Google Willow: Riesiger Fortschritt bei der Entwicklung von Quantenprozessoren
Aktuelle Prozessoren arbeiten stets mit binären Systemen, welche nur zwei Zustände unterscheiden. Quantencomputer machen sich die Eigenschaft subatomarer Partikel zu Nutze, drei unterschiedliche Stadien annehmen zu können. Damit sind bestimmte Berechnungen deutlich schneller vollzogen als mit einem halbleiterbasierten Mikroprozessor. Googles Forschungsabteilung
Quantum AI stellte jetzt mit Willow einen 105-Qubit-Chip vor, welcher den hauseigenen Quantenbenchmark deutlich schneller arbeitet als der 2019 vorgestellte Sycamore-Quantenchip. Zudem konnten Fehlerhäufigkeiten reduziert und die Lebensdauer eines Quantensystems auf durchschnittlich eine Stunde erhöht werden.
Qubits sind die datenverarbeitenden Einheiten experimenteller Quantenchips. Kernproblem von Quanten-IT stellt eine recht hohe Fehlerrate dar. Das Quantum-AI-Team umschifft dieses Problem, indem es mehrere Qubits zu einem „logischen Qubit“ zusammenfasst. Etwa die Hälfte der physikalischen Qubits kümmern sich darum, eventuell auftretende Fehler zu korrigieren. Mit dieser Anordnung gelang es, die Fehlerrate auf unter 1 Prozent zu drücken. Außerdem stieg die durchschnittliche Kohärenzzeit einzelner Qubits auf 100 µs.
Zweiter Meilenstein bewältigtQuantum AI hat eine Roadmap aufgestellt, deren einzelne Meilensteine methodisch abgearbeitet werden. Das erste Ziel erreichte der Sycamore-Chip mit 56 Qubits, den die Forscher im Jahr 2019 vorstellten. Dieser benötigte 200 Sekunden für eine Aufgabe im Random-Circuit-Sampling-Benchmark (RCS) – ein „klassischer“ binärer Supercomputer hätte dafür 10.000 Jahre gebraucht. Der 2024 vorgestellte Willow-Chip berechnete in 300 Sekunden, was einen Supercomputer 10^25 Jahre beschäftigen würde. Angestrebter Meilenstein war allerdings eine Reduktion der Fehlerrate – und auch dort sieht Quantum AI einen „exponentiellen Fortschritt“ bei ihrem Willow-Chip.
Die Roadmap von Quantum AI. Vom ersten bis zum Erreichen des zweiten Meilensteins vergingen vier Jahre. (Quelle:
quantumai.google)
Langer Weg bis zur praktischen AnwendungIn einem auf YouTube veröffentlichten Gespräch beschreiben Projektgründer Hartmut Neven, Quantum-AI-Forscher Sergio Boixo und John Preskill (Theoretischer Physiker, Caltech) die Herausforderungen und Perspektiven ihrer Forschungsarbeit. Als Nächstes wollen sie die Fehlerrate um weitere vier Größenordnungen verringern – in einem Chip mit über 1000 physikalischen Qubits. Hartmut Neven prognostiziert ein kommerziell nutzbares Produkt in vielleicht fünf bis zehn Jahren. John Preskill ist nicht so optimistisch, denkt aber, dass der aktuelle Willow-Chip bereits jetzt in der Forschung Anwendung finden könnte.