Jim Keller: KI macht Software und dessen Hersteller in 10 Jahren obsolet
Es kommt nicht oft vor, dass Jim Keller, seit knapp vier Jahren bei Tenstorrent tätig, sich derart ausgiebig über die Zukunft seiner Branche äußert. Der ehemalige Intel-, AMD- und Apple-Angestellte wagt in einem Interview mit Linus Tech Tips momentan noch bizarr anmutende Prognosen. Keller ist kein Unbekannter, seit über zwanzig Jahren beschäftigt er sich mit Mikroprozessoren und ist mit der aktuellen Entwicklung bestens betraut. Bei Apple war er unter anderem als Chefdesigner für die ersten eigenen SoCs zuständig – dem A4 und A5. Im Rahmen seiner aktuellen Tätigkeit entwickelt er KI- und Risc-V-Chips, weswegen seine Haltung gegenüber künstlicher Intelligenz natürlich nicht ganz unvoreingenommen ist (siehe
).
Quelloffen muss es seinDoch neben dem Trend, die KI-Hardware zu den bestehenden Limits zu treiben, stehen Keller zufolge auch weitere wichtige KI-relevanten Entwicklungen im Zentrum der Forschung. Neben Software und den zugrunde liegenden LLMs sei auch auf den Bereich Infrastruktur zu achten. Hier sieht Keller deutliche Unterschiede zwischen den milliardenschweren Größen der Branche und dem kanadischen „500-Millionen-Dollar-Startup“, dem er mittlerweile seit etwa einem Jahr als CTO vorsteht. Die beinahe unvorstellbaren Summen, die derzeitiger Marktführer Nvidia hier mit riesigen Rechenzentren erwirtschafte, seien für Keller „kaum erstrebenswert“. Für ihn stelle sich eher die Frage, wie man Computer „billiger gestaltet“ und vor allem, wie neben der Open-Source-Software ebenso ein „offenes Chipdesign“ gelinge – was am Ende die wahren Sieger ausmache.
Software „verschwindet“Wenn Keller über einen Zehnjahreszeitraum spekulieren sollte, dann stellt er sich vor, dass etwa die Filmindustrie von diesem Trend stark profitieren wird. Ginge es nach dem Chip-Ingenieur dürften künftige Filme, ähnlich einem Rollenspiel aufgebaut sein. Man werde „darin leben“ und mit den Charakteren „Unterhaltungen führen“. Als Beispiel führt er an, dass diese mitunter eigenwillig antworten könnten: „Halt den Mund, ich muss jemanden erschießen.“ Aber selbst das Software-Gewerbe, wie wir es kennen, solle es bald nicht mehr geben – „mit hundertprozentiger Sicherheit wird sämtliche Software verschwinden“. Auf den Tensor-Prozessoren sei dies bereits heute Realität: Die KI schreibe ihren Code einfach selbst. Ist eine neue Funktionalität vonnöten, muss diese lediglich beschrieben werden – Software-Hersteller würden somit großteils überflüssig.