Gericht: Qualcomm bestach Apple – muss Milliardenstrafe aber nicht zahlen
Qualcomm ist seit vielen Jahren Apples Haus- und Hoflieferant, wenn es um Mobilfunkmodems geht. Diese Position verdankte der US-amerikanische Chiphersteller allerdings in der Vergangenheit nicht immer nur seiner technischen Vormachtstellung. Zwischen 2011 und 2016 überwies das Unternehmen nämlich mehrere Milliarden US-Dollar nach Cupertino, damit Apple weiterhin seine LTE-Komponenten bezog und nicht bei Konkurrenten von Qualcomm einkaufte. Die EU-Kommission stufte dieses Verhalten im Zuge einer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung vor vier Jahren als Bestechung zulasten anderer Hersteller ein, damit sei unter anderem Intel geschadet worden.
EU-Gericht hebt Geldbuße gegen Qualcomm aufDie Kartellwächter der Europäischen Union verhängten gegen Qualcomm im Januar 2018 eine Geldbuße in Höhe von 997 Millionen Euro. Gegen diese Entscheidung ging der US-amerikanische Chiphersteller juristisch vor, obwohl seine Zahlungen an Apple unstreitig waren und der iPhone-Konzern tatsächlich zwischen 2011 und 2016 die für seine Smartphones und Tablets benötigten LTE-Modems exklusiv bei Qualcomm bezog. Das Verfahren endete jetzt für viele Beobachter überraschend mit einer Niederlage der EU-Kommission: Das Gericht der Europäischen Union, auch bekannt als General Court, gab der Klage des Unternehmens statt und hob die Geldbuße auf.
Richter bemängeln „prozedurale Unregelmäßigkeiten“Das EU-Gericht teilte in seiner Entscheidung zwar die Einschätzung der EU-Kommission, dass Qualcomm Apple bestechen wollte, berichtet
Reuters. Allerdings sei den Brüsseler Wettbewerbshütern im Verfahren nicht der Nachweis gelungen, dass die Milliardenbeträge zu einer Wettbewerbsbehinderung zulasten von Intel geführt hätten. Insbesondere im Zusammenhang mit der Beschaffung von LTE-Modems für bestimmte iPad-Modelle habe man nicht erkennen können, dass Apple in den Jahren 2014 und 2015 seine Bemühungen um alternative Lieferanten wegen Qualcomms Zahlungen tatsächlich reduzierte. Darüber hinaus sei es im Verlauf der Untersuchung zu „prozeduralen Unregelmäßigkeiten“ gekommen, welche das Recht des Chipherstellers auf angemessene Verteidigung beeinträchtigt hätten. Das mache die von den Kartellwächtern vorgenommene Analyse von Qualcomms Verhalten ungültig, so die Richter. Die Geldbuße sei dem Unternehmen somit zu Unrecht auferlegt worden.
EU-Kommission kann in Berufung gehenDie EU-Kommission kann gegen das jetzt ergangene Urteil in Berufung gehen. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass der Fall vor dem Europäischen Gerichtshof landet, der höchsten juristischen Instanz der EU. In diesem Fall dürfte eine endgültige Entscheidung noch einige Jahre auf sich warten lassen. Bis dahin gehören Qualcomm-Modems in iPhones und iPads wahrscheinlich schon der Vergangenheit an. Apple entwickelt bekanntlich nach der Übernahme von Intels Modemsparte eigene Baseband-Chips, welche voraussichtlich ab 2023 in den Smartphones und Tablets aus Cupertino zum Einsatz kommen (siehe
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