KI als Freund: Umhänger "Friend" gegen Einsamkeit
An einem um den Hals getragenen Band hängt ein rundes Gerät. Es ist mit Mikrofonen ausgestattet und hört alles mit, was dem Besitzer widerfährt. Von Zeit zu Zeit summt das Smartphone – eine Nachricht aus dem „Friend“, der seit dem „Internationalen Tag der Freundschaft“ (30. Juli) vorbestellbar ist. Durch sanften Druck signalisiert man dem Umhänger, dass man ihn direkt ansprechen möchte. Kurz darauf erscheint die Reaktion auf dem iPhone: Aufmunternd, herausfordernd, sarkastisch antwortet ein großes Sprachmodell auf die Ansprache.
Anders als Rabbit R1 oder Humane Pin will Friend nicht Dinge erklären, Fremdsprachen übersetzen oder Urlaube buchen. Stattdessen stellt der Anhänger einen Kompagnon dar, eine freundliche Begleitung im Alltag, um Einsamkeit entgegenzuwirken. Friend greife nicht auf das Internet zu und speichere keine Daten über den aktuellen Gesprächskontext hinaus. Das KI-Wearable beherbergt ein Large Language Model (LLM) auf Basis von Metas Llama 3.1, das die akustischen Erlebnisse verarbeite und individuelles Feedback erzeuge. Das lokale Sprachmodell initiiere eigenständig Konversationen und kommuniziere via Bluetooth mit dem gekoppelten iPhone, um Nachrichten an den Besitzer zu schicken. Alles geschehe lokal: Wer seinen Friend verliere oder zerstöre, habe keine Möglichkeit, ihn wiederherzustellen.
Zwischen Tamagotchi und KumpelDer 21-jährige Erfinder Avi Schiffmann zieht in einem
Interview zum Vorbestellungsstart Parallelen zum Neunziger-Jahre-Spielzeug „Tamagotchi“. Bekannt wurde Schiffmann, als er im Alter von 17 Jahren die Website
nCOV19.live mit aktuellen Statistiken zum Verlauf der COVID-19-Pandemie aufsetzte. Er verweigerte sich allen Monetarisierungsangeboten und widmete sich stattdessen humanitären Projekten, vermittelte etwa Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine. Nach einem Semester an der Harvard-Universität entschied er, ein KI-Startup zu gründen. Binnen kurzer Zeit sammelte er 2,5 Millionen US-Dollar Startkapital ein. Für die URL „friend.com“ zahlte er 1,8 Millionen US-Dollar – später sollen darüber ebenfalls Gespräche mit KI-basierten Freunden möglich sein.
99 US-Dollar, keine Abo-GebührAnfang 2025 soll das tragbare Sprachmodell auf den Markt kommen, zunächst in den USA und in Kanada. Für knapp 100 US-Dollar
erhalte man den runden Anhänger nebst weißer Hülle, Ladegerät und zwei Umhängebändern. Aktuell werden nur iPhones unterstützt, Android-Support sei in Planung. Ein kurzes Werbevideo auf YouTube zeige exemplarische Anwendungen. In den Kommentaren mehren sich kritische Stimmen: Manche hinterfragen das Produkt, andere die Aussage des Videos.