Facebook in Bedrängnis: Klage startet, Enthüllungen reißen nicht ab
Washington D.C. hat gestern eine Klage gegen Facebook eingereicht. Die Schrift beschuldigt den Konzern, die Nutzer der gleichnamigen Plattform in die Irre geführt zu haben. Facebook habe seit zwei Jahren gewusst, dass ein Drittanbieter auf der Seite Daten über Nutzer sammelt und weiter verkauft – ohne deren Wissen oder Einverständnis. Außerdem soll es Facebook-Partnern gestattet gewesen sein, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Nutzer auf deren Daten zuzugreifen. Daneben veröffentlicht die
New York Times einen großen Bericht, in dem man liest, welche Geschäftspartner Nachrichten der Nutzer lesen durften und welche nur die Freundesliste durchstöbern.
Facebook freut sich schonDie Reaktion des Social-Media-Konzerns auf die Klage lautet: "Wir prüfen die Beschwerde und freuen uns auf die Fortsetzung unserer Gespräche mit Generalstaatsanwälten in D.C. und anderswo". Die gute Stimmung im Hacker Way 1 nimmt man dem Konzern nicht ab: Der Aktienkurs rauscht in die Tiefe, nachdem US-Medien nachweisen konnten, dass der Plattformbetreiber Dutzenden von Firmen Zugang zu den Daten seiner Nutzer gegeben hat: Zu Nachrichten, zu Kontakten, jahrelang. Damit sieht es so aus, als ob Mark Zuckerberg vor dem US-Kongress gelogen hat, als er behauptete, Facebook-Nutzer hätten die volle Kontrolle über ihre Daten. Diverse Senatoren zeigten sich gestern sauer und eventuell darf sich Facebook in dieser Sache auf weitere Klagen "freuen".
Entgegen der DatenschutzeinstellungenWashingtons Generalstaatsanwalt Karl Racine scheint besonders aufzustoßen, dass Facebook anscheinend seinen Partnern erlaubt hat, die Datenschutzeinstellungen der Plattform-Mitglieder zu überschreiben, um ohne deren Wissen oder Zustimmung an die Daten zu gelangen. Entsprechend der Klageschrift soll Facebook gezwungen werden, seinem "Versprechen gerecht zu werden, die Privatsphäre seiner Nutzer zu schützen". Vor sechs Jahren hat Facebook in einem Abkommen mit der Verbraucherschutzbehörde FTC (Federal Trade Commission) bereits einen sorgfältigeren Umgang mit den persönlichen Daten seiner Kunden zugesagt. Der Konzern unterstrich gestern in einer Mitteilung auch, dieses Abkommen sei nicht verletzt worden. Sollte sich das Gegenteil herausstellen, drohen empfindliche Geldstrafen. Auch im Streit mit Washington D.C. und Karl Racine geht es um viel Geld: Am Ende könnte das Gericht bis zu 1,7 Milliarden US-Dollar Strafe gegen Facebook verhängen, 5000 Dollar für jede/n Betroffene/n.
Jeden Tag neue EnthüllungenSeit Monaten schaukelt Facebook von einer Krise zur anderen. Vergangene Woche kam heraus, dass womöglich durch eine Datenpanne die Fotos von 6,8 Millionen Nutzern kompromittiert wurden. Nun veröffentlicht die New York Times, 150 Partner Facebooks konnten auf sensible Daten zugreifen. So soll Microsofts Suchmaschine Bing unabhängig von deren Einverständnis Zugriff auf die Namen von Facebook-Freunden gehabt haben, Netflix und Spotify auf private Nachrichten und Amazon auf Nutzernamen und Kontaktinformationen. Anfang Dezember erfuhr die Öffentlichkeit durch geleakte E-Mails von
Facebooks Weisungen, Partnerunternehmen Datenzugänge zu erlauben.