An meinem Handgelenk dreht seit Mai 2015 ein virtueller Sekundenzeiger seine Runden auf dem „analogen“ Zifferblatt. Nach wie vor tut die Apple Watch der allerersten Generation – eine „Serie 0“ – ihren Dienst als Zeitgeber, Wecker, Timer, Wetterstation, Nachrichten-Hub und für einige andere Dinge, wie seit kurzem auch als Apple-Pay-Device. Die Sport- und Health-Features sind mir weniger wichtig, aber das ist nur eine Frage des persönlichen Bedarfs. Fest steht: die Apple Watch war von Anfang an ein sehr ausgereiftes Produkt, das der traditionellen Uhrenindustrie nicht umsonst einiges Kopfzerbrechen verursacht hat.
Zahlreiche Versuche der Konkurrenz eine vergleichbar gute und rundum gelungene Smartwatch am Markt zu etablieren, sind mehr oder weniger gescheitert. Zumindest in Bezug auf einen großen Massenerfolg. Weder Versuche mit besonders luxuriösen Varianten, noch gezielt auf die vermeintlichen Trendfunktionen wie Sport und Health spezialisierte Modelle konnten den Siegeszug der Apple Watch bremsen. Und das alles, obwohl Apple nicht ein einziges Mal das Grunddesign seiner Armbanduhr nennenswert verändert hat.
Dem jeder Person innewohnenden Wunsch nach Abwechslung ist Apple bislang ausschließlich durch den cleveren Armband-Wechselmechanismus und entsprechend andersfarbige oder anders gestaltete Bänder nachgekommen. Unterschiedliche Gehäusefarben und -Materialien wie Edelstahl, Aluminium, Keramik, Titan und sogar Gold halfen ebenfalls dabei, zumindest oberflächlich betrachtet, Abwechslung und Individualität zu bieten. Doch das alles ändert nichts daran, dass die Grundform der Uhr seit dem Urmodell (Wortspiel beabsichtigt) praktisch unverändert ist.
Nun ist am Design der
Apple Watch grundsätzlich nicht viel zu beanstanden, wenn wir mal davon absehen, dass es bis heute bei manchen Kritik an der eckigen Grundform gibt. Die Auslegung von Gehäuse und Bedienelementen der Apple Watch ist praktisch (auch und gerade wegen des eckigen Displays), harmonisch, elegant und … ja, zeitlos! Ein Kriterium, für das Apple auch ein wenig berühmt ist. Es ist gar nicht immer nötig, ein Produktdesign ständig komplett über den Haufen zu werfen. Wurde genügend Zeit, Muße, Inspiration und Mühe in die Ausgangsform investiert, und der (oder die) Designer hatten dabei ein glückliches Händchen, kann das Produkt nicht nur über Jahre frisch und unverbraucht wirken, sondern sogar den Status einer Designikone erringen. Die Apple Watch gehört für mich ganz eindeutig in diese Kategorie.
Auch bei anderen Produkten ist Apple dieses Kunststück in der Vergangenheit schon mehrfach gelungen. Angefangen mit dem Ur-Macintosh, dem iPod, iPhone und auch dem iMac in verschiedenen Variationen.
Doch wie insbesondere das letztgenannte Beispiel beweist, kann es auch bei einem ikonischen und scheinbar perfektem Produktdesign radikale Änderungen geben, ohne den Grundgedanken völlig zu verwerfen, und trotzdem dabei etwas neues und abermals ikonisches zu erschaffen.
Ich beziehe mich hier weniger auf die massiven Designänderungen vom ersten iMac mit transparentem Kunststoffgehäuse in Bon-Bon-bunten Farbvarianten, hin zum „Lampen-iMac“ der zweiten Generation, sondern eher auf die Designvariationen der danach folgenden Modelle. Von der dritten Generation (2004/2005) mit Plexi-Front und weißem Kunststoffgehäuse, über die fünfte (2007, erstes Alugehäuse) bis hin zum noch heute genutzten Design mit der scheinbar sehr flachen, nach hinten aber deutlich bauchigen Form, ist Apples All-In-One-Computer seiner Grundform mit integriertem Bildschirm und „Entenfuß“ stets treu geblieben. Dennoch gelang es dem Designteam unter der Leitung von Jony Ive, das Aussehen des Desktop-Computers mehrmals entscheidend zu verändern und zu modernisieren.
Etwas ähnliches erhoffe ich mir auch von Apple Watch.
Mit einer klaren Betonung auf „Hoffnung“!
Dinge, die einem Re-Design im Wege stehenEin wesentlicher Erfolgsfaktor der Apple Watch besteht meiner Ansicht nach in der nahezu perfekt auf die Funktion reduzierten Form. An dem eckigen Display würde ich nicht rütteln, denn es bietet die größtmögliche Darstellungsfläche auf kleinstmöglichem Raum. Außerdem müsste das gesamte Interface bei einem runden Display komplett neu überdacht werden.
Auch die Bandanschlüsse können eigentlich nicht großartig verändert werden, sofern die Kompatibilität mit den zahlreichen heute erhältlichen Apple-Watch-Armbändern gewahrt bleiben soll. Was ebenfalls die Möglichkeiten zur Veränderung der Grundform einschränkt. Mehr noch. Es lässt auch so gut wie keinen Spielraum bei den abgerundeten Kanten des Gehäuses, weil alle Bandanschlüsse diese Form aufnehmen, um ein optisch harmonisches Ganzes zu bilden. Es sei denn, Apple lässt sich einen „Armbandadapter“ einfallen, um die Anschlussform bisheriger Bänder auf eine geänderte Gehäuseform zu übertragen. (Ein Aufschrei der Adapter-Gegner wäre unausweichlich.)
Abgesehen von der Form sind auch die für Uhrengehäuse möglichen Materialien inzwischen weitgehend ausgeschöpft.
Das heißt zusammengefasst: Eckige Grundform, eckiges Display, runde Gehäusekanten und ein kompatibler Bandanschluss … ja was bleibt denn da noch großartig an gestalterischem Spielraum? Hat Apple etwa sowas wie das perfekte Design geschaffen, dass sich nicht mehr verbessern lässt, damit aber leider in einer Sackgasse steckt?
Andere Smartwatch-Hersteller, wie hier Garmin mit der MARQ Captain: American Magic Edition, haben kein so tiefgreifend durchdachtes Systemdesign wie die Apple Watch, sind dadurch aber auch nicht in gestalterischen Grenzen gefangen. Ich selbst bin kein Designer und mir fehlen die kreativen Gene, um mir ein echtes, neues Apple Watch Design auch nur ansatzweise vorstellen zu können. Aber ich hoffe auf die Kreativität Apples bestimmt bestens bezahlter Formengestalter, aus der jetzigen Watch doch noch etwas neues, andersartiges und auch wieder „zeitloses“ zu schnitzen. Sollten die Designer aufgrund der oben genannten Fesseln im Gestaltungsspielraum aber genau so wie ich auf dem Schlauch stehen, müssen wir uns wohl noch für viele Jahre mit Wechselarmbändern Individualität bei der Apple Watch erkaufen.
Dass ich nach wie vor die allererste
Apple Watch am Arm trage, liegt zu einem gewissen Teil auch daran, dass es bis hin zur aktuellen Serie 5 keine optische Abwechslung bei der Gehäuseform gab. Irgendwie möchte ich nicht „die selbe Uhr“ noch mal kaufen. Technisch gesehen gäbe es inzwischen durchaus genügend Gründe für ein Update, doch die Serie 0 funktioniert nach wie vor einwandfrei und genügt meinen Ansprüchen im Hinblick auf ihre Funktionalität. Ein wenig hatte ich im Stillen bei jeder neu vorgestellten Serie darauf gehofft, etwas „Neues“ zu erblicken. Spätestens ab Serie 4.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, dass es Apple gelingt, seiner erfolgreichen Smartwatch doch noch einen entscheidenden gestalterischen Evolutionsschub zu geben, ohne dabei die Kompatibilität mit bestehenden Armbändern und Zubehören komplett aufzugeben.