Fitness statt Vogue: Ist die Apple Watch als Modeaccessoire gescheitert?
Wasserdicht bis 50 Meter, eigenes GPS, Partnerschaft mit Nike - die Vorstellung der Apple Watch Series 2 am gestrigen Abend stand ganz unter dem Fitness-Stern. Für Schwimmer und Jogger soll sie optimiert sein. Pünktlich zur Vorstellung
startete Apple sogar eine neue Werbekampagne, die kein Apple-Produkt, sondern gesunden Lebenswandel zum Thema hat. Das auffällige daran: Fast kein Wort mehr zu dem bis vor Kurzem noch so wichtigen Modeaspekt der Smartwatch.
Anfänge: Einstieg ins Gesundheitssegment erwartetAls 2013 die ersten Gerüchte zu einer »iWatch« auftauchten, war Apple bemüht, das Produkt zu einer Zentrale für Gesundheitsdaten aufzubauen. Die Entwicklung der Health-App, die mit iOS 8 Eingang ins iPhone-Betriebssystem fand, und den damals vermuteten Sensoren der Uhr war vom großen Einstieg Apples ins Gesundheitssegmet die Rede.
Apple Watch 1: Vermarktung als ModeobjektDoch als die Apple Watch im September 2014 schließlich vorgestellt wurde und ab März 2015 dann in den Verkaufsregalen lag, hatte sich die Tonlage bereits deutlich geändert. Der Fokus lag nun auf Worten wie chic und edel - die Apple Watch wurde unter anderem in Geschäften exklusiver Modelabels verkauft. Insbesondere die Apple Watch Edition aus Echtgold für horrende Preise wurde als langfristige Anlage gepriesen, ähnlich anderen Schmuckstücken. Die Partnerschaft mit der französischen Marke Hermès und Interviews der Apple-Führungsriege in Modeblättern zeichneten ein klares Bild von Apples Watch-Strategie.
Apple Watch 2: NeuorientierungGenauso klar ist nun aber auch ein Zurückrudern zu erkennen - am sichtbarsten wohl an der Apple Watch Edition. Der Name bleibt uns zwar erhalten, aber die Ausführungen in 18-Karat-Gelbgold oder -Roségold sind klanglos aus dem Angebot verschwunden. Die neue Edition besteht aus Keramik, erhielt aber auf dem Event gestern auch nicht viel Aufmerksamkeit. Die Unterscheidung zwischen Apple Watch und Apple Watch Sport hat der Konzern aufgegeben - ein weiteres Indiz dafür, dass das Gesamtprodukt inzwischen als »Sportprodukt« angesehen wird. Schließlich und endlich weist die neue, gestern lang beworbene Partnerschaft mit dem Sportartikelhersteller Nike für die Apple Watch Nike+ auf den veränderten Fokus hin.
Warum der mehrmalige Wechsel?Die Gründe für das Hin und Her der Produktplatzierung wird von Apple natürlich nicht kommuniziert. Nur anhand von kleinen Hinweisen kann man sie erahnen. So verriet Cook etwa in einem Interview Ende 2015, dass sich die Apple Watch nicht zu einem medizinischen Gerät weiterentwickeln werde - zu dieser Zeit war Apple bereits weg vom Fitness- und Gesundheitsfokus hin zur Modebetonung gewechselt. Als Hintergrund galt die Notwendigkeit in den USA, medizinische Produkte von der Food and Drug Administration (FDA) genehmigen zu lassen. Höchstens mit einer App oder einem anderen Produkt werde Apple diese Genehmigung anstreben, so Cook damals, nicht aber mit der Apple Watch.
Was nun die Motivation für eine Rückkehr zum Fitness-Fokus gewesen ist, lässt sich wiederum recht leicht erahnen. Apple hat die Absatzzahlen der Apple Watch zwar nie bekannt gegeben, schon gar nicht aufgeschlüsselt, aber dass das goldene Vorzeigemodell Edition hinter allen Erwartungen zurückblieb, darf gerne angenommen werden. Ihre Rolle als Wertanlage konnte sie nicht einnehmen, da sie trotz allem im Wesentlichen ein Elektronikprodukt war, das sehr schnell »outdated« ist, also das Gegenteil einer gewinnbringenden Anlage. Auch in verschiedenen Umfragen
erklärten die Käufer der Watch, dass sie das Produkt nicht als modisch, sondern als nützlich ansehen. Dieser Tendenz hat Apple mit der Series 2 offensichtlich nachgegeben. Das heißt nicht, dass der Modeaspekt nun vollständig aus den Augen verloren wird, aber das Marketing für die Apple Watch setzt sicherlich künftig mehr auf Sportler denn auf die Vogue.