Kommentar: Siri, du gehst mir auf die Nerven!
Digitale Sprachassistenten gibt es in vielerlei Ausprägung - jüngste Beispiele sind die immer beliebter werdenden intelligenten Lautsprecher. Beispielsweise konnte Amazon mit den Alexa-Produkten eine große Nutzerschar überzeugen und Entwickler haben unzählige "Skills" entwickelt, wie die Apps mit Sprachsteuerung und Sprachausgabe genannt werden. Und auf der Apple-Plattform? Da haben wir Siri. Wir schreiben das Jahr 2017. Wir zählen das siebte Kalenderjahr, in dem Siri sich auf hunderten Millionen iOS-Geräten bewähren darf. Wir haben seitdem mehrere große iOS-Updates installiert, die allesamt eines gemeinsam haben: Siri blieb gleich blöde. Während andere Sprachassistenten sich ständig weiterentwickelten, hat man bei Siri den Eindruck, sämtliche Energie des Siri-Teams fließe in das Ersinnen spaßiger und launischer Antworten - aber keinesfalls in sinnvolle funktionelle Verbesserungen.
Ich will keine Syntax auswendig lernen...Eigentlich sollte die Stärke von Siri sein, sich nicht wie bei früheren Sprachsystemen eine exakte Syntax einprägen zu müssen. Und Siri? Dort ist man ohne genaues Syntax-Wissen schier aufgeschmissen. Unverständlich bleibt, warum die Qualität einzelner Bereiche so eklatant auseinanderklafft. Reine Spracherkennung funktioniert exzellent und selbst bei Umgebungsgeräuschen kann Siri gesprochenes Wort akkurat in Text transkribieren. Die Malaise beginnt anschließend. Was dann mit den Befehlen passiert, spottet oft jeder Beschreibung. Sprachbefehle, die über "Wecker 7 Uhr" oder "Timer 15 Minuten" hinausgehen, werden reines Glücksspiel.
...ich will nur, dass Siri tut, was Apple verspricht"Siri, lege einen Termin für Donnerstag um 17:30 an" führt zum Eintrag "Termin" im Kalender. Nicht zur Nachfrage, um was für einen Termin es sich handelt. Anschließend per weiterem Befehl "Termin" auf "Frisör" zu setzen, scheitert. Siri bietet an, das Thema zu ändern. Versteht aber nicht "Ändere das Thema!". "Donnerstag 17 Uhr 30 Frisör" bringt eine Websuche zu Frisören hervor. Lediglich, wer die Zauberformel kennt, kommt zum Erfolg. "Siri, lege für Donnerstag um 17 Uhr 30 einen Termin Frisör an". Einen "Ortsverwaltungstermin" transkribiert Siri zwar korrekt, legt aber dennoch "Termin" an.
Stur - und kein Assistent"Siri, lege mir für 16 Uhr eine Erinnerung an". Was macht Siri? Antwortet mit "Du hast keine Erinnerungen, die heute fällig sind. Ich sehe keine Erinnerungen, die heute fällig sind". "Siri, rechne 17 mal 37". Was macht Siri? Rechnet 17 x 7 aus. Manchmal auch 17 x 7 + 30. Oder: "Ich habe im Internet leider nichts zu siebzehnmal 7:30 Uhr gefunden". Auch "Rechne aus 17 mal 37" führt zu nichts. Die Antwort: "Ich habe das leider nicht verstanden. Könntest du bitte umformulieren?" Was verlässlich nicht getan wird: 17x37 zu rechnen. Dabei gibt Siri auf der Apple Watch oft auch ganz andere Antworten - der Sprachbefehl zur Erinnerung funktionierte beispielsweise.
Offline: Komplettes AusApple argumentiert bezüglich der Siri-Qualität widersprüchlich. Einerseits heißt es, so gut wie niemand wolle mehr als Zwei-Wort-Befehle nutzen (angeblich nur wenige Hundert Anfragen pro Tag), anderseits lautet die Erklärung für reine Online-Funktionalität aber, man müsse serverseitig reagieren können. Außerdem wäre es sonst erforderlich, eine umfangreiche Datenbank mitzuliefern. Wenn aber tatsächlich nicht mehr als "Timer 15 Minuten", "Wecker 7 Uhr" oder "Erinnerung 16 Uhr Frisör" abverlangt wird - warum dann nicht wenigstens diese simpelsten Basisbefehle offline anbieten, so wie es schon bei Spracherkennungen vor Siri möglich war? Im Waschkeller ohne Mobilfunkempfang könnte dann wenigstens direkt der Timer für die Wäsche gestellt werden.
Quatschfragen beantwortet Siri hingegen sicher
Fazit: Siri soll einfach nur das tun, was 2011 versprochen wurdeWenn Siri 2017 einfach nur täte, was für Siri 2011 schon versprochen wurde - alles wäre wunderbar. Damals bewarb Apple wie erwähnt den Sprachassistenten explizit damit, sich keine genauen Ausdrücke mehr merken zu müssen. Siri sei intelligent und erkenne den Inhalt, nicht nur feste Phrasen. Ob "Wie wird das Wetter morgen" oder "Brauche ich morgen einen Regenschirm" oder "Wetter morgen" oder "Morgen Regen?" - alles sollte funktionieren. Die Praxis sieht leider immer noch anders aus. Während Siri im Englischen zumindest etwas bewanderter ist und beispielsweise auch auf Wolfram Alpha zugreifen kann, sieht es in allen anderen Sprachen sehr mau aus. Fragen nach "What is Pi" beantwortet Siri im Englischen seit geraumer Zeit korrekt, in allen anderen Sprachen muss im Internet nachgesehen werden. Nutzer aus Österreich und Schweiz haben es noch schlechter, wie spätestens seit der Einführung der Siri Remote bekannt ist (siehe
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Dass Apple den HomePod als Lautsprechersystem bewirbt, der auch ein bisschen Siri kann, zeigt recht deutlich, wie es um die Vielseitigkeit des Sprachassistenten bestellt ist. Ganz explizit vermarktet Apple den HomePod nicht als intelligenten Lautsprecher wie Amazon Alexa oder Google Echo. Die Hoffnungen, dass Siri in absehbarer Zeit einmal halten wird, was seit Jahren gewünscht ist, scheinen daher Illusion zu bleiben. Theoretisch kann Siri enorm viel, wie auch der Sprachbefehl "Was kannst du alles?" dokumentiert. Dem stehen allerdings die ausgeprägten Verständnisschwierigkeiten in allen Sprachen außer Englisch entgegen.