Es wird kritisch für Apple: Große Kartellklage eingereicht, US-Justizministerium geht gegen den Konzern vor
Einige grundlegende Regeln rund um das iPhone und den App Store gehören seit diesem Jahr in der EU der Vergangenheit an. Doch ebenfalls in den Vereinigten Staaten ist Apple unter Beobachtung: Das amerikanische Justizministerium ist dem kalifornischen Unternehmen auf den Fersen. Schon im Februar musste sich der iPhone-Konzern dem obligatorischen Vorgespräch zur Klageerhebung aussetzen und von da an war es nur noch eine Frage der Zeit, wann die Untersuchungsergebnisse endlich dem Gericht vorgetragen werden.
Jetzt ist es so weit: Das Justizministerium sieht derart viele Belege für widerrechtliches Verhalten, dass es Apple so wie Microsoft in den 90er Jahren ergeht. Eine großangelegte Kartellklage wurde nämlich
eingereicht – und in vielen Punkten dürften einschneidende Veränderungen anstehen. Es besteht unter Wettbewerbshütern wenig Zweifel daran, dass Apple konsequent die eigene Marktmacht missbraucht, um direkte Konkurrenten zugunsten eigener Produkte zu behindern.
Es geht den Größen der Branche an den KragenDie kartellrechtlichen Bedenken hatten sich gehäuft und die Untersuchungen reichen bereits in das Jahr 2019 zurück: Vor beinahe fünf Jahren hatte Spotify die US-Kartellhüter durch eine Beschwerde auf den Plan gerufen. Ein Jahr später kam ein Unterausschuss zu dem Ergebnis, dass Big Tech zahlreiche Monopole besäße, die an Zeiten der „Ölbarone und Eisenbahnmagnaten“ erinnern. Die großen Technologieunternehmen wie Meta, Google und Amazon haben es sich bereits auf der Anklagebank gemütlich gemacht und nun stößt auch Apple hinzu. Das Unternehmen verhindere konsequent, dass Konkurrenz zu eigenen Diensten aufkommen könne und gestalte die Bedingungen ganz bewusst in dieser Weise – stets unter dem Vorwand, damit für mehr Sicherheit zu sorgen.
Doch auch Apple Pay und Cloud Gaming befinden sich auf der Agenda der Behörden. Die Abschwächung der AirTag-Konkurrenz durch bewusste Abschottung der Ortungsdienste ist genauso ein Tagespunkt wie Apples Tracking-Gebaren. Das Unternehmen schränkt stark ein, wie Drittanbieter Nutzerdaten erfassen können – ist selbst aber beim Tracking und Aufzeichnen von Nutzeraktivitäten so
eifrig wie kaum jemand sonst.
Von Reparaturpraxis und Behinderung externer Dienstleister bis hin zu vorinstallierten und nicht löschbaren Apps reichen andere Kritikpunkte. Zu guter Letzt untersuchten die Behörden genauso die Exklusivität des hauseigenen Nachrichtendienstes iMessage – und selbstverständlich die Regeln rund um den App Store, Gebühren für App-Käufe und weitere Bestimmungen, mit denen Apple die eigene Plattform abschottet.
Noch lange kein Land in SichtAndere US-Großunternehmen hatten sich noch kurz zuvor noch über die Art und Weise echauffiert, auf welch perfide Weise das kalifornische Unternehmen sich seiner Anti-Steering-Bemühungen entledigte. Indessen setzt sich das große Finale der langwierigen Untersuchungen in Gange: In den USA ist man bestrebt, nicht nur dem Vorbild der EU-Regelungen zu folgen, sondern in vielfacher Hinsicht noch sehr viel schärfer darauf zu achten, wie sich Apple gegenüber Konkurrenten verhält.
Hierzulande sah sich Cupertino gezwungen, 600 neue Schnittstellen zu entwickeln, um iOS mit zusätzlichen Marktplätzen und Zahlungsoptionen auszustatten. Da diese bereits existieren, dürfte es das Justizministerium in Übersee wesentlich leichter haben, für eine Öffnung des App Stores zu argumentieren. Apple wird derlei Bestreben der Justiz aller Voraussicht nach nicht an sich vorbeiziehen lassen und sicherlich den Zeitrahmen voll ausschöpfen. Der anstehende Prozess dürfte daher einen mehrere Jahre andauernden Kreislauf aus Gerichtsentscheiden und Berufungsverfahren herbeiführen.
Apples Verhalten in der EU könnte die Lage noch mehr verschärfenEbenfalls bedrohlich für Apple ist, dass in den USA natürlich sehr genau beobachtet wird, wie Apple in der EU mit den neuen Vorgaben umgeht – und Sorge dafür trug, die neuen Bedingungen so verworren und unattraktiv zu gestalten, dass die neue Freiheit nur auf dem Papier existiert. Wenn beispielsweise Navigations-Apps von Drittanbietern nur in der EU und nur auf dem iPhone zur Standard-App werden dürfen, sonst aber nirgends, spricht dies Bände hinsichtlich Apples Geschäftsstrategie. Genau diese Aktionen, und derlei gibt es viele, können dem Unternehmen nun in den USA schwer auf die Füße fallen – man dürfte von Anfang an Sorge dafür tragen, noch eindeutiger vorzugeben, wie Apple zu reagieren hat.