"Mach mit beim Earth Day": Deutsches Apple-Recycling mit Umwegen
Bei Bestrebungen zum Umweltschutz hält sich Apple an die Weisheit "Tu Gutes und rede darüber". So betont der Konzern zum bevorstehenden "Earth Day" in einem schmalen Banner am Kopf der Startseite, dass Kunden ihre abgetragenen Geräte in den Apple Stores abgeben können. Apple würde die Kosten des Recyclings übernehmen. Und bei funktionierenden Produkten mit passablem Gebrauchswert gebe es das Trade-in-Programm, bei dem man für abgegebene Hardware einen Wertgutschein erhält. Apple bewerte in diesem Fall den Restwert nach Alter und Zustand und schreibe den Betrag gut.
Sei das Produkt zu alt, bewirbt die Homepage in den Vereinigten Staaten, dass man seine Altgeräte in den Apple Stores abgeben könne. Wem der Weg zu weit erscheint, bekommt eine Retourenbox zugestellt: Ein Online-Formular fragt zu recycelnde Produkte sowie Heimatadresse ab, anschließend macht sich eine Transportverpackung auf den Weg, in der Kunden ihr Altgerät verpacken und portofrei zurücksenden können.
Ein unkompliziertes Formular löst in den USA die Abholung von Altgeräten aus.
In Deutschland: Selbst kümmernEine kostenlose Rücknahme von Elektrogeräten ist in der EU ohnehin Pflicht; viele Hersteller halten sich eher bedeckt und bewerben dies nicht öffentlich. Da freut es umso mehr, dass Apple offen mit Wiederverwertung wirbt. Doch wer in Deutschland auf der
Trade-In-Seite den Eintrag "Recycling" wählt und auf "Starten" klickt, wird virtuell vor die Tür gesetzt: Ein neuer Browsertab öffnet sich, in dem der "E-Schrott-Rückgabefinder" Abgabeorte in der Nähe anzeigt. In einer Halbmillionenstadt sind das ganze drei – zwei Wertstoffhöfe und ein Baumarkt. Vielleicht will Apple vermeiden, dass Kunden mit beigen PowerMacs und vergilbten Performas die moderne Ästhetik der liebevoll gestalteten Apple Stores durcheinanderbringen. Damit entspricht Apple zwar den gesetzlichen Vorgaben – laut Deutscher Umwelthilfe muss ein Ladengeschäft alte Geräte mit Kantenlänge unter 50 cm nicht in der Filiale annehmen, sondern
Rückgabestellen in zumutbarer Entfernung bereitstellen. Ob das wiederum eine gesonderte Werbung zum Earth Day rechtfertigt, sei einmal dahingestellt.
Viele ernstgemeinte BestrebungenVon der missglückten Umsetzung der Recycling-Idee in Deutschland abgesehen: In vielen Bereichen hat Apple nicht nur umweltschonendere Produktion angekündigt, sondern die Versprechen auch wahr gemacht. In der Herstellung setzt der Konzern zunehmend auf Materialien aus Recycling. Die Verpackungen wurden über die Jahre kleiner und verzichteten auf Styropor und andere Kunststoffe. Bis 2030, so kündigte Apple bereits 2020 an, solle die gesamte Firma CO₂-neutral sein. Ein fünfminütiger launiger Clip, in dem sich Tim Cook gegenüber einer eher skeptischen "Mutter Natur" rechtfertigte und die Konzernerfolge auf dem Weg zur grüneren IT erläuterte, war Teil der iPhone-15-Keynote im September 2023.