Kommentar: ING-DiBa & Apple Pay – Wie man sich um Kopf und Kragen reden kann
Nach Apples Ankündigung, den Bezahldienst Apple Pay bis Ende des Jahres nach Deutschland zu holen, gab es von vielen Banken Stellungnahmen. Einige kündigten direkt an, Apple Pay unterstützen zu wollen. Dazu zählen unter anderem die Deutsche Bank, Comdirect, die HypoVereinsbank sowie N26. Andere präferieren ihr eigenes Bezahlsystem und wollen daher Apple Pay nicht einführen. Die komplette Aufstellung aller Banken mit Pro- und Contra-Aussagen finden Sie in
diesem Artikel. Einige Banken machten aber keine gute Figur und sorgen stattdessen mit widersprüchlichen Aussagen für Verwirrung – oder geben inhaltlich stark fragwürdige Stellungnahmen ab. Während die Sparkasse Apple zur Freigabe des NFC-Chips zwingen möchte (siehe
), verspricht die GLS-Bank ein System, das "einfacher" und "sicherer" als Apple Pay sein soll. Besonders für Diskussionen sorgen allerdings die Ansichten der ING-DiBa zum Thema Mobile Payment – und mit jeder neuen Stellungnahme steigt der Ärger der Kunden. Ein Beispiel, wie man Pressearbeit gegenüber eines technisch interessierten Publikums nicht machen sollte.
DiBa, Teil 1Auf die ersten Fragen hatte die DiBa noch geantwortet, man beobachte erst einmal den Markt und wolle feststellen, ob Interesse besteht. Auf keinen Fall komme Apple Pay oder Google Pay noch in diesem Jahr. Es regnete daraufhin hunderte Beschwerden im Support-Bereich der DiBa und auch über die Sozialen Netzwerke blies der Bank ein rauer Wind entgegen. Die DiBa reagierte... und antwortete nun neben Einstreuen diffuser Sicherheitsbedenken, man nehme die Kundenmeinungen zur Kenntnis (wenngleich man nicht alle lesen könne – was angesichts der Vielzahl sicher der Wahrheit entsprechen dürfte), ändere aber die Meinung nicht. Erwartungsgemäß wurde der Ton nun noch schärfer und viele Kunden, welche die DiBa bislang immer als sehr moderne Bank wahrnahmen, zeigten sich fassungslos.
DiBa, Teil 2Als ob der Karren aber noch nicht tief genug in den Dreck gefahren wurde, legte die DiBa mit einer dritten Stellungnahme nach – und diese ist nicht mehr nur eine wirtschaftliche Entscheidung, sondern inhaltlich grob unsinnig. So heißt es: "Allerdings hat sich das Bezahlen per Smartphone in vielen Ländern, in denen es bereits angeboten wird, nicht durchgesetzt" – das ist, gelinde gesagt, Quatsch und inhaltlich nicht belegbar. Noch unbegreiflicher ist, wie die DiBa auf diese Behauptung kommt: "Selbst in den USA, dem Heimatmarkt dieser Dienste, bleiben die Nutzerzahlen hinter den Erwartungen zurück." Gerade in den USA entwickelt sich Mobile Payment gerade zum
Billionenmarkt – und Marktforschern zufolge werden die Erwartungen nach einem zunächst verhaltenen Start inzwischen deutlich übertroffen. Schon jetzt stammen 15 Prozent aller kontaktlosen Zahlungen von Smartphones, obwohl einige große US-Ketten gar kein Apple Pay oder Google Pay anbieten.
DiBa, Teil 3Aber damit nicht genug, denn es geht noch kontroverser. Ebenfalls von der DiBa via Support-Kanal: "Als Wirtschaftsunternehmen macht es für uns keinen Sinn, Geld in einen Hype zu investieren, der sich später als Nischenprodukt herausstellt". Damit dürften die Herausgeber dieser Stellungnahme wohl eine marktweit exklusive Meinung halten, denn als "Hype" oder gar "Nischenprodukt" bezeichnet sonst niemand den Billionenmarkt des Mobile Payments. Die DiBa schließt mit einem versöhnlich gemeinten "Sollte die Akzeptanz im sonst eher konservativen Deutschland höher als erwartet ausfallen, werden wir unsere Entscheidung überdenken." Angesichts der nun schon in die Tausende gehenden Beschwerden, die beinahe im Sekundentakt auf die DiBa einprasseln, darf man an dieser Stelle wohl getrost die These aufstellen, dass die Akzeptanz der Apple-Kunden gegenüber der DiBa fortan deutlich abnimmt.
Nicht die Entscheidung an sich, nur auf NFC anstatt Mobile Payment via Apple Pay oder Google Pay zu setzen, sondern die äußerst unrühmliche, eskalierende und inhaltlich kaum nachvollziehbare Kommunikationspolitik führt momentan dazu, dass die DiBa von allen nicht-teilnehmenden Banken den größten Protest abbekommt. Für eine Bank, die sich Modernität so auf die Fahnen schreibt, wahrlich kein Ruhmeskapitel. Sollten nun wirklich Apple-Kunden in Scharen nach einer neuen Bank suchen, gibt es möglicherweise aber doch ein Umdenken... noch bevor die DiBa die Akzeptanz beobachten konnte.
Aktualisierung Dezember 2018Nachdem bereits vor einigen Wochen offizielle Diba-Stimmen zu hören waren, die frühzeitige Festlegung sei ein Fehler gewesen, gibt es jetzt einen Kurswechsel. Zum Marktstart von Apple pay in Deutschland gab die Bank bekannt: Ab 2019 sind wir mit dabei.