Macs mit ARM statt Intel: Die Risiken
Große Architekturwechsel kommen bei Apple nicht häufig vor. Der letzte liegt nun schon 12 Jahre hinter uns, damals erschienen die ersten Macs mit Intel-Prozessoren. Weitere 12 Jahre zurück stellte Apple von 68k- auf PowerPC-Prozessoren um. Vor allem im Falle der Entscheidung pro Intel und contra IBM/Motorola, die Apple auf der WWDC 2005 verkündet hatte, tobten wahre Glaubenskriege in den Foren. Den Umstieg selbst bewerkstelligte Apple dann wesentlich schneller als zunächst verkündet - und Entwicklern wurden es relativ einfach gemacht, sich auf die neue Apple-Welt einzustellen. Wir diskutieren in diesem Artikel, was der Schritt weg von Intel hin zu ARM für alle Mac-Nutzer bedeutet und gehen einmal davon aus, dass die Berichte
() der Wahrheit entsprechen. Im ersten Teil unserer Analyse werfen wir einen Blick auf die Risiken, die sich Apple mit der Intel-Abkehr ins Haus holt - etwas später erscheint dann der zweite Teil, dieser beleuchtet die Chancen.
Windows auf dem Mac und VirtualisierungViele Käufer schätzen den Mac, da sich seit 2006 nicht nur OS X bzw. macOS, sondern auch Windows oder Linux in einer virtuellen Maschine parallel ohne große Performance-Einbußen betreiben lässt. Wird eine Windows-Anwendung benötigt, startet man auf einem Intel-Mac einfach eine Virtualisierungslösung wie Parallels oder VMWare, in der ein komplettes Windows gebootet wird - somit lässt sich darin auch die benötigte Windows-App starten und nutzen. Ein Wechsel zu Mac-Anwendungen ist mit einem Klick möglich.
Falls der Nutzer auf Windows angewiesen ist, wird eine Emulation eines kompletten x86-Systems selbst auf einen selbst sehr schnellen ARM-Chip zum täglichen Arbeiten kaum ausreichend sein - zu groß sind die Leistungseinbußen (ganz grober Richtwert: Eine Emulation ist meist um den Faktor 3-5 langsamer). Apple ist sich dieses Mankos bei einem Umstieg auf ARM-Chips in Macs definitiv bewusst. Grundsätzlich hat Apple hier vier theoretische Möglichkeiten, darauf zu reagieren:
- Käufer müssen sich damit abfinden, kein Windows oder Linux mehr auf dem Mac virtualisieren zu können. Dies könnte den Mac-Absatz massiv negativ beeinflussen, da viele Kunden auf Windows-Anwendungen angewiesen sind, die es auf dem Mac nicht gibt.
- Apple könnte in Macs neben dem eigenen A-X-Prozessor einen energiesparsamen Intel-x86-Prozessor zusätzlich einbauen. Dies steigert allerdings die Komplexität der Architektur deutlich und würde bei Kunden und auch bei Apple für Mehrkosten sorgen.
- Moderne Intel-Chips (seit dem Pentium Pro im Jahr 1995) bestehen aus einem RISC-Kern und bieten nach außen trotzdem den bekannten x86-CISC-Befehlsschatz. Dies wird durch eine besondere Hardware ermöglicht, die die CISC-Befehle dynamisch in RISC-Befehle übersetzt. Eine ähnliche Strategie könnte Apple verwenden, um x86-Befehle in ARM-Befehle zu übersetzen - allerdings wäre dies schwieriger, da sich die x86-Befehle deutlich von ARM-Befehlen unterscheiden.
- Bei Computerspielen findet derzeit ein Rennen statt, welcher Hersteller die erste erfolgreiche Plattform aufbaut, bei der Spiele nicht mehr lokal auf dem Rechner ausgeführt werden, sondern auf einem Server - die Bilder werden dann über das Internet auf den heimischen Rechner übertragen. Somit muss der lokale Computer nicht sonderlich schnell sein, um aufwändige 3D-Spiele zu ermöglichen. Apple könnte für das Ausführen von virtuellen Maschinen eine ähnliche Strategie verfolgen - dies würde allerdings eine ständige Internet-Verbindung voraussetzen und laufende Kosten erzeugen.
Software-UmstellungAltgediente Mac-Nutzer können sich bestimmt noch daran erinnern, wie die letzten beiden Architektur-Wechsel abliefen. Zwar war jeweils auch Software der älteren Plattform direkt ausführbar (beispielsweise via Rosetta), dennoch brachte dies bisweilen empfindliche Performance-Einbußen mit. Die Stärken der neuen Architektur konnten erst dann genutzt werden, wenn die jeweiligen Programme nativ vorlagen. Dies wird sich zweifelsohne wiederholen. Auch nach Erscheinen der ersten ARM-Macs haben sicherlich noch nicht alle Hersteller ihre Programme aktualisiert. Unserer Einschätzung nach dürfte die Migration noch unkomplizierter als die weitgehend problemlose Umstellung von PowerPC auf Intel vonstatten gehen.
Es gibt für Drittanbieter immer weniger Notwendigkeit, hardwarenah zu entwickeln, um damit die jeweiligen Eigenheiten einer speziellen Architektur auszunutzen. Noch mehr Programmen als vor 15 Jahren ist es daher schlichtweg egal, auf welchem Chip sie laufen. Außerdem fallen damals erforderliche Anpassungen wie beispielsweise die Umkehrung der
Byte-Reihenfolge weg (Little Endian bei Intel vs. Big Endian bei PowerPC) - anders als PowerPC und x86 beherrschen ARM-Chips nämlich beide Modi. Fazit: Aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Rentabilität wird wohl kaum ein Anbieter entscheiden, nicht mehr für ARM zu kompilieren. Allerdings kann es durchaus passieren, dass schlecht gepflegte Programme irgendwann nicht mehr laufen.