Marktmissbrauch: Apple sieht sich als vollständig unschuldig – Abweisung aller Klagen und Strafen beantragt
In nahezu allen Wirtschaftsräumen herrscht die einhellige Meinung vor, dass Apple in verschiedenen Punkten gegen das Kartell- und Wettbewerbsrecht verstößt. Apples Taktik lautet, sämtliche Verfahren so stark wie möglich zu verzögern und keinesfalls Zugeständnisse zu machen. Längst ist der Zeitpunkt wohl verpasst, noch aus eigenem Antrieb die Initiative zu ergreifen – stattdessen hangelt man sich von den USA über Europa bis in den asiatischen Raum von Prozess zu Prozess. Zeitgleich gibt es reichlich sehr ungeschickte Maßnahmen und provokante Äußerungen, die nichts anderes bewirken, als die Wettbewerbshüter weiter gegen sich aufzubringen. Innerhalb weniger Jahre erlangte man so den zweifelhaften Erfolg, sich ins Zentrum sämtlicher Untersuchungen gegen Big Tech zu befördern – dies noch öffentlichkeitswirksamer als Google, Facebook oder Amazon.
USA: Wir sind unschuldig, Abweisung beantragtSehr kritisch ist der Verlauf in den USA, wo man im Rahmen einer Kartellklage noch sehr viel drastischer als die EU gegen Apple vorgehen könnte. Es besteht dort unter Wettbewerbshütern wenig Zweifel daran, dass Apple konsequent die eigene Marktmacht missbraucht, um direkte Konkurrenten zugunsten eigener Produkte zu behindern. Apple sieht es hingegen ganz anders und kann keinerlei Aspekte erkennen, in denen man auch nur ansatzweise unfair agiere. Da jeder einzelne
Vorwurf angeblich an den Haaren herbeigezogen sei, reichte man nun einen Antrag auf vollständige Einstellung des Kartellverfahrens ein – genauer gesagt auf Abweisung der noch nicht angelaufenen Verhandlungen. Das Gericht trifft die Entscheidung am 17. Juni, bis dahin hat das Justizministerium noch einmal die Möglichkeit, sich zu äußern.
EU: Wir sind unschuldig, Abweisung beantragtIn der EU geht es nicht um ein weiteres Verfahren, sondern eine bereits verhängte Strafe in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar. Ausnutzung der Stellung als Branchenriese sowie bewusst unwahre Aussagen gegenüber der Kommission hatten für die sehr hohe Summe gesorgt. Wie erwartet setzt sich das Unternehmen auch gegen diese Entscheidung zur Wehr und zieht vor den Europäischen Gerichtshof. Hauptstreitpunkt ist hierbei, ob unter iOS faire Konkurrenz zwischen Apple Music und konkurrierenden Diensten herrscht oder nicht. Aus Sicht der EU (und im oben angeführten Fall der USA) kann davon keine Rede sein, Apple hingegen liegen keinerlei Belege für widerrechtliches Verhalten vor. Vor dem EuGH wolle man daher die vollständige Abweisung
durchsetzen.
Es droht noch viel mehr ÄrgerNachdem Apple sehr viel dafür tat, Kartellbehörden weiter gegen sich aufzubringen, steht noch viel weiterer gerichtlicher Ärger bevor. Nicht nur die halb-gare Umsetzung neuer Vorschriften in den USA und Europa, sondern auch kürzlich gezeigtes Verhalten steht im Vordergrund. So untersucht die EU, ob Apple Entwickler einschüchtert, nicht die neuen AGB zu akzeptieren, sondern bei den alten und mit der ursprünglichen Apple Tax versehenen Vereinbarungen zu behalten. Von vielen Entwicklern ist unter der Hand zu hören, dass aus Angst vor Repressalien lieber kein Umstieg gewagt wird – denn Apple zeigt durch Aktionen wie
verzögerte App-Updates deutlich, wer am längeren Hebel sitzt. Auch die unzähligen Sicherheitswarnungen, wenn Anwender Gebrauch von neuen Freiheiten im Rahmen des DMA nehmen wollen, sind
Bestandteil der Untersuchung.