstand zu Kameras mit großen Sensoren bleibt riesig. Eine Smartphone-Kamera wie die des iPhone 6 kann heute ein guter Ersatz für digitale Kompaktkameras der Konsumerklasse sein – was auch der Grund dafür ist, dass die „klassische“ Kompaktkamera immer mehr an Bedeutung verliert und sich die Hersteller verstärkt auf höherwertige Kameras mit größeren Sensoren konzentrieren, die noch einen gehörigen Respektabstand zu Smartphone-Kameras bieten.
> Zu den Bildern: Während die Aufnahmen bei hellem Tageslicht als gutes Beispiel dafür angesehen werden können, was heutzutage mit einer Smartphone-Kamera machbar ist, zeigt insbesondere das letzte Foto die (engen) Grenzen auf. Bei einem ISO-Äquivalent von gerade mal 320 ist unter schlechten Lichtbedingungen mit einem sehr dunklen Motiv und teilweise harschem Gegenlicht erhebliches Rauschen, respektive sind deutliche Artefakte der Rauschunterdrückung zu erkennen. Was dem iPhone ebenfalls abgeht, ist die Möglichkeit zum (optischen) Zoomen. Es steht lediglich eine Festbrennweite von 4,2 mm zur Verfügung, was auf das übliche Kleinbildformat umgerechnet 29 mm entspricht, also leicht weitwinklig ausgelegt ist. Der Crop-Faktor beträgt demnach 6,9x. Zum Vergleich: Bei Four Thirds ist der Crop-Faktor 2,0 und bei APS-C 1,5 bis 1,6x (je nach Hersteller). Vollformat (aka Kleinbild 24 x 36 mm) als Maßstab hat den Crop-Faktor 1,0. Anhand des Crop-Faktors ist sehr gut nachvollziehbar, wie klein der Sensor im iPhone 6 im Vergleich zu herkömmlichen Digitalkamera-Sensoren ist. Nur so lässt sich überhaupt eine passende Optik in dem super flachen Gehäuse unterbringen.
Mit weiterhin 8 Megapixeln Auflösung sind die Möglichkeiten zum „hinein zoomen“ durch Bildbeschnitt (Cropping) relativ begrenzt. Dafür bietet der Sensor des iPhone 6 eine höhere Lichtempfindlichkeit als vergleichbar große Sensoren mit deutlich mehr Pixeln. Aus fotografischer Sicht also eine nachvollziehbare Entscheidung von Apple, nicht unnötig die Megapixel hochzuschrauben und damit die Dateigrößen hochzutreiben, denn für die üblichen Social-Media-Anwendungen sind schon 8 Megapixel mehr als genug. Bei Panorama-Aufnahmen können jetzt allerdings deutlich größere Dateien mit bis zu 43 Megapixeln erzeugt werden. Das folgende Panorama hat im Original eine Größe von 11.018 x 2.960 Pixeln bei 13,6 MB Dateigröße. Für die Darstellung hier im Web habe ich es auf 50% verkleinert und etwas stärker komprimiert, um auf eine Größe von weniger als 4 MB zu kommen.
1/1000 sec; f/2,2; ISO 40Im Gegensatz zur genauen Brennweite macht Apple um die Offenblende kein so großes Geheimnis. Diese liegt bei f/2,2, was gut, aber nicht spektakulär ist. Insgesamt gilt: Für die Sensor- und Optikgröße des im iPhone 6 verbauten Kameramoduls hat Apple das derzeit machbare verbaut und zu einer stimmigen Einheit aus Hard- und Software kombiniert. Ja, es gibt Smartphone-Kameras mit mehr Megapixeln, aber die sind nicht zwangsläufig dadurch besser und auch nicht so kompakt, wie die in dem sehr flachen iPhone 6 untergebrachte Kamera. Wie bei dem Display die Auflösung bzw. Pixeldichte, so sollte auch bei Kameras das „Megapixel-Denken“ raus aus den Köpfen und vielmehr das Gesamtpaket betrachtet werden. Die Ausgewogenheit der iPhone-Fotos sind ein Beleg dafür, dass Apple natürlich wirkende Ergebnisse beeindruckenden technischen Daten vorzieht, was ich sehr lobenswert finde.