Kostenrechnung: Wenn das iPhone nicht mehr aus Asien käme
Apple bemüht sich stets um ein positives, fortschrittliches Image, auch und insbesondere in gesellschaftlichen Bereichen. Nicht zuletzt deswegen nagt es am Ansehen der Marke, wenn die Sprache auf Apples Steuermoral oder die Arbeitsbedingungen bei den ostasiatischen Zulieferern kommt. Die oft geforderte Konsequenz: Apple soll die Produktion in die Vereinigten Staaten verlagern.
Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat sich nun mit diesem Szenario auseinandergesetzt. Ziel der Überlegungen war es, Machbarkeit und Konsequenzen eines »All-American iPhone« abzuschätzen. Allerdings stößt man schon bei der Definition auf Schwierigkeiten: Reicht es für ein heimatproduziertes Smartphone aus, wenn die Endmontage in den USA vorgenommen wird? Oder müssen alle Zulieferer ebenfalls in den USA sitzen? Das MIT betrachtete kurzerhand beide Varianten und fügte als drittes Szenario sogar noch den Extremfall hinzu, dass das gesamte Rohmaterial aus den USA stammen müsse.
Szenario 1 - Produktion in den USAIm Augenblick ist Foxconn aus Taiwan für das Zusammenbauen der iPhones zuständig. Die häufigen Skandale rund um die iPhone-Fabriken könnte Apple mit einer Verlegung in die USA umgehen. Allerdings müssten die Kunden dann mit einem höheren Preis von etwa 30 bis 40 US-Dollar pro Gerät rechnen.
Diese Mehrkosten resultierten übrigens nicht aus dem zunächst naheliegenden Grund, nämlich höheren Lohnkosten in den Vereinigten Staaten. Ursache sei vielmehr, dass trotz der Produktion zu Hause die meisten Komponenten von ausländischen Zulieferern gekauft werden müssten. Die notwendige Logistik, alle Einzelteile in die USA zu schaffen, sei viel kostspieliger als wenn nur das Endprodukt seinen Weg nehmen müsste.
Gleichzeitig würde ein solcher Schritt dem MIT zufolge kaum positive Folgen für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt nach sich ziehen. Die meisten notwendigen Vorgänge seien automatisiert, zusätzliche Stelle nicht nötig.
Szenario 2 - Zulieferer in den USAWill Apple einen Schritt weiter gehen und auch alle Komponenten in den USA fertigen lassen, wäre eine massive Umstellung der Zuliefererkette nötig. Momentan bezieht Apple für iPhone, iPad und Mac Teile von 766 verschiedenen Zulieferern, von denen 717 nicht in den USA ansässig seien. 346 davon sitzen in China, 126 in Japan, 41 in Taiwan und die anderen verteilen sich auf 24 weitere Staaten.
Das MIT kommt zu dem Urteil, dass dieser massive Zuliefererwechsel möglich ist. Der schnelle Fortschritt in den Branchen erlaubt es allen Unternehmen, in kurzer Zeit eigene Fabriken in den USA aufzustellen. Allerdings müssten die Preise der iPhones dafür um bis zu 100 US-Dollar pro Stück angehoben werden. Erneut sei nicht in erster Linie das höhere US-Lohnniveau, sondern die immensen Investitionskosten für die neuen Anlagen dafür verantwortlich.
Szenario 3 - Grundmaterialien aus den USAVöllig utopisch sei dagegen der Anspruch, für ein iPhone nur US-amerikanische Rohstoffe zu verwenden. Das Apple-Smartphone besteht aus 75 chemischen Elementen, zwei Drittel des Periodensystems. Viele davon kommen in den USA nicht vor oder sind nicht abbaubar. Beispielsweise kommen 85 Prozent der sogenannten »Seltenen Erden« aus China. Ganz ohne Einkäufe von außen sei ein iPhone also gar nicht zu produzieren.
Außerdem stellt sich bei solchen Schritten immer auch die Frage, ob und inwieweit Kunden bereit sind, höhere Preise für die Geräte zu zahlen. Außerdem fielen folgerichtig zahlreiche Jobs in den Zuliefererländern weg. Trotzdem bleibt die Forderung nach Produktion in den USA laut, insbesondere auch bei dem einen oder anderen Kandidaten für die US-Präsidentschaft.
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