Apple Arcade ist an sich eine gute Idee: Wer keine Lust auf In-App-Käufe oder Werbung hat und gerne mal viele Spiele ausprobiert, für den ist das Konzept wie geschaffen: Gegen einen fixen Betrag im Monat (4,99 Euro) soll man Zugriff auf viele Spiele erhalten, welche auf dem Mac, iPhone, iPad und dem Apple TV laufen – Spielstände werden automatisch synchronisiert. Soweit die Idee – doch von einem tollen Apple-Erlebnis kann man hier nicht sprechen. Eine persönliche Meinung und Erfahrung zu Apple Arcade auf dem Mac.
Die Vorstellung von Apple Arcade freute mich sehr – besonders da Apple hier auch den Mac unterstützt. Der Spiele-Markt auf dem Mac ist in einem desolaten Zustand: Es gibt nur wenige Spiele auf dem Mac und wenn mal ein "AAA"-Titel portiert wird, geschieht dies meist mit vielen Jahren Verspätung und oft ist die Performance mies.
Der Start des TestmonatsSeit der Vorstellung von Catalina habe ich keine App mehr im Mac App Store gekauft, daher stand zuerst die Bestätigung der Geschäftsbedingungen aus, bevor der kostenlose Testmonat begonnen werden konnte. Doch dies war gar nicht so einfach: Nach Bestätigung der Bedingungen im Mac App Store wurde ich mit einem ewig drehenden Rädchen konfrontiert – auch ein Neustart des Mac App Stores half nicht. Erst, als ich die Hintergrundprozesse des Mac App Stores über die Aktivitätsanzeige abgeschossen habe, gelang der Start des Testmonats. Apple hat mittlerweile mehr als eine Dekade Erfahrung im Betrieb des App Stores – solche Fehler sollten mittlerweile der Vergangenheit angehören. (Anmerkung: Getestet wurde auf der finalen Version von macOS 10.15.1 auf einem Mac frei von invasiven Helferlein.)
Bugs über Bugs...Zuerst wählte ich irgendein Spiel nach dem Zufallsprinzip aus – diese fiel auf "Way of the Turtle", einem familiengerechten Jump-And-Run-Spiel, welches Apple auf der Startseite von Apple Arcade bewirbt. Beim Starten sollte ich mich bei Game Center anmelden – ich war mir überhaupt nicht mehr bewusst, dass diese Funktion noch existierte. Ich drückte auf "Abbrechen" – danach hing "Way of the Turtle" und wartete darauf, sich mit iCloud zu verbinden wie mir eine Statusanzeige mitteilte. Erst ein hartes Abschießen des Spieles und eine Anmeldung im Game Center brachte schließlich den Erfolg. Wie solche Bugs durch den Apple-Review-Prozess gelangen, bleibt mir ein Rätsel.
Das Spiel an sich ist, nun ja, simpel gemacht und erinnert eher an ein Programmierbeispiel als an ein echtes Game. Die Grafik wäre zur Jahrtausendwende durchgegangen – 2019 wirkt "Way of the Turtle" sehr altbacken. Das Gameplay ist öde – man hat das Gefühl, nach 10 Minuten das komplette Spiel gesehen zu haben.
Bugs über Bugs über Bugs…Als nächstes wählte ich Sonic Racing aus – den Screenshots nach eine Art von Mario-Kart, nur mit Sonic. Beim Starten wurde ich hier vor die Auswahl gestellt, das Spiel "Online" oder "Offline" zu spielen. Ich wählte "Offline", da ich mir erst einmal das Spiel alleine zu Gemüte führen wollte. Dort wurde ich sofort mit einer Fehlermeldung konfrontiert, dass irgendeine Berechtigung fehle und der einzige Knopf des Dialoges titelte "Neustart" (gemeint ist hier Neustart des Spieles). Noch einmal: Wie kann ein solches Spiel den Review-Prozess passieren?
Auch bei Sonic Racing erinnert die Grafik eher an sehr frühe 3D-Spiele – es kamen bei mir echte Nostalgie-Gefühle aus Zeiten der 3dfx-Karten hoch. Natürlich entscheidet nicht nur die Grafik über Spielspaß, doch der bleibt bei diesem Spiel ebenfalls aus.
Bugs über Bugs über Bugs über… Bugs in TouchgrindAls nächstes zu Touchgrind, einem Skateboard-Spiel. Sehen wir auch hier einmal über die derbe Grafik hinweg, ist der Einstieg in dieses Spiel ebenfalls fehlerhaft. Startet man Touchgrind, öffnet sich das Spiel wie alle Arcade-Games im Vollbild-Modus. Was man daduch nicht sieht: Im Hintergrund geht ein Dialog auf, in dem das Spiel um Zugriff auf bestimmte Bedienungshilfe-Funktionen bittet – dieser Dialog ist aber verdeckt, so dass man dies erst bestätigen kann, wenn man das Spiel noch einmal beendet. Ansonsten funktioniert die Steuerung nicht. Und noch einmal: Wie um aller Welt kann dies den Review-Prozess passieren?
Noch ein Fehler in Touchgrind, welcher eigentlich 2019 nicht mehr passieren dürfte: In der rechten unteren Ecke steht: "Press Z to zoom out". Dies ist aber auf der deutschen Tastatur nicht Z, sondern Y – da Touchgrind offensichtlich nur die amerikanische Tastaturbelegung kennt.
Endlich ein kleiner Lichtblick: Oceanhorn 2Um ein Haar hätte ich aufgegeben, doch Oceanhorn wurde in diversen Communities, auch hier auf MTN, empfohlen. Also lud ich die 4,4 GB herunter – ohne sonderlich hohe Erwartungen. Doch alleine auf dem Startbildschirm ein kleiner Lichtblick: Das Spiel wurde mit der Unreal-Engine entwickelt, welche zumindest in fähigen Entwicklerhänden zu großartigen Spielen taugt. Abgesehen davon, dass auch hier die Mac-Portierung kleinere Mängel aufweist (z.B. wird die Tastatursteuerung nicht wirklich erklärt, aber ein PS4-Controller funktionierte anstandslos) war dies nun ein kleiner Lichtblick: Die Grafik sah ansprechend aus und es scheint sich tatsächlich um ein "vollwertiges" Spiel mit vielen Inhalten und Langzeitmotivation zu handeln.
Noch ein kleiner LichtblickNach Oceanhorn war "Mini Motorways" an der Reihe – der Titel suggeriert kein sonderlich kreatives oder tiefes Spiel. Doch diese Spiel beschäftigte mich, anders als Sonic Racing, wenigstens eine Stunde. Der Aufbau des Spieles ist simpel: Es entstehen Gebäude und Garagen – diese gilt es mit Straßen zu verbinden. Hört sich ebenfalls Öde an, doch je komplexer die "Städte" werden, desto mehr muss nachgedacht werden, wie nun am besten Staus vermieden werden können. Kein Spiel, in das man hunderte Stunden investiert, aber zumindest ein kurzweiliger Spaß zwischendurch.
Doch auch dieses Spiel hat zumindest einen merkwürdigen Fehler: Ist mehr als ein externer Bildschirm an einem MacBook Pro angeschlossen (in meinem Fall ein 4K-Schirm via USB-C und ein älterer Full-HD-Schirm mittels USB-C-auf-HDMI), kommt es oft zu Grafikfehlern. Ist nur ein externer Bildschirm angeschlossen (egal ob 4K oder Full-HD), klappt alles wie es soll.
MeinungDies ist natürlich kein kompletter Test von Apple Arcade – jeder muss selbst entscheiden, ob die Art der Spiele den persönlichen Geschmack trifft. Doch wer sonst eine Xbox, Playstation oder einen Gamer-PC zum Spielen von aktuellen Games verwendet, wird bei Apple Arcade wahrscheinlich nicht fündig. Die meisten Spiele würden auf anderen Plattformen wahrscheinlich keine sonderlich hohen Verkaufszahlen erreichen – gemessen an der Qualität von PC- und Konsolen-Spielen hat man eher das Gefühl, eine Free- oder Shareware-Sammlung um die Jahrtausendwende auszuprobieren als ein mit großem Tamtam angekündigten Dienst von Apple.
Sieht man einmal darüber hinweg, dass die meisten Entwickler kein Millionenbudget in Spiele für Apple Arcade gesteckt haben, bleiben die Fehler: So etwas ist bei einem Apple-Dienst, selbst in der Version 1.0.0, nicht zu entschuldigen. Keiner der von mir angespielten Titel funktionierte einfach so wie es soll – waren stets eines oder mehrere Ärgernisse vorhanden. Selbst wenn es sich zum Großteil nur um "Gimmicks" anstatt vollwertige Spiele handelt, sollte der Kunde nicht mit Umsetzungsproblemen zu kämpfen haben.