Forscher: Festplatten sind besser fürs Klima als SSDs
Apple und fast alle anderen Computerhersteller haben sich mittlerweile nahezu komplett von Festplatten verabschiedet. In allen Geräten aus Cupertino verrichten seit Jahren ausschließlich SSDs ihren Dienst als Datenspeicher, HDDs lassen sich in MacBook, Mac mini und iMac nicht einmal mehr einbauen. Die einstmals allgegenwärtigen magnetischen Datenträger kommen heutzutage nur noch als „Datengräber“ oder Backup-Medien zum Einsatz, etwa in externen Laufwerken, NAS-Boxen, Servern und Rechenzentren. Da die rein elektronischen SSDs erheblich energieeffizienter sind als ihre mechanischen Pendants und somit weniger Strom verbrauchen, sollte man meinen, dass sie auch klimafreundlicher sind.
SSDs haben ein „schmutziges Geheimnis“Das stimmt so nicht, behaupten zwei Wissenschaftler. Swamit Tannu von der University of Wisconsin-Madison und Prashant J. Nair von der University of British Columbia haben die CO2-Fußabdrücke der beiden Speicherarten berechnet und miteinander verglichen. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen veröffentlichten sie im Rahmen des Workshops
Hotcarbon 2022 in einem siebenseitigen Papier mit dem Titel „The Dirty Secret of SSDs: Embodied Carbon“ (
PDF-Datei). Ein Flash-Speicher mit einer Kapazität von einem Terabyte, welcher fünf Jahre im Einsatz ist, sorgt den Forschern zufolge für einen Kohlendioxid-Ausstoß von rund 184 Kilogramm. Das ist fast die doppelte Emissionsmenge einer gleich großen Festplatte, diese kommt auf etwas mehr als 99 Kilogramm CO2. Das Fazit von Tannu und Nair: SSDs sind viel klimaschädlicher als HDDs.
Hoher CO2-Ausstoß bei der SSD-ProduktionDer signifikante Unterschied bei den CO2-Emissionen hat seinen Grund in der Tatsache, dass für die Produktion von Flash-Speicher erheblich mehr Energie erforderlich ist. Dieser „Kohlendioxid-Rucksack“ macht 80 Prozent des Klimagas-Ausstoßes einer SSD aus. Der anfängliche Nachteil lässt sich den Berechnungen der Forscher zufolge während einer fünfjährigen Nutzungszeit nicht annähernd kompensieren. Eine Steigerung der Effizienz etwa durch die Verringerung der Strukturbreiten und die damit einhergehende Steigerung der Transistorenanzahl schafft hier übrigens keine Abhilfe. Dadurch erhöht sich nämlich der Energiebedarf bei der Herstellung der Flash-Chips.
Forscher: Flash-Speicher müssen länger genutzt werdenTannu und Nair zufolge gibt es lediglich einen Ausweg aus dieser Situation. Damit SSDs klimafreundlicher werden als Festplatten, müssen sich die Nutzungsdauern erheblich erhöhen. Möglich wäre das laut den Forschern, indem man die heute üblichen Multi-Level-Cells (MLC) nach dem Ende ihres üblichen Lebenszyklus per Firmware-Modifikation in Single-Level-Cell-SSDs (SLC) konvertiert. Das würde zwar die Speicherkapazität drastisch reduzieren, allerdings könnten die Flash-Speicher so noch etliche Jahre weiter eingesetzt werden. Entsprechende Verfahren gibt es jedoch bislang nicht.