Hintergründe: Wie Apple Valve einst verärgerte und das erfolgreichste Spiel daher nicht auf den Mac kam
Vor einem Vierteljahrhundert schlug der Ego-Shooter "Half-Life" große Wellen: Das dystopische Weltrettungsdrama, in dem Spieler als Physiker Gordon Freeman die Erde vor einer Invasion böswilliger Aliens retten müssen, fand Hunderttausende Abnehmer. Eine Mac-Version wurde im April 1999 angekündigt, ein halbes Jahr später jedoch sang- und klanglos eingestampft. Offizieller Grund für den Rückzug waren laut Valve-Gründer Gabe Newell Bedenken, dass zu viel fehle: Team Fortress Classic, Multiplayer-Funktion sowie Auto-Updater seien nicht umgesetzt. Doch die Chefin des mit der Mac-Version beauftragten Entwicklungsstudios, Rebecca Heinemann, erzählte im Podcast "
Retro Tea Breaks" eine andere Geschichte: Der Mac-Port war weitgehend vollständig, inklusive Crossplay-Multiplayer-Funktion. Doch weil Valve sich von Apple hinters Licht geführt fühlte, stoppte der Konzern den Verkauf.
Heinemann leitete zur Jahrtausendwende das Entwicklerstudio Logicware; dies hatte sich mit der Mac-Umsetzung des Action-Shooters Quake 3D einen Namen gemacht. Sierra beauftragte Logicware mit der Umsetzung. Ein Honorar wurde vereinbart, inklusive eines Bonus von 20.000 US-Dollar für pünktliche Vervollständigung. Drei Entwickler arbeiteten mehrere Monate mit Enthusiasmus an der Portierung. Drei Wochen vor dem avisiertem Termin war das Spiel weitestgehend vervollständigt, da rief Auftraggeber Sierra an: Half-Life für Mac sei beerdigt. Logicware werde vollständig bezahlt, inklusive Bonus, müsse sich aber zum Schweigen über die Hintergründe verpflichten.
Apple-Evangelist nannte überhöhte NachfrageDie tatsächliche Ursache für die Kehrtwende sei gewesen, dass der damalige Ansprechpartner für Spiele-Entwickler (bei Apple damals "Games Evangelist") dem Half-Life-Studio Valve einen gigantischen Absatzmarkt versprochen hatte: 500.000 Titel einer Mac-Portierung würden sie verkaufen. Als Half-Life für Mac dann weitgehend vervollständigt war und Valve die Einzelhändler für Vorbestellungen kontaktierte, forderten diese gesammelt etwa 50.000 Kopien an – zehn Prozent vom angestrebten Verkaufsziel. Valve beschwerte sich bei Apple, doch war der bisherige Ansprechpartner weitergezogen. Dessen Nachfolger wunderte sich: Apple würde niemals Absatzzahlen prognostizieren, dies widerspreche Konzernregeln. Wütend stampfte Valve daraufhin das gesamte Projekt ein und ließ auch niemanden unter Lizenz veröffentlichen.
Zweiter Anlauf 15 Jahre späterHätten die Valve-Gründer nachgerechnet, hätte ihnen auffallen frühzeitig eine Diskrepanz auffallen können: Half-Life hatte zu diesem Zeitpunkt gut 200.000 Windows-Versionen verkauft. Erst im Intel-Zeitalter gab Valve sich einen Ruck und veröffentlichte einen Macintosh-Port. Dieser ist bis heute im Steam Store erhältlich, jedoch stammt der Titel aus 32-Bit-Zeiten. Unter macOS 10.15 und neueren Versionen läuft Half-Life für den Mac nicht mehr. Mit Emulationsumgebungen wie
CrossOver oder unter Linux kann man die Windows-Version auf modernen Macs zum Laufen bekommen.