Meinung: Krankt es heute hauptsächlich an Apples Software?
iOS auf dem iPhone – mehr Flexibilität und AnpassbarkeitDas iPhone ist nach wie vor von der Hardware her der Trendsetter im Smartphone-Markt: Konkurrenzfirmen orientieren sich am Design der Apple-Geräte und kein Prozessor erreicht auch nur annähernd die Performance-Werte des aktuellen A12-Chips. Entsperr-Möglichkeiten wie Face ID sucht man bei der Konkurrenz vergebens.
Auch auf dem iPhone ist iOS aber ein großer limitierender Faktor. iOS-Nutzer schauen in manchen Fällen neidisch auf die Android-Konkurrenz was die Personalisierung und Anpassbarkeit anbelangt. Schon seit den allerersten iOS-Versionen wünschen sich die Nutzer, dass der Sperr- und Homebildschirm endlich flexibler werden. Widgets auf dem Sperrbildschirm, zum Beispiel das Wetter, Aktienkurse oder die Herzfrequenz gemessen auf der Apple Watch? Fehlanzeige. Freie Anordnung der App-Symbole auf dem Home-Bildschirm? Ebenfalls nicht umgesetzt.
Siri – gleich zwei Plattformen bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurückDer HomePod wird fast nur durch Spracheingaben des Nutzers gesteuert und auf der Apple Watch ist Siri eine wichtige Komponente, um mit der kleinen Uhr zu interagieren. Als Apple Siri zusammen mit dem iPhone 4s vorstellte, war Apple Vorreiter auf diesem Gebiet – und hat heute völlig den Anschluss an die Konkurrenz aus dem Hause Google und Amazon verloren.
Beim HomePod wurde das Versagen von Apples Software besonders deutlich: Apple positionierte den Lautsprecher marketingtechnisch nicht als Smart-Speaker, sondern hob in der Werbung hauptsächlich auf den (wirklich guten) Klang ab – wohlwissend, dass die Software nicht mit der Konkurrenz mithalten kann.
Siri ist auf allen Apple-Plattformen, vom Apple TV über das iPad bis hin zum Mac, verfügbar. Es ist schlichtweg unverständlich, wie Apple bei einer so wichtigen Komponente derart ins Hintertreffen geraten konnte. Die Hardware des HomePods und der Apple Watch ist der Konkurrenz deutlich überlegen und wäre zu mehr im Stande, wenn nur die Software und besonders Siri schrittgehalten hätte.
Konsistente OberflächenBei Erscheinen des allerersten Macs im Jahre 1984 stand auch die konsistente Bedienung der Nutzeroberfläche im Vordergrund: Jede App, vom Zeichenprogramm über Textverarbeitung hin zur Datenbank sollte nach einem ähnlichen Schema aufgebaut sein. Der Nutzer wusste, wo er beispielsweise das Kommando zum Beenden eines Programmes zu suchen hatte. Auch war wichtig, dass jedes Fenster an der selben Stelle zu schließen war und dass die Anordnung der Knöpfe in Dialogen einem festen Schema folgten.
Auf dem Mac sind diese Bedienparadigmen in vielen Fällen weiterhin vorhanden – Nutzer wissen, wo sie die Befehle zum Kopieren und Einfügen von beispielsweise Texten zu suchen haben, egal welche App gerade benutzt wird. Leider ist dies beim wichtigsten Apple-Betriebssystem, nämlich iOS, schon lange nicht mehr der Fall. Mit der ersten iOS-Version führte Apple viele sinnvolle Bedienschematas ein, die von allen Apps umgesetzt werden sollten: Oben steht der Titel der aktuellen Ansicht, über den Knopf links daneben kann der Nutzer zurück zur vorherigen Ansicht wechseln. Bei komplexeren Anwendungen fand sich stets am unteren Rand ein Tab-Umschalter, um zwischen Bereichen zu wechseln.
Leider verabschiedete sich Apple besonders bei iOS selbst bei eigenen Programmen von einer konsistenten Bedienung. Ein kurzes Beispiel: Bei den ersten iOS-Versionen war der Zurück-Knopf stets links oben positioniert, so dass der Anwender direkt wusste, wie er eine Ansicht wieder schließt. Heute findet man in Apple-eigenen Apps eine unglaubliche Menge von verschiedenen Bedienparadigmen, wie eine Ansicht zu schließen ist. Die Bild-Bearbeiten-Ansicht in der Fotos-App: Klitzekleiner Knopf links unten in Gelb. Artikel-Ansicht im Heute-Tab des App-Stores: Rechts oben, grauer Kreis. Gerät in der Home-App: Gar kein Knopf, durch Touch auf den Hintergrund schließt sich die Ansicht. Erinnerungs-App: Karten am unteren Bildschirm-Rand.
Auch hier bleibt Apple weit hinter seinen eigenen Möglichkeiten bezüglich der Software zurück: Apple bietet Hardware und Software aus einer Hand, hätte also die Möglichkeit, durch konsequent durchgesetzte Bedienparadigmen zumindest bei eigenen Apps die Programme deutlich zugänglicher zu machen.
FazitÜberraschend viele Produkte bleiben bei Apple nicht durch die Hardware, sondern durch die Software weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Besonders beim iPad wird dieser Mangel außerordentlich deutlich. Die Gründe können vielfältig sein: Gute Software-Entwickler zu finden dürfte sich selbst für einen Konzern wie Apple als nicht einfache Aufgabe entpuppen. Auch besteht die Möglichkeit, dass die internen Teams nicht so verzahnt zusammenarbeiten, wie dies der Fall sein könnte.
Will Apple in Zukunft Vorreiter mit seinen Produkten bleiben, ist die Hardware nur ein Teil der Aufgabe. Die beste Hardware ist unnütz, wenn die Software nicht Schritt hält und die möglichen Anwendungsszenarien der Produkte beschränkt.