John Gruber: Irgendwas ist faul im Staate Cupertino – schwere Kritik an Apple und "Bullshit-Marketing"


John Gruber von Daring Fireball kann wahrlich als eines der Urgesteine in der Apple-Welt bezeichnet werden. Seit März 2002 (und damit zwei Monate vor MacTechNews!) gibt es die Webseite bereits und in all den Jahren wurde Gruber nicht müde, Geschehnisse zu kommentieren oder aus eigenen Quellen zu berichten. Er zählt zu den Apple-freundlichen Journalisten, verteidigt das Unternehmen oft gegen Kritik und macht keinen Hehl daraus, Apple-Produkte für die besten auf dem Markt zu halten. Umso schwerer wiegt daher sein jüngster
Artikel mit der Überschrift "Something Is Rotten in the State of Cupertino" – irgendetwas ist faul im Staate Cupertino.
Apples Glaubwürdigkeit: Was angekündigt wird, kommt auchDarin geht er auf zwei "Debakel" ein, wie er es bezeichnet, nämlich Apple Intelligence und Siri. Apple habe sich über Jahre eindeutig den Ruf erarbeitet, angekündigte Produkte auch wirklich auf den Markt zu bringen. Selbst wenn es zu Verzögerungen kommt und Software-Features verschoben werden müssen, so könne man sich dennoch darauf verlassen, dass Apple die Ankündigungen in die Tat umsetzt. Manchmal scheitere die Entwicklung, so beispielsweise bei der Ladematte "AirPower", doch das sei eindeutig die Ausnahme.
Zäsur: Konzeptvideo als Produkt verkauftDie WWDC 2024 sei diesbezüglich jedoch eine Zäsur gewesen. Das Problem sieht Gruber gar nicht einmal darin, dass Apple später als andere auf den KI-Zug aufsprang und Nachholbedarf hat. Stattdessen versuchte das Unternehmen aber eine Geschichte zu verkaufen, die einfach nicht stimmte. Was Apple bezüglich einiger Features aus Apple Intelligence und vor allem der neuen Siri-Version erzählte, sei zu diesem Zeitpunkt bestenfalls ein Konzept gewesen – ohne zu wissen, ob man es überhaupt so umsetzen könne. Ein Konzeptvideo als Vorstellung zu verkaufen, widerspreche jedoch allem, wie das Unternehmen in der Vergangenheit handelte.
Man hätte es im Juni 2024 erkennen könnenIm Falle von Apple Intelligence konnte man zumindest noch sagen, dass Apple auf den Presse-Briefings nach der WWDC etwas in einem sehr frühen Zustand zu zeigen hatte. Auch wenn die Features bestenfalls auf dem Stand der Präsentation von Juni 2024 sind, habe Apple mit einigen Verzögerungen die entsprechenden Updates veröffentlicht. Ganz anders sehe es jedoch beim "more conversational, context-aware Siri" aus, also der versprochenen Neuentwicklung mit besseren Sprachfähigkeiten und Kontextverständnis. Hierzu gab es damals keinerlei Informationen oder frühe Einblicke, denn Apple verfügte damals über keinerlei auch nur theoretisch funktionierende Umsetzung. Die WWDC-Keynote zeigte lediglich die Wunschvorstellung, doch mehr als Konzepte lagen damals nicht vor.
Gruber zeigt sich verärgert und enttäuscht – vor allem auch über sich selbst, damals nicht erkannt zu haben, wie Apple zu jenem Zeitpunkt Fantasien als reale Entwicklung verkaufte. Natürlich könne kein Entwickler wirklich einschätzen, wann ein Softwareprojekt ausgereift genug ist. Bei Siri war aber schlicht noch keine Arbeit erledigt, dennoch machte das Unternehmen große Versprechen.
