Gefährlicher Präzedenzfall für Amazon: Haftbar für Drittanbieter-Produkt
Wer eine beliebige Produktseite bei Amazon aufruft, sieht direkt, ob es sich um ein offiziell von
Amazon gelistetes Produkt oder um einen Artikel auf dem "Marketplace" handelt. Nicht wenige Nutzer haben allerdings mit Marketplace-Artikeln anderer Händler schon schlechte Erfahrungen gemacht. Produktfälschungen oder günstige Nachbauten mit schlechter Qualität sind keine Seltenheit. In den USA, genauer gesagt im Staat Pennsylvania, gab es jetzt einen für Amazon äußerst unangenehmen gerichtlichen Präzedenzfall. Während sich Amazon bislang immer mit der Argumentation schützen konnte, man biete nur einen Handelsplatz, entschied ein Gericht
nun anders. In erster Instanz lautete das Urteil noch, Amazon sei nicht der Verkäufer des streitgegenständlichen Hunde-Halsbandes, welches sofort defekt war, die Hundeleine zurückschnellen ließ und der Besitzerin ein Auge raubte.
Allerdings gab sich die Klägerin nicht mit der Entscheidung zufrieden. Heather Oberdorf widersprach dem Urteil und ging mit der Sache an das nächste Gericht. Dieses stufte den Vorfall insofern anders ein, als dass Amazon tatsächlich nicht für Aussagen von Drittanbietern auf der Plattform verantwortlich gemacht werden könne, wohl aber beim Warenabsatz. Dies bedeute zwar keine generelle Haftung für jegliche Marketplace-Artikel, allerdings gebe es "bestimmte Ausnahmen". Welche dies genau sind, wird nun näher zu klären sein.
Auch wenn es das erste Urteil dieser Art war, andere Gerichte entschieden bislang stets zugunsten Amazons, dürfte der Handelsriese nicht ganz unvorbereitet sein. Schon seit geraumer Zeit intensiviert Amazon die Bemühungen gegen betrügerische Anbieter – sei es, weil diese bei den Rezensionen schummeln, sei es, weil minderwertige Artikel an Kunden gelangen. In mehreren Ländern wurden Behörden darauf aufmerksam, wie reibungslos der Vertrieb gefälschter Produkte über den Marketplace funktioniert. Einzelne Gerichte deuteten bereits an, Amazon müsse Kunden möglicherweise entschädigen, sofern der Verkäufer nicht mehr greifbar sei. Amazon selbst sieht hingegen vorrangig die Markeninhaber in der
Pflicht, gegen Plagiate vorzugehen.