Besser als das Original von Apple?
Mac-Nutzer verbindet fast flächendeckend eine Gemeinsamkeit: Alle
Dinge, die es für den Mac nicht gibt, werden per se als überflüssig
bezeichnet. Weil, wenn es sinnvoll wäre, gäbe sie es ja für den Mac.
Dies wird natürlich auch gegenüber anderen Computernutzern vehement
verteidigt.
Diese Tatsache gilt allerdings immer nur bis kurz vor einer der
berühmten Steve-Jobs-Keynotes. Plötzlich gibt es etwas neues, und
"natürlich" musste man das schon immer haben.
Ganz selten passiert es dann aber doch ab und zu: Die Mac-Gemeinde hätte
gern etwas, und Steve gibt es ihnen nicht. Das prominenteste Beispiel
dafür ist wohl die berühmte 3-Tasten-Maus mit Scrollrad.
Dass mehrere Tasten möglicherweise sinnvoll sind, hat Apple ja sogar
schon selbst festgestellt: Nicht umsonst ist eine 3-Tasten-Maus
Voraussetzung für die Benutzung der hauseigenen Compositing-App "Shake".
Von 3rd-Party-Software wie der 3D-Animationssoftware Maya ganz zu
schweigen.
Die ganze Mac-Gemeinde horchte plötzlich auf, als Steve am 16. September
2003 das One More Thing verkündete: Die Wireless Mouse. Nachdem das
erste Foto gezeigt wurde, jubelten zwar alle brav - function follows
design - aber insgeheim dachte der eine oder andere dennoch: "Warum kein
Scrollrad? Warum immer nur eine Taste?"
Dies dachte man sich in Tennessee (USA) beim Hersteller MacMice
anscheinend auch - und begann die hauseigene, mit drei Tasten
ausgestattete USB-Maus "The Mouse" mit Bluetooth auszustatten. Das
Ergebnis ist nun fertig, heißt "The Mouse BT" und wird seit Freitag, den
17. September 2004 in Deutschland ausgeliefert - und kostet knapp 60
EUR. Aber kann der Konkurrent ("Designed in Tennessee USA") mit dem
Original ("Designed by Apple in California") mithalten?
"The Mouse BT" wird in einem kleinen, schlichten, schwarzen Pappkarton
geliefert. Neben der Maus selbst und einer Kurzanleitung werden zwei
AA-Batterien mitgeliefert, genauso wie bei Apple. Weitere
Treibersoftware ist unter OS X nicht notwendig.
Nach dem Einsetzen der Batterien der ersten Eindruck: Die Maus erscheint
leichter als die Apple-Maus. Die Waage zeigt 120g. Zum Vergleich: knapp
150g wiegt das Original, die normale USB-Variante von Apple sogar nur
85g.
Hier scheiden sich bereits die Geister: Viele professionelle Anwender,
gerade aus dem Grafikbereich, bevorzugen eher eine schwerere Maus. Im
direkten Vergleich wirkt die Apple-Maus etwas präziser, professioneller,
während der Herausforderer dagegen fast etwas spielzeug-leicht wirkt.
Hier muss jeder jedoch seine Präferenz selbst setzen. Den
Gewichtsunterschied merkt man aber deutlich.
Das Design ist recht gelungen. Es orientiert sich klar am Apple-Design.
Man hat anscheinend versucht, die klarer Linienführung so wenig wie
möglich durch den notwendigen Bruch zwischen den beiden Maustasten und
dem Rad zu unterbrechen. Dies ist gelungen. Also Gleichstand bisher.
Neben der getesteten Variante in Weiß gibt es übrigens auch ein Modell
im Titanium-Look, passend zu den PowerBooks.
Dagegen leider lieblos ausgefallen ist das Scrollrad. Während die
PC-Äquivalente wie z. B. die optische USB-Intellimouse von Microsoft ein
präzises, beim Drehen klickendes Scrollrad besitzen, ist dies bei "The
Mouse BT" nicht der Fall. Das Rad dreht ohne jeglichen Wiederstand. Das
lässt für präzises Scrollen nichts gutes ahnen. Dafür ist der Klick auf
das Rad dafür dann vergleichsweise schwergängig. Dadurch ist zu
befürchten, dass beim Klicken auch häufiger mal ungewollte
Scrollbewegungen ins Spiel kommen. Auch ist das Rad im Vergleich
ziemlich klein ausgefallen.
Ein weiterer Unterschied: Die Apple-Maus hat nur einen Ein-Ausschalter,
der auch gleichzeitig als Staubabdeckung für den optischen Sensor
fungiert - eine gute Idee, wenn man die Maus häufiger in möglicherweise
nicht perfekt gesäuberten Laptoptaschen transportiert. Dies fehlt "The
Mouse BT". Außerdem gibt es zwei Schalter, einen zum Pairen, den anderen
zum Ein-/Ausschalten. Letzterer ist leider äußerst klein ausgefallen.
Das komplette Ausschalten der Maus gerät da schnell zur aufwändigen
Fummelarbeit. Hier ist das Apple-Konzept deutlich besser.
Der Prozess des Bluetooth-Pairens gestaltet sich als äußerst einfach.
Sowohl ein PowerMac G5 mit DBT-120 Bluetooth-Dongle wie auch ein
PowerBook mit werkseitigem Bluetooth erkennen die Maus sofort. Im
entsprechenden Dialog kann man nun auch zusätzlich die
Scrollradgeschwindigkeit einstellen. Während diese in der
Standardeinstellung deutlich zu gering ist, ist die Mausbeschleunigung
klar zu hoch: In zwei cm über den ganzen 23"-Monitor, da passt etwas
nicht. Nach kurzem Feintuning hat man dann die passenden Einstellungen
gefunden. In den Systemeinstellungen wird übrigens nicht der aktuelle
Batterieladestand angezeigt, das Feld bleibt einfach leer. Ebenso lässt
sich der Name der Maus nicht ändern.
Im entscheidenden Vergleich, nämlich beim Handling und der Präzision muss
"The Mouse BT" ebenfalls leider hinter der Apple-Maus zurückstehen. Die
erste Enttäuschung: Auf dem dunklen Mousepad, welches die Apple-Maus
perfekt akzeptiert (übrigens ein Original NeXT-Mousepad) versagt "The
Mouse BT" quasi fast ihren Dienst. Die Bewegungen sind äußerst ungenau,
der Zeiger ruckelt ab und zu, die Beschleunigung ist unregelmäßig. Auf
einem normalen Arbeits-Holztisch dagegen funktioniert es dann schon
besser. Allerdings liegt die Betonung auch klar auf "Besser".
Die Original-Maus von Apple ist nicht nur wesentlich toleranter, was die
Oberfläche für den Sensor angeht, sondern lässt sich auch wesentlich
präziser führen. Das fällt zwar im normalen Desktop-Betrieb nur mäßig
auf, aber gerade in Applikationen wie Photoshop ruckelt es häufig arg -
besonders dann, wenn man die Maus nur millimeterweise verschieben will.
Da bleibt sie manchmal ganz stehen und ruckelt dann wesentlich weiter.
Wie bereits befürchtet fällt auch das Scrollrad suboptimal aus. Es ist
viel zu leichtgängig - und beim Klicken dreht man häufig aus Versehen im
wahrsten Sinne des Wortes am Rad.
Auch wirkt es ab und zu so, als habe die Maus irgendwie Lag: Die
Bewegung kommt zwar, aber kurze Zeit später, nachdem man sie ausgeführt
hat.
Hier geht der Punkt ganz klar an Apple. In Sachen Präzision liegt ein
himmelweiter Unterschied zwischen den beiden Produkten.
Zugegebenermaßen macht man millimetergenaue Arbeiten in Photoshop
sowieso lieber auf einem Grafiktablett. Dass es aber besser geht, beweist
Apple ganz klar. Für Action-Spieler dürfte die Maus in jedem Fall
inakzeptabel sein.
Und die eigentliche Nutzbarkeit in Programmen? Nun, wer noch nie eine
3-Tasten-Maus am Mac benutzt hat, sollte es dringend mal probieren. Man
möchte es nicht mehr missen. Sei es das schenlle Aufrufen der
Kontextmenüs des Docks, das einfache Öffnen von Links in neuen Fenster
in Safari oder das einfache Scrollen mit dem Rad durch die
iTunes-Bibliothek. Von Programmen wie Maya, Shake oder Photoshop, die
von den Möglichkeiten intensiven Gebrauch machen mal ganz zu schweigen.
Wenn man am Laptop dann wieder eine Weile mit der Original-Maus
arbeitet, ertappt man sich, wie man die Mausoberfläche mit dem
Mittelfinger drehen will: man gewöhnt sich eben sehr schnell ans Rad.
Das ist es schlussendlich auch, was dann doch wieder für "The Mouse BT" -
sofern es jedenfalls Bluetooth sein soll - spricht: die Usability des
Mac wird dadurch so verbessert, dass man bereit ist, die mangelnde
Präzision hinzunehmen. Dies ist zwar am Anfang recht störend, man
gewöhnt sich dennoch recht schnell daran und lernt damit zu leben.
Zurück bleibt also ein zwiespältiges Gefühl: Es ist zwar eine deutliche
Verbesserung der Usability, aber man hat den Eindruck, es ginge
eigentlich noch besser.
Im direkten Verglech hat Apple jedoch wieder einmal gezeigt, dass die
Produkte einfach doch noch liebervoller verarbeitet und im Detail besser
sind. Vielleicht lässt sich ja Steve bei der Wireless Mouse V2 doch noch
für weitere Tasten und Räder begeistern ...