Hollywood gegen Cupertino: Streit um „Steve Jobs“-Film
Es geht um die Art, wie man sich an Steve Jobs erinnern soll. Sein Einfluss auf die amerikanische Kultur war so groß, dass inzwischen drei größere Verfilmungen seines Lebens produziert wurden. Die Verwandlung der wahren Biographie in eine Version, die zu einem Hollywood-Film passt, gefällt nicht jedem Weggefährten des Apple-Gründers. Umgekehrt gefällt den Filmemachern der Einfluss Apples und die Anti-Werbung vieler hochrangiger Konzernvertreter nicht.
Jetzt fielen auch Apples Chef-Designer Jonathan Ive und der Regisseur des Films Danny Boyle in den Kanon der gegenseitigen Vorwürfe ein. MacTechNews.de fasst umstrittene Äußerungen der Beteiligten auf beiden Seiten zusammen.
Tim CookDer Apple-CEO machte in der Late Show mit Stephen Colbert keinen Hehl daraus, dass er nichts von Verfilmungen hielt, die sich Steve Jobs’ Persönlichkeit annähern wollen. „Ich glaube, viele sind sehr opportunistisch“, sagte er über die Verantwortlichen aller Steve-Jobs-Filme, und fügte gleich ein „Und ich hasse das“ hinzu. Gleichzeitig gab er allerdings auch zu, keinen einzigen der Jobs-Verfilmungen persönlich gesehen zu haben. Allerdings bezweifelte er, dass die wahre Persönlichkeit seines verstorbenen Freundes in einem Hollywood-Film zum Tragen kommen könne. (
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Aaron SorkinDer Drehbuchautor des jüngsten Films reagierte äußerst dünnhäutig auf diese Äußerung Cooks. „Man muss schon starke Nerven haben, um anderen Opportunismus zu unterstellen, wenn gleichzeitig in China Kinder für 17 Cent die Stunde Apple-Telefone produzieren“, sagte er in einem Interview mit The Hollywood Reporter. Wenige Tage später ruderte er aber teilweise zurück und bot via „E! News“ Versöhnung an. „Ich glaube, dass Tim Cook und ich beide etwas zu weit gegangen sind, und ich entschuldige mich bei Tim Cook.“ Eine Reaktion Cooks darauf ist nicht bekannt geworden. (
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Laurene Powell-JobsDie Witwe des Apple-Gründers kommt im Sorkin-Film gar nicht vor, wohl aber Jobs’ uneheliche Tochter Lisa aus einer früheren Beziehung. Gerade was den Umgang mit Lisa und ihrer Mutter angeht, steht Jobs im Film in keinem besonders guten Licht: Er verleugnet die Vaterschaft und möchte sie mit ein wenig Geld ruhig stellen. Dies und Jobs’ Darstellung als wenig umgänglicher Perfektionist brachten Laurene Powell-Jobs so sehr gegen den Film auf, dass sie die Veröffentlichung verhindern wollte. Sie telefonierte mit Christian Bale und Leonardo DiCaprio, die beide für die Rolle des Steve Jobs vorgesehen waren, und bat sie, die Rolle abzulehnen. „Von Anfang hat Laurene Jobs versucht, den Film zu töten“, schimpfte ein Verantwortlicher des Filmteams. (
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John SculleySeine Beziehung zu Steve Jobs hatte Höhen und Tiefen. Als guter Freund wurde er 1983 von Jobs persönlich zu Apple geholt, um dort als CEO zu arbeiten. Nach dem anfänglichen Misserfolg des Macintosh entzweiten sie sich und Jobs verließ das Unternehmen 1985. Sculley blieb an der Spitze bis zum Jahr 1993. Trotz vieler positiver Aspekte des Films kritisierte aber auch er die Darstellung der Hauptfigur. „Wenn jemand ein komplettes Bild davon bekommen möchte, wer Steve Jobs war, dann bekommt er es nicht durch diesen Film“, sagte er dem Wall Street Journal, nachdem er eine Vorabvorführung erhalten hatte. Die Kritik, die insbesondere Jobs’ Witwe an dem Film übte, könne er nachvollziehen.
Danny BoyleDer Regisseur der Sorkin-Verfilmung machte jetzt gegenüber The Hollywood Reporter seinem Ärger über den Gegenwind von Apple Luft. „Solche Unternehmen sind so mächtig, dass sogar Regierungen Angst bekommen“, sagte er und verglich die Macht der IT-Giganten im Silicon Valley mit der Firma Circle aus dem gleichnamigen Roman von Dave Eggers. Dieser spielt in der nahen Zukunft und beschreibt eine Welt der totalen Überwachung und sozialer Kontrolle durch einen übermächtigen IT-Konzern. „Es ist wichtig, dass sich Künstler und Autoren nicht von ihnen einschüchtern lassen, auch wenn man sich dann anhören muss, opportunistisch zu sein“, gab er einen Seitenhieb auf Tim Cook. „Wir müssen sie im Auge behalten.“ (
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Jonathan IveUrsprünglich wollte Apples Chef-Designer auf dem New Establishment Summit von Vanity Fair nicht viel über die Jobs-Verfilmungen sagen und sagte nur, dass er sich gegen diesen Trend sträube. Auf genauere Nachfrage allerdings sagte er, er habe eine tiefsitzende Angst davor, „wie dein öffentliches Bild von Leuten gekapert werden kann, deren Agenda wahrlich eine andere ist, als deine oder die deiner Familie und Freunde.“ Auch er gab an, Sorkins Verfilmung der Jobs-Biografie von Walter Isaacson noch nicht gesehen zu haben. Aber er habe viel mit gemeinsamen Freunden von ihm und Jobs gesprochen, die den Film kennen und außer sich seien. Er finde es „herzzerreißend“, wenn er am Todestag seines Freundes sehen muss, wie eine Verfilmung anläuft, in der er die Figur Steve Jobs nicht wiedererkennen kann. „Tut mir Leid, wenn ich mürrisch klinge, aber das ist traurig.“ (
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Morgen startet „Steve Jobs“ in einigen ausgewählten Kinos der USA, bevor er dann ab dem 23. Oktober flächendeckend im gesamten Land gezeigt wird. Der Kinostart in Deutschland ist für den 12. November vorgesehen. Michael Fassbender spielt die Rolle des Steve Jobs; außerdem sind auch Seth Rogen (Steve Wozniak), Kate Winslet (Joanna Hoffman) und Jeff Daniels (John Sculley) mit dabei.