Jony Ive: Meine Zeit bei und nach Apple
Eigentlich trägt das ausführliche Interview mit Jony Ive den Titel "Life After Apple", allerdings geht der Designer auch auf viele Aspekte seiner frühen Zeit im Unternehmen sowie der bevorstehenden Insolvenz in den späteren 90er Jahren
ein. Damals, im September 1992, wollte er ein Teil dieser verrückten Firma aus Cupertino sein, so Ives Erinnerungen. Einer "Company", keiner "Corporation", wohlgemerkt – denn letzteres stehe seinen Überzeugungen entgehen. Allerdings musste Ive schon sehr schnell miterleben, wie Apple abstürzte.
Das von ihm mitgestaltete Newton-Handheld war beispielsweise ein teurer und vom Kunden abgelehnter Flop. Gleichzeitig bröckelte es an allen anderen Fronten, weswegen Apple sehr schnell zu einem leckgeschlagenen Übernahmeziel wurde. "Den Tod eines Unternehmens zu beobachten, ist so schmerzhaft", kommentiert Ive die Entwicklung.
Ive befürchtete 1997 EntlassungEine wichtige Wegmarke hatte das Jahr 1997 dargestellt. Wie Ive angibt, war nicht damit zu rechnen, schon im Alter von gerade einmal 30 Jahren derart viel Design-Verantwortung zu erhalten. Eigentlich hatte er damit gerechnet, seinen Posten zugunsten eines erfahreneren Kandidaten räumen zu müssen – bekanntlich kam es aber ganz anders und Jobs machte Ive zu einem der wichtigsten Mitarbeiter des Unternehmens.
"Ich bin ein Handwerker"Ive und Jobs harmonierten von Anfang an, denn beide wollten Computern sowie anderen Geräten Leben und Emotionen einhauchen. Vor allem die Entwicklung immer dünnerer Geräte führte zwar zunehmend zu Kritik aus dem professionellen Lager, denn im Zweifelsfall hatte sich die Funktion dem Design zu beugen – gleichzeitig ließ diese Überzeugung aber mehr als nur vereinzelte, geradezu ikonische Produktdesigns entstehen.
Ob klassischer Computer, Notebook, Musikplayer oder Mobiltelefon – Apples bzw. Ives Handschrift beeinflusste ganze Branchen. "Ich liebe es, Sachen zu gestalten, die zutiefst nützlich sind", fasst Ive seine Motivation zusammen. "Ich bin ein sehr praktisch veranlagter Handwerker". Dies passt gut zum Mantra "Technologie zugänglich machen, ohne dass es sich nach Technologie anfühlt", wie es Jobs oft ausgegeben hatte.
Neugierde als wichtigste Eigenschaft"Erfolgreich" ist der Feind von "Neugier", zeigt sich Ive im Gespräch mit dem WSJ überzeugt. Sicherlich ist der Satz als leise Kritik an Apples Entwicklung der letzten Jahre zu verstehen – nie verkaufte Apple mehr, nie waren die Produkte so begehrt wie heute, doch gleichzeitig agiert das Unternehmen risikoärmer und vorsichtiger. Wie es heißt, war ein Grund für Jony Ives Weggang und Gründung eines eigenen Designstudios auch, wieder komplett neuartige Dinge entwerfen zu wollen.
Von Ideen und MachbarkeitIve betont im Gespräch, wie wichtig Sprache bei kreativen Prozessen sei. Ein Beispiel: Wer das Ziel vorgebe, einen Stuhl zu designen, sage gleichzeitig "Nein" zu tausenden anderen Ideen. An dieser Stelle werde es aber gerade spannend. Man habe eine unbelegte Idee, ein ungelöstes Problem – und wenn alle nur beweisen wollen, was nicht möglich sei, müsse man den Mut aufbringen und sagen: Ich glaube an die Machbarkeit.