Fusion Drives – vom smarten Kompromiss zur tickenden Zeitbombe
Seit 2012 bot Apple ihre Desktop-Macs mit einem speziellen Laufwerk an, das gleichermaßen massig Speicherplatz und schnelle Abrufgeschwindigkeit ermöglichen sollte: das Fusion Drive. Es besteht aus einer SSD mit relativ geringem Volumen und einer 2,5-Zoll-Festplatte. Für den Anwender erschien dies als ein einziges Laufwerk; die SSD war im Normalbetrieb nicht sichtbar. Stattdessen kümmert sich die Systemkomponente CoreStorage um die Datenverteilung. Sie erkennt eigenständig die am häufigsten genutzten Dateien und legt sie auf der SSD ab. Alle selten benötigten Daten landen auf der Festplatte. Im Idealfall arbeitet das Speichermedium weitestgehend mit SSD-Geschwindigkeit und die seltenen, behäbigeren Festplattenzugriffe fallen im Alltag nicht ins Gewicht, bieten gleichzeitig jede Menge Raum für Fotos, Videos und Musik.
Doch wie gut ist dieser Kompromiss, knapp fünf Jahre nach Vorstellung des letzten Macs mit Fusion Drive? Manche Hybridlaufwerke sind mittlerweile 12 Jahre alt – und erreichen ihre maximale erwartbare Lebensdauer. Der umtriebige Mac-Blogger Howard Oakley hat sich die Nutzungsstatistik seines persönlichen Fusion Drive angesehen und denkt nun über die
Langlebigkeit der SSD-Komponente nach. Mittels des Laufwerkdiagnose-Tools
DriveDx (40 US-Dollar; kostenlose Testversion verfügbar) las er 2018 aus, wie viele Daten auf den Flash-Speicher geschrieben wurden. Die Schreibzugriffe bestimmen nämlich die Lebensdauer von Solid-State-Laufwerken. CoreStorage setzt auf Geschwindigkeit auf Kosten der Langlebigkeit der SSD-Komponente: In den ersten drei Jahren wurden 21 TByte auf die 120 GByte Flash-Speicher geschrieben – und damit waren ein Viertel der SSD-Belastungszyklen verbraucht.
Die SSD im Fusion Drive eines sieben Jahre alten iMacs hat etwa die Hälfte seiner vorgesehenen Schreibzyklen aufgebraucht.
Je oller, je doller (die Abnutzung)Die SSD seines Fusion Drives kam bereits mit der maximalen Größe von 120 GByte. Ältere Macs hatten Fusion Drives mit anfangs nur 24 GByte Flash-Speicher – dieselbe Anzahl an Schreibzyklen brächte bei gleicher Nutzung die SSD-Komponente damit deutlich über die geplante Nutzungsfähigkeit. Trotz dieser hohen Belastungen höre er in seinem Umfeld, dass eher die Festplatte als der Flash-Speicher den Geist aufgebe. Eine weitere wichtige Erkenntnis: Das Fusion Drive besteht aus zwei Komponenten, deren individuelles Scheitern das gesamte Laufwerk zerlegen. Die Fehlerraten addieren sich also.
Auch die Software kann scheiternDas motiviert Oakley dazu, seine bisherige Empfehlung für Fusion Drives etwas zu revidieren: Zwar boten Fusion Drives lange Zeit ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, auf lange Sicht treten bei ihnen im Durchschnitt deutlich früher Defekte auf als bei einer (deutlich teureren) SSD. Im Kommentarbereich des Artikels ergänzt ein Leser, dass noch eine weitere Fehlerkomponente eine Rolle spiele: Gelegentlich falle ein Fusion Drive ohne Hardware-Defekt auseinander. In diesem Fall müssen Anwender die Laufwerke formatieren und aus einem (hoffentlich aktuellen) Backup die Daten neu einspielen.
Austausch möglichInzwischen sind die Preise für SSDs so weit gesunken, dass zwei TByte große SSD-Laufwerke im 2,5-Zoll-Format bezahlbar geworden sind. Mit einigermaßen Geschick und dem richtigen Zubehör geht der Austausch recht schnell vonstatten. Verschiedene, auf Macs spezialisierte Reparaturwerkstätten bieten das als Service an. Für mutige Bastler bietet der Reparatur-Spezialist
iFixit für verschiedene iMac-Modelle Upgrade-Kits an, bei denen neben Klebestreifen für das erneute Fixieren des Retina-Displays zudem der Temperatursensor enthalten ist. Ansonsten muss man mit
SSD Fan Control nachhelfen, damit der iMac nicht nach wenigen Minuten wie eine Flugzeugturbine röhrt.