Kommentar: Kein watchOS 5 für erste Apple Watch – das kostet Vertrauen und disqualifiziert endgültig als Modeartikel
Apples Strategie, die Apple Watch als teuren Modeartikel zu positionieren, ist wohl grundlegend gescheitert. Zunächst hatte Apple viele Modeexperten ins Unternehmen geholt und auch Kooperationen mit Modelabels geschlossen, um die Apple Watch in exklusiven Geschäften zu präsentieren. Als Aushängeschild galt die Apple Watch Edition mit Gehäuse aus 18-karätigem Gold und Preisen zwischen 11.000 und 18.000 Euro. Sehr schnell zeigte sich jedoch, dass die Apple Watch zwar ein erfolgreiches Sport-Accessoire ist, für die allerwenigsten Nutzer aber modische Aspekte die wichtigste Rolle spielen. Schon mit der zweiten Generation änderte Apple daher die Vermarktung grundlegend zugunsten von Sport und Gesundheit, die goldene Uhr verschwand und "Edition" beschreibt seitdem ein Keramikgehäuse. Verglichen mit den Preisen anderer namhafter Uhren konnte man Apple selbst bei den teuren Ausführungen nicht vorwerfen, mit völligen Mondpreisen zu arbeiten. Kritische Stimmen kritisierten allerdings, dass es sich um einen Wegwerf-Artikel mit stark begrenzter Lebensdauer handle – und in gewisser Weise sollten sie Recht behalten.
Als Apple auf der WWDC-Keynote watchOS 5 zeigte, war keine Rede vom Hardware-Support. In der kurz darauf erscheinenden Pressemitteilung machte man jedoch klar: Die erste Apple Watch erhält das Update nicht mehr. Normalerweise unterstützt Apple Hardware fünf Jahre oder länger, bei der Apple Watch des Jahres 2015 ist nun aber bereits nach drei Jahren Schluss (sogar nach zwei Jahren, wenn man bedenkt, dass die "Series 0" noch im September 2016 erhältlich war). Sicherlich muss man die Uhr deswegen nicht direkt in den Müll werfen, denn die bisherige Funktionalität bleibt bestehen. Updates gibt es aber nicht mehr. Dies hinterlässt ein flaues Gefühl – und damit sind noch nicht einmal jene handvoll Kunden gemeint, die eine fünfstellige Summe für eine ab Herbst zum alten Eisen bzw. Gold zählende Uhr berappten. Alle Kunden der ersten Generation müssen nun mit ansehen, wie schnell Apple keine neuen Systeme mehr für ihre Smartwatch anbietet.
Sehr teuer - und sehr schnell antiquiert
Natürlich glänzte die erste Apple Watch nicht mit übermäßiger Rechenleistung und verglichen mit neueren Modellen verrichtet die 2015er Versionen viele Aufgaben recht zäh. Dennoch hätte Apple ein Update veröffentlichen können, dass nur einige neue Funktionen mitbringt – also wie es bei den meisten iOS-Updates der Fall ist, die ebenfalls nicht alle Neuerungen für ältere iPhones bereitstellten. Außerdem ist nicht ersichtlich, was an watchOS 5 so neu sein soll, um die erste Apple Watch vollständig außen vor zu lassen. Eine Uhr ist kein Handy, das man alle 24 Monate zur Vertragsverlängerung austauscht. Eine Uhr ist, oder war zumindest, eine Begleiter für viele Jahre. Mit dieser Vorstellung hat Apple nun Schluss gemacht und gezeigt, dass die Apple Watch in der Tat jener kurzlebige Wegwerfgegenstand ist, als den sie die Kritiker der ersten Tage bezeichneten. Auch Hoffnungen auf ein Upgrade-Kit, bei dem neue Hardware in das bewährte Gehäuse kommt, zerschlugen sich.
Käufern einer 269 Euro teuren Apple Watch Series 1 (2016 erschienen), wie sie noch immer im Apple Store angeboten wird, gibt dies vermutlich nicht zu denken. Sicherlich wurden die jeweils günstigsten Varianten nicht von Uhrenliebhabern gekauft, sondern eher von Nutzern, die einen kleinen Computer am Armgelenk oder einen leistungsfähigen Fitness-Tracker wollen. Wer hingegen seine Omega, Rolex, Cartier oder Breitling gegen eine der hochwertigeren Versionen der Apple Watch eintauschte, muss ernüchtert feststellen, noch sehr viel früher als gedacht veraltete Technologie zu tragen. Von einer derart kurzen Zeitspanne bis zum Ende des Software-Supports war kaum auszugehen, Apple überraschte negativ.
Vertrauen kostet ein solcher Schritt in jedem Fall und zeigt vor allem eines: Ein ernstzunehmender Modeartikel ist die Apple Watch trotz all ihrer beindruckenden Technologie ganz sicher nicht – und wenn, dann nur einer zum regelmäßigen Austauschen und Wegwerfen. Angesichts der Verkaufszahlen der Apple Watch lässt sich sagen: Auch die Uhrenbranche ist nun in der rasanten und schnelllebigen Elektronikwelt angekommen - selbst wenn neuere Generationen wohl ein bis zwei Jahre länger durchhalten dürften. Es bleibt zu hoffen, dass wenigstens die Kommunikation mit dem jeweils aktuellen iPhone noch lange gewährleistet ist, auch wenn dieses dann unter iOS 13, 14 oder 15 läuft.