"Kunden nicht zum iPhone X überreden" - Warum Apple Stores wieder wie vor 15 Jahren funktionieren
Als das Konzept der Apple Stores ersonnen wurde, gab es vor allem einen Leitgedanken: Die Geschäfte sollten nicht Umsatz um jeden Preis machen. Stattdessen war der Apple Store als Treffpunkt gedacht, wo sich Apple-Produkte aller Art ausprobieren lassen. Am Anfang der Retail-Initiative regte Apple auch an, dass jeder in den Store kommen und Musik von eigenen CDs rippen oder Urlaubsvideos vom eigenen Digital-Camcorder schneiden könne. Inzwischen sind die Geschäfte natürlich viel zu überlaufen, um jedem Besucher derart viel Raum einzuräumen - gleichzeitig hat auch seit Jahren jeder Anwender die Infrastruktur, um mit digitalen Medien umzugehen. Um Kunden keine Produkte aufzuschwatzen, galt zudem die Devise, Verkäufern keine Verkaufsprovisionen zu bezahlen. Nutzer sollten das genau für sie passende Produkt finden - und nicht das für Apple margenstärkste.
Von Zufriedenheit auf KosteneffizienzEs zeichnete sich jedoch sehr bald ab, wie einträglich die Apple Stores sind und so verschob Apple nach und nach den Fokus. Den Höhepunkt der Ausrichtung auf Gewinn war wohl in jener Zeit zu konstatieren, als John Browett für kurze Zeit die Leitung des Retail-Bereichs übernahm. Starke Kostenreduzierung, Entlassungen, Benchmarking der Verkäufer sowie die klare Anordnung, noch möglichst viel zusätzliches Zubehör zu verkaufen, lautete die Devise. Nicht mehr Kundenzufriedenheit, sondern Gewinn stand im Vordergrund.
Von Kosteneffizienz zurück zu KundenzufriedenheitRetail-Chefin Angela Ahrendts verfolgt stattdessen wieder einen Kurs, der stärker der Strategie in den Anfangsjahren gleicht. Aus vieler ihrer Aussagen wird klar, dass der Besuch eines Apple Stores (wenngleich "Store" unlängst aus dem offiziellen Sprachgebrauch gestrichen wurde) ein Erlebnis sein soll. Effizienz ist dann wichtig, wenn sie dem Kunden Vorteile bringt - und weniger dann, wenn sie nur Apple Kostensenkung ermöglicht. Auch setzt Ahrendts darauf, Kunden langfristig zufrieden zu stellen, indem alle Besucher mit dem für sie passenden Produkt den Laden verlassen.
Nicht überreden, sondern das richtige Produkt findenIn einem
Interview erklärte Ahrendts gerade erst, Mitarbeiter der Stores sollen nicht versuchen, alle Kunden zum Kauf des iPhone X zu überreden. Diesbezüglich gebe es eine eindeutige Weisung. Stattdessen setze man auf den Slogan "das passende iPhone für jeden". Wer in den Store komme, solle erst einmal gefragt werden, welche Erwartungen oder Zielsetzungen vorliegen. Erst dann sei es möglich, eine richtige Wahl zu treffen. Die Gespräche mit Kunden hält Ahrendts für einen essenziellen Faktor.
Automatisiertes Verkaufen bzw. Online-Shopping eliminieren ihrer Ansicht nach nicht Arbeitsplätze im Retail-Bereich. Der Einzelhandel habe weiterhin Berechtigung, viele Kunden wollen genau diese persönliche Bindung, wenn sie Produkte abholen. Hat der Besucher nun das Gefühl "Hier wurde sich gut um mich gekümmert!", so wird er auch bei zukünftigen Einkäufen wieder zum jeweiligen Anbieter kommen. Damit unterscheidet sich Apples aktuelle Strategie nur noch gering von den Grundauffassungen vor mehr als 15 Jahren.