Gesetz: Norwegens Polizei darf biometrische Entsperrung erzwingen
Ein Fingerabdruck sagt mehr als tausend Kennwörter - und schützt in Norwegen seit 1. Juli 2017 nicht mehr vor staatlichem Zugriff. Das norwegische Parlament (Storting) hat ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, welches möglicherweise als Vorlage für Deutschland dienen könnte. Norwegens Polizei ist es durch das Gesetz erlaubt - gegebenenfalls unter Zwang - biometrische Merkmale von Personen zu nutzen, um Smartphones, Tablets und Computer zu entsperren.
Das Gesetz beschränkt sich hierbei nicht nur auf die Verdächtigen selbst, sondern erstreckt sich auf alle irgendwie in Verbindung stehenden Personen. Zudem gibt es keine Beschränkung auf Fingerabdrücke. Stattdessen werden vom Gesetz alle biometrischen Merkmale eines Menschen
abgedeckt, wie beispielsweise Iris oder Handvenen.
Einige Juristen kritisieren allerdings, dass die Zwangsmaßnahmen zu ungenau geregelt sind, zumal das Gesetz für alle Strafdelikte gilt. Die Anwendung von Gewalt darf zwar nur durch Anordnung der Staatsanwaltschaft, im Fall sensibler Daten bestimmter Berufsgruppen wie Ärzte und Anwälte nur durch Gerichtsbeschluss erfolgen. Zwecks Gefahrenabwehr ist allerdings auch sofortige Gewalt durch die Polizei möglich. Kritisch angesehen wird dies vor allem bei erzwungenen Iris-Scans, die unter Umständen zu bleibenden Schäden am Auge führen könnten.
Bemerkenswert
ist weiterhin, dass durch das Gesetz die biometrische Sicherung im Vergleich zu Kennwort-Sicherungen schlechter gestellt ist. Trotz des neuen Gesetzes kann die Herausgabe eines Kennworts verweigert werden, ohne dass Konsequenzen drohen. Der zuständige Justizminister Per-Willy Amundsen erhofft sich aber dennoch von dem Gesetz eine höhere Aufklärungsrate durch die Auswertung elektronischer Beweismittel.
Anlass für das Gesetz waren verschiedene Einzelfälle im letzten Jahr, bei denen Gerichte eine Entsperrung biometrisch gesicherter Elektronik unter Zwang anordneten. Der erste derartige Fall stammt von einem Amtsgericht in Nordhordland, bei dem ein Drogenschmuggler zur Smartphone-Entsperrung gezwungen wurde.