Kommentar: Wie wichtig der Mac für Apple ist, demonstriert die ARM-Umstellung
Auch wenn es schon seit dem iPod in den Apple-Foren regelmäßig hieß, Apple habe das Interesse am Mac verloren, so gab es wohl tatsächlich einen kritischen Zeitpunkt. Diesen kann man auf die Jahre 2010/2011 datieren, als das erste iPad auf den Markt kam. Viele Marktbeobachter prognostizierten, Tablets könnten klassischen Computern nun den Rang ablaufen und zur wichtigsten Plattform werden. Das Ende herkömmlicher PCs schien gekommen und die anfänglichen Auswirkungen auf die Verkaufszahlen schienen dies zu bestätigen. Doch auch Apples eigenes Verhalten war so zu interpretieren, als sehe man den Mac nicht unbedingt mehr als Zukunftsprodukt. Steve Jobs sprach immer wieder sehr offen von der "Post PC"-Ära – einer Zeit, in der klassische Konzepte an Bedeutung verlieren ("We’re going to demote the PC and the Mac to just be a device" und neue Geräte (u.a. Tablets) zum Siegeszug ansetzen.
OS X 10.7 Lion verfolgte beispielsweise das Konzept "Back to the Mac", womit aber gemeint war, dass viele iPad-Funktionen auf den Mac wanderten und die Plattformen funktionell näher zusammen brachten. Die Kritik an dieser Produktpolitik war nicht leise, denn diverse Umstellungen mochten für iPhone und iPad passen, nicht aber für den Mac. Funktionen wie Launchpad ergaben ohne Touchbedienung wenig Sinn und gelten oft als sichtbares Beispiel für eine Entwicklung in die falsche Richtung (wenngleich es das Feature auch heute noch gibt...). Manche Umstellungen von Lion wurden mit OS X 10.8 Mountain Lion übrigens direkt wieder rückgängig gemacht, unter anderem das Verhalten von Mission Control, welches Exposé nachfolgte.
Die Tablet-Revolution blieb aus, der Mac florierteDer Markt entwickelte sich jedoch ganz anders, als 2010/2011 gedacht. Tablets wurden bekanntlich nicht zur wichtigsten Plattform, stattdessen stagnierten die Verkaufszahlen schnell, um dann sogar deutlich zurückzugehen. Ganz anders beim Mac: Apple feierte regelmäßig Absatzrekorde. Die Computer, vor allem Notebooks, waren gefragt wie nie – und kaum jemand dürfte seitdem ernsthaft infrage gestellt haben, ob der Mac noch eine Zukunft hat. Sicherlich hatte Apple den Mac Pro als nicht mehr attraktives Nischenprodukt auserkoren, die zögerliche Produktentwicklung sprach Bände, ansonsten entwickelte Apple den Mac aber konsequent weiter. Man kann begründet spekulieren, dass der Mac heute einen höheren Stellenwert für Apple hat, als es in den letzten Jahren Steve Jobs' der Fall war.
Der ARM-Umstieg: Bekenntnisse zum MacSicherlich rückt der Mac, zumindest von der eingesetzten Hardware, näher denn je an iPad und iPhone heran. Dennoch ist die Aussage falsch, der Mac sei damit eigentlich auch nur noch ein großes Tablet. Das Gesamtprodukt lässt sich nicht auf einen Teilaspekt reduzieren, denn in vielerlei Hinsicht machte Apple klar, dass der Mac als eigene Kategorie behandelt wird. Dabei ist offensichtlich, welchen Aufwand Apple an den Tag legte, um Nutzern eines ARM-Macs nichts wegzunehmen – die fehlende Windows-Unterstützung einmal außen vor. Multi-Boot, Unterstützung sämtlicher Frameworks aus macOS 10.15 (sogar OpenGL!) bis hin zu KEXT-Support zeigen, dass es nicht zum befürchteten/erwarteten Kahlschlag kam.
Apple hätte einen viel einfacheren Weg gehen können, entschied sich aber dazu, den Mac trotz maßgeblicher Umstellung im Inneren nicht in seinem Wesen zu verändern. Für den Normalanwender wird es keinen Unterschied machen, ob nun ein Intel-Chip werkelt oder ob Apple Silicon für die Arbeit zuständig ist. Auch an professionelle Anwender dachte Apple und ist bestrebt, diesen einen einfachen Übergang zu bieten. Würde Apple im Mac keine langfristige Zukunft sehen, so wäre der ARM-Umstieg genau der Zeitpunkt, um die Plattform zu degradieren. Dies ist nicht erfolgt, denn Apple betreibt hohen Aufwand, um den Mac zu einem besonderen Produkt zu machen – und zwar zu einem, welches sich demnächst deutlicher denn je von der PC-Konkurrenz abheben kann.