Apple machte in den vergangenen Jahren bei den eigenen Apple-A-Chips so große Fortschritte, dass selbst ein iPhone 11 in manchen Benchmarks mit den Top-Prozessoren von Intel und AMD mithalten kann. Besonders in Anbetracht der Tatsache, dass die Prozessoren im iPhone und iPad passiv gekühlt sind, beeindrucken die Leistungswerte der A-Chips. Doch der Umstieg hat natürlich nicht nur rosige Seiten, sondern wird auch einige Stolpersteine mitbringen. Hier einige Fragen & Antworten zum Umstieg.
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Wie schnell sind die ARM-Prozessoren in den kommenden Macs?Dazu nannte Apple weder auf der WWDC-Keynote noch auf der "Platforms State of the Union" konkrete Werte. Auch der Entwickler-Mac-Mini mit A12Z wird nur im geringen Maße Rückschlüsse darauf zulassen, wie schnell die kommenden ARM-Macs sein werden. Den A12Z setzt Apple derzeit beim iPad Pro ein – es ist zu vermuten, dass die Prozessoren für den Mac auf dem A13 oder dem kommenden A14 basieren.
Apple erwähnte aber auf der Keynote und auch im "Platforms State of the Union"-Video mehrfach, dass die kommenden Macs schneller und zeitgleich energieeffizienter sind. Apple würde sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen, wenn dies nur eine Steigerung um beispielsweise 20 Prozent bedeuten würde – es ist damit zu rechnen, dass die ARM-Macs spürbar schneller werden, besonders die Notenbooks. Sollte Apples Aussage zutreffen, dass die Apple-A-Architektur "wunderbar" skaliert, könnte Apple sogar bald das schnellste, am Markt verfügbare Laptop liefern – dies sind aber derzeit nur Spekulationen.
Auch mehr als auffällig ist, wie oft Apple im "Platforms State of the Union"-Video erwähnte, dass sich die ARM-Macs für Spiele eignen. Aufwendige Spiele sind nur auf den allerwenigsten, aktuellen Macs möglich – der Großteil der Macs wird mit integrierten Grafikeinheiten von Intel betrieben, welche zwar in den letzten Jahren Fortschritte machten, sich aber nicht wirklich für Spiele eignen. Nur auf Macs mit dedizierten GPUs sind grafisch hochwertige Spiele ausführbar.
Wie ist die Akku-Laufzeit der ARM-Macs?Auch hierüber lässt sich nur spekulieren. Apple sagte nur, dass die kommenden ARM-Macs schneller UND effizienter seien – mehr nicht. Über diese Frage kann man erst fundiert diskutieren, wenn bekannt ist, welche konkreten Prozessoren in den kommenden ARM-MacBooks zum Einsatz kommen und welche Akkus Apple verbaut.
Welche Prozessoren bekommt der Mac?Derzeit nennt Apple nur, dass der Mac zukünftig auf "Apple Silicon" läuft – also auf Apple-eigenen Chips. Doch während der Keynote wie auch im "Platforms State of the Union"-Video sagte Apple mehrfach, dass Apple dem Mac "eigene" Prozessoren spendiert – welche sich wahrscheinlich vom A13 und A14 aus dem iPhone unterscheiden.
Apple meint damit wahrscheinlich, dass der Mac-Prozessor nicht über die selbe Core-Konfiguration wie die iPhone-Chips verfügt. Beim A13 im iPhone 11 setzt Apple zwei schnelle Kerne und vier Effizienz-Kerne ein – dies wird Apple wahrscheinlich dahingehend anpassen, dass beim Mac mehr schnelle Kerne und weniger auf Effizienz getrimmte Cores werkeln. Denkbar sind hier Konfigurationen wie zum Beispiel 4 schnelle Kerne und 2 Effizienzkerne oder alternativ 6+2 oder 8+2 Kerne.
Es ist zu vermuten, dass Apple dem Mac-Prozessor einen eigenen Namen gibt. Schon bei der Apple Watch nannte Apple den Chip nicht "A", sondern "S".
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Kann man auf den ARM-Macs Windows und Windows-Programme ausführen?Apple gab nur eine indirekte Antwort: ARM-Linux und Docker-Container-Images lassen sich virtualisieren – doch x86-Windows erwähnte Apple nicht. Daher ist davon auszugehen, dass es auf ARM-Macs nicht mehr möglich ist, nativ Windows auszuführen oder zu virtualisieren. Auch Windows für ARM, welches Microsoft seit einiger Zeit anbietet, funktioniert wahrscheinlich nicht: Apple kündigte nicht an, Grafiktreiber für die GPUs des A-Chips anzubieten. Dies heißt natürlich nicht, dass dies nicht in Zukunft trotzdem der Fall sein könnte – aber anfänglich ist Windows auf dem Mac gestorben. Eine Software-Emulation eignet sich hingegen nur für weniger rechenintensive Aufgaben – normalerweise ist eine Software-Emulation um den Faktor 5 bis 10 langsamer als nativer Code.
Wird es noch Grafikprozessoren von AMD oder gar Nvidia geben?Über GPUs von Drittherstellern verlor Apple kein Wort – Apple betonte nur, wie schnell die integrierte GPU der Apple-A-Chips ist und dass es sich um ein Unified-Memory-System handelt, mit welchem die integrierte GPU und CPU zeitgleich lesend und schreibend auf den gemeinsamen Arbeitsspeicher zugreifen können. Ob Apple für erweiterbare Macs wie den Mac Pro weiterhin AMD-GPUs anbietet, steht in den Sternen. Technisch ist dies wohl möglich – aber die Entscheidung wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell die Apple-eigenen GPUs sind und wie gut diese mit Taktrate und Kühlung skalieren.
Wird es noch externe GPUs (eGPUs) geben?Auch auf diese Frage gibt es derzeit keine konkrete Antwort. Sollte Apple Unterstützung für AMD-GPUs anbieten, bleibt noch die Frage, ob Apple Thunderbolt beim Mac weiterhin unterstützt – das iPad Pro verfügt zwar über einen USB-C-Anschluss, jedoch nicht über Thunderbolt-Funktionalitäten, welche für den Betrieb von E-GPUs benötigt ist.
Wie kompatibel ist Rosetta 2.0?Die Entwickler-Dokumentation gibt erste Hinweise auf die Kompatibilität und nennt nur wenige Einschränkungen: x86-Kernel-Extensions und x86-Virtualisierungslösungen sind nicht kompatibel – ansonsten sollen alle Apps laufen. Eine kleine weitere Einschränkung bezieht sich auf Apps, welche auf bestimmte, neuere Prozessorfunktionen der Vektoreinheit angewiesen sind – die allermeisten Apps überprüfen aber, ob ein Prozessor mit diesen Funktionen vorliegt.
Anders als zuerst spekuliert funktionieren auch Programme, die OpenGL und OpenCL einsetzen. Ob hier eine hohe Kompatibilität gewährleistet ist, dürften erste Tests bald zeigen – die Funktionsweise der Apple-GPU unterscheidet sich von Intel- und AMD-GPUs.
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Wird der Mac ein iPad?Die Design-Sprache von macOS Big Sur zeigt in Richtung iPad – allerdings betonte Apple mehrfach im "Platforms State of the Union"-Video, dass der Mac ein Mac bleiben werde. Wie haltbar diese Aussage ist, dürfte sich in fünf bis zehn Jahren zeigen. Da Apple aber mit macOS Big Sur und dem A-Umstieg wieder sehr in den Mac investiert, sieht das Unternehmen wohl weiterhin eine Zukunft im klassischen Computer- und Laptop-Markt.
Wann kommen die ARM-Macs? Ist schon etwas zu Preisen bekannt?Apple sagte auf der Keynote, dass erste Macs bis zum Ende des Jahres auf dem Markt sind. Da ARM-Macs zwingend macOS Big Sur voraussetzen, ist eine Vorstellung vor September/Oktober 2020 nicht zu erwarten. Apple nannte auch noch nicht, welche Macs zuerst auf ARM umgestellt werden.
Zu Preisen ist auch noch nichts bekannt. Es ist allerdings zu vermuten, dass die kommenden ARM-Macs zumindest nicht teurer werden. Da Apple die Prozessoren nicht mehr von Intel beziehen muss und bei der Entwicklung auf viele bereits vorhandene Komponenten vom iPhone und iPad zurückgreifen kann, sollten die Preise entweder sinken oder gleich bleiben.
Wie lange brauchen App-Entwickler für die Umstellung?Für Apps, welche nur Apple-Frameworks nutzen und keine Abhängigkeiten zu Dritthersteller-Frameworks haben, sollte die Umstellung schnell gehen. Wir probierten in der Nacht, MacStammbaum 9 für ARM-Macs zu kompilieren – und waren
sofort erfolgreich. Daher ist damit zu rechnen, dass bereits beim Start der ARM-Macs viel Software als native Version vorliegt.
Sollte eine App nicht als native Version zur Verfügung stehen, ist dies aber weniger tragisch als beim Intel-Umstieg: Rosetta 2.0 übersetzt das Programm in den allermeisten Fällen bereits bei der Installation, so dass es sich um "fast-nativen" Code handelt und die Ausführgeschwindigkeit nur leicht sinkt.