Kommentar: iPhone 12, HomePod mini und Apples Corona-bedingter Strategiewandel für Produktpräsentationen
Machen wir uns nichts vor: Wenn Apple eine Keynote zur Vorstellung neuer Produkte abhält, dann ist das eine reine Werbeveranstaltung. Nichts anderes. Daran ändert auch eingeladenes (Fach-) Publikum mit anschließender Anfass-Zeremonie nichts.
Natürlich ist der Ausfall von Fachtagungen wie der World Wide Developers Conference (WWDC) bedingt durch die verflixte Pandemie ein großer Verlust. Irgendwann will man sich auch mal wieder treffen, und Apple hat unmissverständlich klar gemacht, dass auch ihnen daran liegt, so bald wie möglich wieder echte Zusammenkünfte von Entwicklern organisieren zu können. Doch für die Produktvorstellungen, die bislang stets auf der sogenannten Keynote in einer Bühnenveranstaltung vorgestellt wurden, spielt das eigentlich keine Rolle.
Die derzeitige Art der Produktpräsentation mittels hochwertig (vor-) produzierter Videos ist eigentlich viel attraktiver. Zugegeben, nicht unbedingt für uns Otto-Normal-Nerd, die wir sowieso nicht vor Ort sein können und einfach den Livestream anschauen oder den Live-Ticker auf MacTechNews lesen. Es macht keinen großen Unterschied, ob die Moderation vor Live-Publikum auf einer Bühne erfolgt und dort verschiedene Filmchen eingespielt werden, oder ob alles in einem Video mit vorher aufgezeichneter Moderation zusammengeschnitten wird.
Das Bühnen-Flair mit eventuellen Versprechern oder anderen kleinen Patzern fällt weg. Weniger Dinge, über die man sich nachher lustig machen kann. Die Videopräsentationen sind (noch) etwas noch steriler, aber mit beeindruckenden Umschnitten und Videofahrten gespickt, die visuell eindeutig mehr bieten. Für Apple hat das aber mehrere große Vorteile.
Erstens bietet eine reine Videopräsentation den Vorzug, dass sich Patzer komplett vermeiden lassen. Was für den Beobachter vielleicht das Salz in der Suppe einer Live-Präsentation ist, hat aus Marketing-Sicht für Apple keinen Nutzen. Die Produkte sollen fehlerfrei und perfekt präsentiert werden. Eventuell peinliche Vorfälle sind bei reinen Videopräsentationen ausgeschlossen.
Zweitens: Apple entwickelt sich weiter und weiter zu einem Vollsortimenter mit immer mehr Produkten und Diensten. Die schiere Menge der notwendigen Erklärungen macht es nötig, die Vorstellungen in mehrere Sessions aufzuteilen, wie es derzeit gerade demonstriert wird. Statt alles in eine lange und am Ende ermüdende Keynote zu packen, werden die Neuheiten einfach in mehreren Videoevents präsentiert. Im September iPads und Apple Watch, im Oktober
iPhone 12 und
HomePod mini, im November dann aller Voraussicht nach Mac Silicon (neue Macs mit eigenen Prozessoren) und evtl. weitere Goodies, wie die ersten Apple Bügelkopfhörer (a.k.a. AirPods Studio). Das heißt mehr Aufmerksamkeit über einen größeren Zeitraum.
Sollte die COVID-19-Misere tatsächlich im nächsten Jahr durch wirksame Impfstoffe eingedämmt werden und unser Leben wieder in normale Bahnen kommen (was keineswegs sicher ist), werden wir daher vermutlich auch zukünftig mehr reine Videopräsentationen von Apple erleben. Ob es irgendwann wieder eine Keynote mit wichtigen Produktvorstellungen im Zuge einer WWDC geben, bleibt abzuwarten. Durchaus möglich. Virtuelle Events wie in dieser Woche dürften aber mit hoher Wahrscheinlichkeit künftig verstärkt für Produkpräsentationen genutzt werden.
Ich hätte kein Problem damit.