Apples September-Neuvorstellungen bargen in diesem Jahr keine großen Überraschungen. iPhone/Pro 16, Apple Watch 10, eine schwarze Ultra 2, neue AirPods/Pro und mehr Teaser zu Apple Intelligence. Das war’s. Spektakuläre „One-More-Thing“-Ankündigungen blieben aus, Weiterentwicklungen dominierten die Präsentation. – Was nicht als Kritik gemeint ist. Die Modellpalette rund um Apples Smartphone-Welt, sowie die in die heiße Phase gehenden KI-Ambitionen bieten genug Gesprächsstoff und Anziehungspotential.
Auf eine Analyse und Einschätzungen rund um das neue iPhone 16/Pro möchte ich hier einen Bogen machen, ebenso wie um den KI-Hype. Vielmehr haben mich in dieser Apple-Präsentation die Neuerungen rund um die Apple Watch, sowie die AirPods interessiert. Als Besitzer einer Apple Watch 6 (Titanium Edition) stellt sich mir die Frage, ob sich nach vier Jahren ein Umstieg auf die neue Generation lohnt. AirPods habe ich bislang (außer ein paar Hörtests) nicht genutzt. Könnte sich das jetzt ändern?
Apple Watch 10: (R)evolutionär?Zugegeben: Auch wenn viele MTN-User in den Kommentaren Apples Videopräsentation als langweilig einstufen, habe ich mir die Show wieder mit großem Interesse angesehen und hatte danach durchaus ein gewisses Kribbeln in den Fingern, um gleich in der Apple Store App zuschlagen zu wollen. Sowohl für das neue iPhone 16 Pro, als auch für die Watch 10 und sogar für die AirPods. Apples Verkaufsstrategie funktioniert bei mir im Prinzip ganz gut. Doch dieser Reiz verfliegt auch meist schnell, wenn ich die Informationsflut erst mal eine Weile sacken lasse und mir die gehypten Features etwas genauer ansehe. Das iPhone 16 Pro war deswegen schnell wieder vergessen. Zu klein erscheinen mir als Besitzer eines iPhone 14 Pro die Vorzüge in der Summe, auch wenn die Kamera-Features – speziell der neue Button für die Kamerasteuerung – des 16er einige für mich sehr reizvolle Vorteile böten.
Die Apple Watch 10 ist da schon deutlich attraktiver. Größeres, besser ablesbares Display, flacheres Gehäuse und schicke neue Titanium-Finishes sind schon lecker. Doch es gibt auch einen echten Downer: Die Akkulaufzeit wurde (wieder) nicht verbessert und liegt weiterhin bei nur 18 Stunden. In meiner Watch 6 und bei meinem Anwendungsprofil (ich trage die Uhr beispielsweise nicht nachts) reicht das für knapp zwei Tage. Aber eben nur knapp. So wie auch schon mit der Apple Watch Series 0, die ich hier noch voll einsatzfähig habe und gelegentlich anlege. Wer mehr Ausdauer will, muss zur Ultra greifen. Die aber bietet für mich von der Akkuleistung abgesehen keinen besonderen Mehrwert.
Das „flachste Gehäuse ever“ (bei einer Apple Watch) ist zwar willkommen, aber der Unterschied fällt so minimal aus (1 mm), dass er kaum der Rede wert ist, zumal mich die Gehäusedicke der Apple Watch bislang nie gestört hat. Ein etwas größeres Gehäuse (46 statt 44 mm) mitsamt größerem Display ist auch nett, kann aber ebenfalls als Kaufargument nicht so richtig bei mir verfangen.
Randnotiz: Die zur Zeit flachste mechanische Uhr können Sie
hier bewundern. Über den Sinn und Unsinn brauchen wir nicht zu diskutieren, ebensowenig über den Preis. Aber 1,65 mm sind schon ein anderer Schnack als die 9,7 mm der neuen Apple Watch.
Natürlich würde ich mich in der Summe aller Dinge – wozu auch andere Verbesserungen wie optimierte Ablesbarkeit und einige Usability-Features zählen – über die Watch 10 freuen, aber lohnt sich das wirklich? Nachdem ich sie im Store ein wenig hin und her konfiguriert und darüber sinniert habe, wie und wofür ich die Watch tatsächlich nutze, verzichtete ich auch hier darauf, sie in den Warenkorb zu legen, bzw. sie für später zu speichern. Ich warte wohl auf Generation 11 oder 12.
Neue AirPodsApples In- und Over-Ear-Kopfhörer waren stets gute Produkte. Daran gibt es keinen Zweifel. Über den Erfolg der AirPods brauchen wir erst gar nicht zu reden. Sie dominieren den Markt wie keine andere Marke. Aber komplett überzeugen konnte mich bislang keines der Modelle aus Cupertino, die ich bis dato hören konnte. Aus klanglicher Sicht gab es stets bessere oder zumindest vergleichbar gute Angebote zu günstigerem Preis. Und Apples standhafte Weigerung die Datenrate für Drahtlosübertragung via Bluetooth und AAC-Protokoll zu optimieren (Stichwort: aptX Lossless) und so das Potential der bestimmt sehr guten Schallwandler besser auszureizen, stimmt mich auch nicht sehr glücklich. Stattdessen versuchen die Apple-Ingenieure das Hörerlebnis mit immer mehr „Computational Audio“ zu steigern, was in meinen Ohren aber nicht immer zu einem natürlicheren Klang führt. Es steht allerdings noch ein Versuch mit den AirPods Pro 2 aus. Das hole ich nach.
Audiophile wie ich waren noch nie Apples Zielgruppe. Es sind eher die Normal-Hörer, die meist keinen Unterschied zwischen stark komprimierter Musik und CD-Qualität oder gar HiRes wahrnehmen, sondern eher von Convenience-Features angezogen werden. Und davon bieten die AirPods mehr als alle anderen. Angefangen mit der simplen Verbindungsaufnahme zu verschiedenen Apple-Devices bis hin zu ausgefeilten adaptiven Geräuschunterdrückungsfunktionen drückt Apple mit den AirPods alle richtigen Knöpfe für traumhafte Verkaufszahlen.
Gelungen ist auch Apples Unterteilung der AirPods-Linie in Open Ears (auch wenn die nicht ganz mit Open Ears á la
Shokz zu vergleichen sind), In-Ear und Over-Ear. Damit wird für beinahe jeden Geschmack und Anspruch der passende Hör- und Tragekomfort geboten.
Den neuen
AirPods 4, die wahlweise ohne (149 Euro) oder mit Geräuschunterdrückung (199 Euro) angeboten werden, hat Apple eine ganze Reihe technischer Verfeinerungen angedeihen lassen, ohne das beliebte Grundkonzept über den Haufen zu werfen. Features wie 3D Audio mit dynamischem Head Tracking sind auch an Bord. Verbesserte Mikrofone für klarere Telefongespräche auch in lauten Umgebungen sind ebenso willkommen, wie optimierte Bedienung und verbessertes Laden per USB-C oder drahtlos. Kurz gesagt: Am Erfolg der AirPods 4 habe ich nicht die geringsten Zweifel.
Für die bereits seit September 23 erhältlichen
AirPods Pro 2 mit USB-C (In-Ears) gibt es Hardwareseitig keine Verbesserungen, aber per Software sollen im Herbst spannende Features nachgereicht werden. Bei den nach wie vor 279 Euro teuren AirPods Pro 2 mit USB-C (aktuell 244 Euro bei
Amazon) sind aber auch andere Dinge eine nähere Betrachtung wert, nämlich Lossless Audio.
… Moment! Stopp! Wie bitte? Lossless Audio?
Hatte ich eben noch von der Weigerung Apples gesprochen, die Datenrate via Bluetooth zu verbessern, scheint sich hier also doch etwas zu bewegen. Oder? An dieser Stelle wird es ein wenig undurchsichtig. Zumindest schreibt Apple auf der
Produktseite explizit „In Kombination mit der Apple Vision Pro liefern AirPods Pro 2
Lossless Audio mit extrem niedriger Latenz für ein beispielloses Klangerlebnis.“ und weiter von "reinem, unkomprimierten Klang". Dahinter eine Fußnote: „Verfügbar mit der Apple Vision Pro (abhängig von der Verfügbarkeit im jeweiligen Land), wenn sie mit AirPods Pro 2 mit MagSafe Ladecase (USB‑C) und der neuesten Firmware gekoppelt ist.“
Das sind ziemlich schwammige Infos, die außerdem an den meisten Medien ziemlich unbemerkt vorbei gegangen sind. Ich gehe hier aufgrund Apples Formulierung erst mal von „CD-Qualität“ aus, also 16 Bit, 44,1 unkomprimiert. Und wie es scheint, ist die Apple Vision Pro, die ebenfalls über einen H2-Chip verfügt, derzeit die einzige (Audio-) Quelle von Apple, die Lossless-Übertragung via Bluetooth unterstützt. Aber bislang nur an einen einzigen Kopfhörer, nämlich die AirPods Pro 2 mit USB.
Nach ein wenig Recherche fand sich im Internet dieses Interview von Brian Tong mit Ron Huang, Apple VP of Sensing and Connectivity und Eric Treski, Director of Product Marketing von Apple.
Siehe ab Minute 26.
Demnach arbeiten die H2-Chips in der Apple Vision Pro und in den AirPods Pro 2 mit USB-C mit 5 GHz, während der H2 in den AirPods Pro 2 mit Lightning nur mit 2,4 GHz arbeitet (wie mutmaßlich auch in den AirPods 4). Die 5-GHz-Übertragung ermöglich eine höhere Bandbreite, die für lossless Audio erforderlich ist. Doch das geht vorerst nur in der besagten Kombination mit Vision Pro und AirPods Pro 2 USB-C. Die neuen iPhone 16/Pro haben offenbar keinen derartigen H2-Chip und somit gibt es darüber auch keine Lossless-Übertragung. Ebensowenig, wie über Mac oder iPads.
Auch die AirPods Max, deren einzige Neuerungen in diesem Jahr ein USB-C-Anschluss und neue Farben sind, bieten diese Option nicht, denn in ihnen steckt nach wie vor der H1-Chip von 2019. Es wird wohl noch
mindestens eine Generation dauern, bis sich der Knoten bei Apple löst und Lossless-Audio zu einem Thema wird, dass sie offensiv promoten werden. Immerhin ist „Land in Sicht“.
In der Videopräsentation war ein anderes Feature der AirPods Pro 2 das Hauptthema: ein
integrierter Hörtest und eine Hörhilfe-Funktion. Ab Herbst soll es möglich sein, diese Funktionen per Software-Update nachzurüsten. Apple schreibt in einer Fußnote: „Die Genehmigung der Hörhilfefunktion durch globale Gesundheitsbehörden steht noch aus. Die Hörtest- und Hörhilfefunktionen werden auf AirPods Pro 2 mit der neuesten Firmware unterstützt, die mit einem kompatiblen iPhone oder iPad mit iOS 18 oder iPadOS 18 und neuer gekoppelt sind, und sind für Personen ab 18 Jahren gedacht. Die Hörhilfefunktion wird auch auf einem kompatiblen Mac mit macOS Sequoia und neuer unterstützt. Die Hörhilfefunktion ist für Personen mit leicht bis mäßig eingeschränktem Hörvermögen gedacht.“
Fazit: Watch 10 und AirPods bleiben für mich im RegalAm Ende siegte wohl doch die Vernunft. Apples September-Neuheiten bieten fraglos eine Menge höchst interessanter Verbesserungen bei Hard- und Software, die in der Summe durchaus verlocken. Doch am Ende des Tages lasse ich zumindest meine Wallet erst mal zu und hoffe stattdessen ein wenig auf den miniaturisierten und vielleicht ja sogar lüfterlosen Mac mini mit M4 (siehe
diese Meldung), für den ich einen realen Nutzen hätte.
See you soon, Apple.