B&W 800-Serie Diamond: Edellautsprecher ganz großDie im Anleser angesprochene Begeisterung für Technik kommt in mir bei solchen Nachrichten immer ganz besonders zum Vorschein: Wenn beispielsweise ein angesehener Lautsprecherhersteller wie B&W seine renommierteste Lautsprecherserie komplett neu auflegt, muss einfach der Funke der Faszination überspringen. Wenn nicht, hätte der Hersteller etwas dramatisch falsch gemacht. Ist hier aber zum Glück nicht der Fall.
Die Rede ist von der
B&W Lautsprecherserie 800, deren Ursprung bereits fast 40 Jahre in der Vergangenheit liegt. Die Lautsprecher mit den charakteristisch abgesetzten Gehäusen für Mittel- und Hochtöner und der gelben Kevlar-Mitteltonmembran haben nicht nur bei (für diese Preisklasse) unglaublich vielen HiFi- und Heimkinofans ein Zuhause gefunden und zahllose Preise eingeheimst, sie werden auch in vielen angesehenen Tonstudios als Abhörmonitore genutzt. (Was übrigens ein schöner Beleg dafür ist, dass es eine Unterscheidung zwischen "professionellen" und "nicht-professionellen" Lautsprechern nicht geben muss. Das Ziel ist in jedem Fall das selbe: Bestmöglicher Klang.)
Die lange Geschichte der 800-Serie aufzurollen oder jede einzelne ihrer technischen Innovation hier durchzukauen würde eindeutig zu weit führen. Lieber möchte ich Ihnen gleich die neueste Generation vorstellen: Die
B&W Lautsprecherserie 800]B&W 800-Serie D3. Diese besteht vorerst aus sechs Lautsprechermodellen der High-End-Klasse:
- Standlautsprecher 802 D3: 22.000 Euro/Paar
- Standlautsprecher 803 D3: 17.000 Euro/Paar
- Standlautsprecher 804 D3: 9.000 Eurp/Paar
- Kompaktlautsprecher 805 D3: 6.000 Euro/Paar (Standfüße zusätzlich 1.000 Euro/Paar)
- Centerlautsprecher HTM1 D3: 6.000 Euro (Standfuß zusätzlich 600 Euro)
- Centerlautsprecher HTM2 D3: 4.000 Euro (Standfuß zusätzlich 600 Euro)
Im Frühjahr 2016 folgt dann noch das Spitzenmodell 800 D3, welches exakt 30.000 Euro pro Paar kosten wird.
Auch wenn die neue 800-Serie D3 optisch gegenüber den Vorgängern D2 unverkennbar ihre Familienzugehörigkeit zeigt, blieb doch technisch so gut wie kein Stein auf dem Anderen. Das einzige Bauteil, welches nicht geändert worden sein soll, ist die aus künstlichem Diamant "gezüchtete" Diamantkalotte, für die B&W offenbar keinen besseren Ersatz und keine Optimierungen bei der Fertigung hat finden können.
Insgesamt
868 Änderungen hat es gegenüber den Vorgängermodellen gegeben. Die alle hier aufzuzählen, würde den Rahmen eindeutig sprengen, weshalb ich lediglich eine Handvoll der wichtigsten Neuerungen anschneiden möchte. Die wahrscheinlich Wichtigste von allen ist das
neue Membranmaterial namens Continuum für die Mitteltöner. Erstmals seit der Ur-800 verzichtet B&W auf das berühmte gelbe Kevlar-Chassis. Was genau es mit diesem Continuum-Meterial auf sich hat, verrät der Hersteller nicht im Detail, aber klar ist, dass es sich auch hier um ein Verbundgewebe handelt. Nur soll bei Continuum die Membran über dem gesamten Querschnitt absolut gleichmäßig schwingen und damit vollkommen verfärbungsfrei sein. Die Continuum-Mitteltöner arbeiten wie ihre Vorgänger sickenlos, also ohne zusätzlichen Gummiwulst am Rand. Die genau berechnete Nachgiebigkeit im Randbereich übernimmt deren Part. Das bedeutet weniger "Fremdmaterial" und keine Materialübergänge, die unangenehme Auswirkungen auf den Klang haben können.
Das runde, sich nach hinten verjüngende Gehäuse des Mitteltöners,
Turbine Head genannt, besteht jetzt nicht mehr aus dem Kunstharz Marlan, sondern aus Aluminium mit radial angeordneten Versteifungsrippen im Inneren. Diese Konstruktion soll noch steifer und resonanzärmer sein, als die vorherige Konstruktion. – Was auch auf das kleinere Gehäuse für den Diamanthochtöner zutrifft, der jetzt aus einem massiven Stück Alu gefertigt wird. Ein spezielles Gel-System sorgt zusätzlich für die schwingungsmechanische Entkopplung des Hochtöners und schützt ihn so vor Gehäuseresonanzen.
Die Tieftonmembranen bestehen aus einem neu entwickelten Material namens
Aerofoil, einem mehrlagigen Sandwich aus Carbon und Schaumstoff. Die früher genutzten Rohacell-Membranen sind damit Geschichte. Die Tieftöner stehen aus dem Hauptgehäuse mittels Tube-Einsätzen etwas heraus. Zusammen mit der "umgekehrten Bauform" der Gehäuse soll dies Kantenrefelxionen verhindern.
Apropos Gehäuse: Die über viele Jahre gereifte 3D-Matrix-Konstruktion der B&W-Lautsprecher wurde natürlich auch überarbeitet. Es kommen jetzt weniger Versteifungselemente und kein MDF mehr zum Einsatz, aber dafür deutlich dickere und festere Gehäuseteile aus mehrlagigem Holz. Zusätzlich gibt es Metallverstärkungen an wesentlichen Spannungspunkten. Die Rückwand – wenn man die schmale Seite hinten so bezeichnen kann – besteht quasi aus einem riesigen massiven Alu-Kühlkörper mit Rippen. An deren Innenseite ist die aufwendige Frequenzweiche montiert, womit eine optimale Wärmeabfuhr gewährleistet ist.
Selbst beim Sockel der Modelle mit Turbine Head hat B&W sich was einfallen lassen. Zur Positionierung der Lautsprecher befinden sich an deren Unterseite stabile Rollen. Ist der klanglich beste Ort gefunden, kann man mit wenigen Handgriffen die im Sockel integrierten Spikes ausfahren und justieren. Bei einem Gewicht von rund 94,5 kg einer 802 D3 bzw. 65,5 kg der 803 D3 ist das eine äußerst sinnvolle Einrichtung.
Eine Sonderstellung in der neuen 800-Serie nimmt die 803 D3 ein, die auch mein persönlicher Favorit ist. Gegenüber ihrem direkten Vorgänger bietet diese Box nun ebenfalls einen Turbine Head für den Mitteltöner, der bislang den größeren Modellen 802 und 800 vorbehalten war. Die deutlich aufwendigere Gehäusekonstruktion führt aber auch zu einem erheblich höheren Preis gegenüber der alten 803 D2.
Wer sich von den besonderen Vorzügen der neuen Continuum-Membran im Mitteltonbereich überzeugen will, dem empfiehlt B&W einen Hörvergleich des Zwei-Wege-Modells 805 D3 mit ihrem Vorgänger. Mit dem Kompaktlautsprecher ohne zusätzliche Bassmembranen sollen die Vorzüge des neuen Mitteltöners besonders deutlich zutage treten.
Leider habe ich die neue 800-Serie bislang noch nicht selbst gehört, was ich aber bei nächster sich bietender Gelegenheit nachholen werde. Die Konstruktionsdetails sind äußerst vielversprechend und das neue Design gefällt mir ausgesprochen gut. Insbesondere die weißen Ausführungen mit den mattgrauen Mittel-Hochton-Einheiten haben es mir angetan. Toll gemacht, B&W!